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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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sehen. Außerdem besaß er noch eine hübsche
Kupfersammlung und andere Kunstwerke, über
die er sich gern unterhielt, und ich brachte
viele Stunden nicht ohne Nutzen bey ihm
zu. Endlich, als wirklich der Congreß zu
Hubertsburg schon festgesetzt war, that er
aus Liebe zu mir ein übriges, und die Taube
zusammt den Blumen gelangte am Friedens¬
feste wirklich in die Hände meiner Mutter.

Manchen ähnlichen Auftrag erhielt ich
denn auch, um bey den Malern bestellte Bil¬
der zu betreiben. Mein Vater hatte bey sich
den Begriff festgesetzt, und wenig Menschen
waren davon frey, daß ein Bild auf Holz
gemalt einen großen Vorzug vor einem an¬
dern habe, das nur auf Leinwand aufgetragen
sey. Gute eichene Breter von jeder Form
zu besitzen, war deswegen meines Vaters
große Sorgfalt, indem er wohl wußte, daß
die leichtsinnigern Künstler sich gerade in die¬
ser wichtigen Sache auf den Tischer verlie¬

ſehen. Außerdem beſaß er noch eine huͤbſche
Kupferſammlung und andere Kunſtwerke, uͤber
die er ſich gern unterhielt, und ich brachte
viele Stunden nicht ohne Nutzen bey ihm
zu. Endlich, als wirklich der Congreß zu
Hubertsburg ſchon feſtgeſetzt war, that er
aus Liebe zu mir ein uͤbriges, und die Taube
zuſammt den Blumen gelangte am Friedens¬
feſte wirklich in die Haͤnde meiner Mutter.

Manchen aͤhnlichen Auftrag erhielt ich
denn auch, um bey den Malern beſtellte Bil¬
der zu betreiben. Mein Vater hatte bey ſich
den Begriff feſtgeſetzt, und wenig Menſchen
waren davon frey, daß ein Bild auf Holz
gemalt einen großen Vorzug vor einem an¬
dern habe, das nur auf Leinwand aufgetragen
ſey. Gute eichene Breter von jeder Form
zu beſitzen, war deswegen meines Vaters
große Sorgfalt, indem er wohl wußte, daß
die leichtſinnigern Kuͤnſtler ſich gerade in die¬
ſer wichtigen Sache auf den Tiſcher verlie¬

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[360/0376] ſehen. Außerdem beſaß er noch eine huͤbſche Kupferſammlung und andere Kunſtwerke, uͤber die er ſich gern unterhielt, und ich brachte viele Stunden nicht ohne Nutzen bey ihm zu. Endlich, als wirklich der Congreß zu Hubertsburg ſchon feſtgeſetzt war, that er aus Liebe zu mir ein uͤbriges, und die Taube zuſammt den Blumen gelangte am Friedens¬ feſte wirklich in die Haͤnde meiner Mutter. Manchen aͤhnlichen Auftrag erhielt ich denn auch, um bey den Malern beſtellte Bil¬ der zu betreiben. Mein Vater hatte bey ſich den Begriff feſtgeſetzt, und wenig Menſchen waren davon frey, daß ein Bild auf Holz gemalt einen großen Vorzug vor einem an¬ dern habe, das nur auf Leinwand aufgetragen ſey. Gute eichene Breter von jeder Form zu beſitzen, war deswegen meines Vaters große Sorgfalt, indem er wohl wußte, daß die leichtſinnigern Kuͤnſtler ſich gerade in die¬ ſer wichtigen Sache auf den Tiſcher verlie¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/376>, abgerufen am 01.06.2024.