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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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folg ich nicht umständlich zu beschreiben
brauche. Der Deutsche stand in seiner Posi¬
tur wie eine Mauer, paßte auf seinen Vor¬
theil, und wußte mit Battiren und Legiren
seinen Gegner ein über das andre Mal zu
entwaffnen. Dieser behauptete, das sey nicht
Raison, und fuhr mit seiner Beweglichkeit
fort, den Andern in Athem zu setzen. Auch
brachte er dem Deutschen wohl einige Stöße
bey, die ihn aber selbst, wenn es Ernst ge¬
wesen wäre, in die andre Welt geschickt
hätten.

Im Ganzen ward nichts entschieden, noch
gebessert, nur wendeten sich einige zu dem
Landsmann, worunter ich auch gehörte. Al¬
lein ich hatte schon zu viel von dem ersten
Meister angenommen, daher eine ziemliche
Zeit darüber hinging, bis der neue mir es
wieder abgewöhnen konnte, der überhaupt
mit uns Renegaten weniger als mit seinen
Urschülern zufrieden war.

folg ich nicht umſtaͤndlich zu beſchreiben
brauche. Der Deutſche ſtand in ſeiner Poſi¬
tur wie eine Mauer, paßte auf ſeinen Vor¬
theil, und wußte mit Battiren und Legiren
ſeinen Gegner ein uͤber das andre Mal zu
entwaffnen. Dieſer behauptete, das ſey nicht
Raiſon, und fuhr mit ſeiner Beweglichkeit
fort, den Andern in Athem zu ſetzen. Auch
brachte er dem Deutſchen wohl einige Stoͤße
bey, die ihn aber ſelbſt, wenn es Ernſt ge¬
weſen waͤre, in die andre Welt geſchickt
haͤtten.

Im Ganzen ward nichts entſchieden, noch
gebeſſert, nur wendeten ſich einige zu dem
Landsmann, worunter ich auch gehoͤrte. Al¬
lein ich hatte ſchon zu viel von dem erſten
Meiſter angenommen, daher eine ziemliche
Zeit daruͤber hinging, bis der neue mir es
wieder abgewoͤhnen konnte, der uͤberhaupt
mit uns Renegaten weniger als mit ſeinen
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[344/0360] folg ich nicht umſtaͤndlich zu beſchreiben brauche. Der Deutſche ſtand in ſeiner Poſi¬ tur wie eine Mauer, paßte auf ſeinen Vor¬ theil, und wußte mit Battiren und Legiren ſeinen Gegner ein uͤber das andre Mal zu entwaffnen. Dieſer behauptete, das ſey nicht Raiſon, und fuhr mit ſeiner Beweglichkeit fort, den Andern in Athem zu ſetzen. Auch brachte er dem Deutſchen wohl einige Stoͤße bey, die ihn aber ſelbſt, wenn es Ernſt ge¬ weſen waͤre, in die andre Welt geſchickt haͤtten. Im Ganzen ward nichts entſchieden, noch gebeſſert, nur wendeten ſich einige zu dem Landsmann, worunter ich auch gehoͤrte. Al¬ lein ich hatte ſchon zu viel von dem erſten Meiſter angenommen, daher eine ziemliche Zeit daruͤber hinging, bis der neue mir es wieder abgewoͤhnen konnte, der uͤberhaupt mit uns Renegaten weniger als mit ſeinen Urſchuͤlern zufrieden war.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/360>, abgerufen am 28.11.2024.