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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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dene Frage, ob das Stück wohl aufgeführt
werden könne, versicherte er mir, daß es gar
nicht unmöglich sey. Sehr vieles komme
beym Theater auf Gunst an, und er be¬
schütze mich von ganzem Herzen; nur müsse
man die Sache geheim halten: denn er habe
selbst einmal mit einem von ihm verfertigten
Stück die Direction überrascht, und es wäre
gewiß aufgeführt worden, wenn man nicht
zu früh entdeckt hätte, daß er der Verfasser
sey. Ich versprach ihm alles mögliche Still¬
schweigen, und sah schon im Geist den Titel
meiner Piece an den Ecken der Straßen und
Plätze mit großen Buchstaben angeschlagen.

So leichtsinnig übrigens der Freund war,
so schien ihm doch die Gelegenheit den Mei¬
ster zu spielen allzu erwünscht. Er las das
Stück mit Aufmerksamkeit durch, und indem
er sich mit mir hinsetzte, um einige Kleinig¬
keiten zu ändern, kehrte er im Laufe der
Unterhaltung das ganze Stück um und um,

dene Frage, ob das Stuͤck wohl aufgefuͤhrt
werden koͤnne, verſicherte er mir, daß es gar
nicht unmoͤglich ſey. Sehr vieles komme
beym Theater auf Gunſt an, und er be¬
ſchuͤtze mich von ganzem Herzen; nur muͤſſe
man die Sache geheim halten: denn er habe
ſelbſt einmal mit einem von ihm verfertigten
Stuͤck die Direction uͤberraſcht, und es waͤre
gewiß aufgefuͤhrt worden, wenn man nicht
zu fruͤh entdeckt haͤtte, daß er der Verfaſſer
ſey. Ich verſprach ihm alles moͤgliche Still¬
ſchweigen, und ſah ſchon im Geiſt den Titel
meiner Piece an den Ecken der Straßen und
Plaͤtze mit großen Buchſtaben angeſchlagen.

So leichtſinnig uͤbrigens der Freund war,
ſo ſchien ihm doch die Gelegenheit den Mei¬
ſter zu ſpielen allzu erwuͤnſcht. Er las das
Stuͤck mit Aufmerkſamkeit durch, und indem
er ſich mit mir hinſetzte, um einige Kleinig¬
keiten zu aͤndern, kehrte er im Laufe der
Unterhaltung das ganze Stuͤck um und um,

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[246/0262] dene Frage, ob das Stuͤck wohl aufgefuͤhrt werden koͤnne, verſicherte er mir, daß es gar nicht unmoͤglich ſey. Sehr vieles komme beym Theater auf Gunſt an, und er be¬ ſchuͤtze mich von ganzem Herzen; nur muͤſſe man die Sache geheim halten: denn er habe ſelbſt einmal mit einem von ihm verfertigten Stuͤck die Direction uͤberraſcht, und es waͤre gewiß aufgefuͤhrt worden, wenn man nicht zu fruͤh entdeckt haͤtte, daß er der Verfaſſer ſey. Ich verſprach ihm alles moͤgliche Still¬ ſchweigen, und ſah ſchon im Geiſt den Titel meiner Piece an den Ecken der Straßen und Plaͤtze mit großen Buchſtaben angeſchlagen. So leichtſinnig uͤbrigens der Freund war, ſo ſchien ihm doch die Gelegenheit den Mei¬ ſter zu ſpielen allzu erwuͤnſcht. Er las das Stuͤck mit Aufmerkſamkeit durch, und indem er ſich mit mir hinſetzte, um einige Kleinig¬ keiten zu aͤndern, kehrte er im Laufe der Unterhaltung das ganze Stuͤck um und um,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/262>, abgerufen am 24.11.2024.