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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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ßen. Die ältesten Bohlen wurden aufgesucht,
der Tischer mußte mit Leimen, Hobeln und
Zurichten derselben aufs genauste zu Werke
gehen, und dann blieben sie Jahre lang in
einem obern Zimmer verwahrt, wo sie ge¬
nugsam austrocknen konnten. Ein solches
köstliches Bret ward dem Maler Junker
anvertraut, der einen verzierten Blumentopf
mit den bedeutendsten Blumen nach der Na¬
tur in seiner künstlichen und zierlichen Weise
darauf darstellen sollte. Es war gerade im
Frühling, und ich versäumte nicht, ihm wö¬
chentlich einige Mal die schönsten Blumen zu
bringen die mir unter die Hand kamen;
welche er denn auch sogleich einschaltete, und
das Ganze nach und nach aus diesen Ele¬
menten auf das treulichste und fleißigste zu¬
sammenbildete. Gelegentlich hatte ich auch
wohl einmal eine Maus gefangen, die ich
ihm brachte, und die er als ein gar so zier¬
liches Thier nachzubilden Lust hatte, auch
sie wirklich aufs genauste vorstellte, wie sie

ßen. Die aͤlteſten Bohlen wurden aufgeſucht,
der Tiſcher mußte mit Leimen, Hobeln und
Zurichten derſelben aufs genauſte zu Werke
gehen, und dann blieben ſie Jahre lang in
einem obern Zimmer verwahrt, wo ſie ge¬
nugſam austrocknen konnten. Ein ſolches
koͤſtliches Bret ward dem Maler Junker
anvertraut, der einen verzierten Blumentopf
mit den bedeutendſten Blumen nach der Na¬
tur in ſeiner kuͤnſtlichen und zierlichen Weiſe
darauf darſtellen ſollte. Es war gerade im
Fruͤhling, und ich verſaͤumte nicht, ihm woͤ¬
chentlich einige Mal die ſchoͤnſten Blumen zu
bringen die mir unter die Hand kamen;
welche er denn auch ſogleich einſchaltete, und
das Ganze nach und nach aus dieſen Ele¬
menten auf das treulichſte und fleißigſte zu¬
ſammenbildete. Gelegentlich hatte ich auch
wohl einmal eine Maus gefangen, die ich
ihm brachte, und die er als ein gar ſo zier¬
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[361/0377] ßen. Die aͤlteſten Bohlen wurden aufgeſucht, der Tiſcher mußte mit Leimen, Hobeln und Zurichten derſelben aufs genauſte zu Werke gehen, und dann blieben ſie Jahre lang in einem obern Zimmer verwahrt, wo ſie ge¬ nugſam austrocknen konnten. Ein ſolches koͤſtliches Bret ward dem Maler Junker anvertraut, der einen verzierten Blumentopf mit den bedeutendſten Blumen nach der Na¬ tur in ſeiner kuͤnſtlichen und zierlichen Weiſe darauf darſtellen ſollte. Es war gerade im Fruͤhling, und ich verſaͤumte nicht, ihm woͤ¬ chentlich einige Mal die ſchoͤnſten Blumen zu bringen die mir unter die Hand kamen; welche er denn auch ſogleich einſchaltete, und das Ganze nach und nach aus dieſen Ele¬ menten auf das treulichſte und fleißigſte zu¬ ſammenbildete. Gelegentlich hatte ich auch wohl einmal eine Maus gefangen, die ich ihm brachte, und die er als ein gar ſo zier¬ liches Thier nachzubilden Luſt hatte, auch ſie wirklich aufs genauſte vorſtellte, wie ſie

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/377>, abgerufen am 26.11.2024.