Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

zusammen spaziren gefahren, und auf einem
Lustorte etwas verzehrt hätten; so war er
dagegen nicht karg mit Anschaffung solcher
Dinge, die bey innerm Werth auch einen gu¬
ten äußern Schein haben. Niemand konnte
den Frieden mehr wünschen als er, ob er
gleich in der letzten Zeit vom Kriege nicht
die mindeste Beschwerlichkeit empfand. In
diesen Gesinnungen hatte er meiner Mutter
eine goldne mit Diamanten besetzte Dose
versprochen, welche sie erhalten sollte, sobald
der Friede publicirt würde. In Hoffnung
dieses glücklichen Ereignisses arbeitete man
schon einige Jahre an diesem Geschenk. Die
Dose selbst von ziemlicher Größe ward in
Hanau verfertigt: denn mit den dortigen
Goldarbeitern, so wie mit den Vorstehern
der Seidenanstalt, stand mein Vater in gu¬
tem Vernehmen. Mehrere Zeichnungen wur¬
den dazu verfertigt; den Deckel zierte ein
Blumenkorb, über welchem eine Taube mit
dem Oelzweig schwebte. Der Raum für die

zuſammen ſpaziren gefahren, und auf einem
Luſtorte etwas verzehrt haͤtten; ſo war er
dagegen nicht karg mit Anſchaffung ſolcher
Dinge, die bey innerm Werth auch einen gu¬
ten aͤußern Schein haben. Niemand konnte
den Frieden mehr wuͤnſchen als er, ob er
gleich in der letzten Zeit vom Kriege nicht
die mindeſte Beſchwerlichkeit empfand. In
dieſen Geſinnungen hatte er meiner Mutter
eine goldne mit Diamanten beſetzte Doſe
verſprochen, welche ſie erhalten ſollte, ſobald
der Friede publicirt wuͤrde. In Hoffnung
dieſes gluͤcklichen Ereigniſſes arbeitete man
ſchon einige Jahre an dieſem Geſchenk. Die
Doſe ſelbſt von ziemlicher Groͤße ward in
Hanau verfertigt: denn mit den dortigen
Goldarbeitern, ſo wie mit den Vorſtehern
der Seidenanſtalt, ſtand mein Vater in gu¬
tem Vernehmen. Mehrere Zeichnungen wur¬
den dazu verfertigt; den Deckel zierte ein
Blumenkorb, uͤber welchem eine Taube mit
dem Oelzweig ſchwebte. Der Raum fuͤr die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0372" n="356"/>
zu&#x017F;ammen &#x017F;paziren gefahren, und auf einem<lb/>
Lu&#x017F;torte etwas verzehrt ha&#x0364;tten; &#x017F;o war er<lb/>
dagegen nicht karg mit An&#x017F;chaffung &#x017F;olcher<lb/>
Dinge, die bey innerm Werth auch einen gu¬<lb/>
ten a&#x0364;ußern Schein haben. Niemand konnte<lb/>
den Frieden mehr wu&#x0364;n&#x017F;chen als er, ob er<lb/>
gleich in der letzten Zeit vom Kriege nicht<lb/>
die minde&#x017F;te Be&#x017F;chwerlichkeit empfand. In<lb/>
die&#x017F;en Ge&#x017F;innungen hatte er meiner Mutter<lb/>
eine goldne mit Diamanten be&#x017F;etzte Do&#x017F;e<lb/>
ver&#x017F;prochen, welche &#x017F;ie erhalten &#x017F;ollte, &#x017F;obald<lb/>
der Friede publicirt wu&#x0364;rde. In Hoffnung<lb/>
die&#x017F;es glu&#x0364;cklichen Ereigni&#x017F;&#x017F;es arbeitete man<lb/>
&#x017F;chon einige Jahre an die&#x017F;em Ge&#x017F;chenk. Die<lb/>
Do&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t von ziemlicher Gro&#x0364;ße ward in<lb/>
Hanau verfertigt: denn mit den dortigen<lb/>
Goldarbeitern, &#x017F;o wie mit den Vor&#x017F;tehern<lb/>
der Seidenan&#x017F;talt, &#x017F;tand mein Vater in gu¬<lb/>
tem Vernehmen. Mehrere Zeichnungen wur¬<lb/>
den dazu verfertigt; den Deckel zierte ein<lb/>
Blumenkorb, u&#x0364;ber welchem eine Taube mit<lb/>
dem Oelzweig &#x017F;chwebte. Der Raum fu&#x0364;r die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0372] zuſammen ſpaziren gefahren, und auf einem Luſtorte etwas verzehrt haͤtten; ſo war er dagegen nicht karg mit Anſchaffung ſolcher Dinge, die bey innerm Werth auch einen gu¬ ten aͤußern Schein haben. Niemand konnte den Frieden mehr wuͤnſchen als er, ob er gleich in der letzten Zeit vom Kriege nicht die mindeſte Beſchwerlichkeit empfand. In dieſen Geſinnungen hatte er meiner Mutter eine goldne mit Diamanten beſetzte Doſe verſprochen, welche ſie erhalten ſollte, ſobald der Friede publicirt wuͤrde. In Hoffnung dieſes gluͤcklichen Ereigniſſes arbeitete man ſchon einige Jahre an dieſem Geſchenk. Die Doſe ſelbſt von ziemlicher Groͤße ward in Hanau verfertigt: denn mit den dortigen Goldarbeitern, ſo wie mit den Vorſtehern der Seidenanſtalt, ſtand mein Vater in gu¬ tem Vernehmen. Mehrere Zeichnungen wur¬ den dazu verfertigt; den Deckel zierte ein Blumenkorb, uͤber welchem eine Taube mit dem Oelzweig ſchwebte. Der Raum fuͤr die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/372
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/372>, abgerufen am 22.06.2024.