Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Homunculus. Ich schwebe so von Stell' zu Stelle Und möchte gern im besten Sinn entstehn, Voll Ungeduld mein Glas entzwey zu schlagen; Allein was ich bisher gesehn Hinein da möcht' ich mich nicht wagen. Nur, um dir's im Vertraun zu sagen: Zwey Philosophen bin ich auf der Spur, Ich horchte zu, es hieß: Natur! Natur! Von diesen will ich mich nicht trennen, Sie müssen doch das irdische Wesen kennen; Und ich erfahre wohl am Ende Wohin ich mich am allerklügsten wende. Mephistopheles. Das thu' auf deine eigne Hand. Denn, wo Gespenster Platz genommen, Ist auch der Philosoph willkommen. Damit man seiner Kunst und Gunst sich freue, Erschafft er gleich ein Dutzend neue. Wenn du nicht irrst, kommst du nicht zu Verstand. Willst du entstehn, entsteh' auf eigne Hand! Homunculus. Ein guter Rath ist auch nicht zu verschmähn. Mephistopheles. So fahre hin! Wir wollen's weiter sehn. (Trennen sich.) Anaxagoras (zu Thales).
Dein starrer Sinn will sich nicht beugen, Bedarf es weit'res dich zu überzeugen? Homunculus. Ich schwebe so von Stell’ zu Stelle Und möchte gern im besten Sinn entstehn, Voll Ungeduld mein Glas entzwey zu schlagen; Allein was ich bisher gesehn Hinein da möcht’ ich mich nicht wagen. Nur, um dir’s im Vertraun zu sagen: Zwey Philosophen bin ich auf der Spur, Ich horchte zu, es hieß: Natur! Natur! Von diesen will ich mich nicht trennen, Sie müssen doch das irdische Wesen kennen; Und ich erfahre wohl am Ende Wohin ich mich am allerklügsten wende. Mephistopheles. Das thu’ auf deine eigne Hand. Denn, wo Gespenster Platz genommen, Ist auch der Philosoph willkommen. Damit man seiner Kunst und Gunst sich freue, Erschafft er gleich ein Dutzend neue. Wenn du nicht irrst, kommst du nicht zu Verstand. Willst du entstehn, entsteh’ auf eigne Hand! Homunculus. Ein guter Rath ist auch nicht zu verschmähn. Mephistopheles. So fahre hin! Wir wollen’s weiter sehn. (Trennen sich.) Anaxagoras (zu Thales).
Dein starrer Sinn will sich nicht beugen, Bedarf es weit’res dich zu überzeugen? <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0161" n="149"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Homunculus.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich schwebe so von Stell’ zu Stelle<lb/> Und möchte gern im besten Sinn entstehn,<lb/> Voll Ungeduld mein Glas entzwey zu schlagen;<lb/> Allein was ich bisher gesehn<lb/> Hinein da möcht’ ich mich nicht wagen.<lb/> Nur, um dir’s im Vertraun zu sagen:<lb/> Zwey Philosophen bin ich auf der Spur,<lb/> Ich horchte zu, es hieß: Natur! Natur!<lb/> Von diesen will ich mich nicht trennen,<lb/> Sie müssen doch das irdische Wesen kennen;<lb/> Und ich erfahre wohl am Ende<lb/> Wohin ich mich am allerklügsten wende.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Das thu’ auf deine eigne Hand.<lb/> Denn, wo Gespenster Platz genommen,<lb/> Ist auch der Philosoph willkommen.<lb/> Damit man seiner Kunst und Gunst sich freue,<lb/> Erschafft er gleich ein Dutzend neue.<lb/> Wenn du nicht irrst, kommst du nicht zu Verstand.<lb/> Willst du entstehn, entsteh’ auf eigne Hand!<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Homunculus.</hi> </speaker><lb/> <p>Ein guter Rath ist auch nicht zu verschmähn.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>So fahre hin! Wir wollen’s weiter sehn.<lb/><stage>(Trennen sich.)</stage><lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Anaxagoras</hi> </speaker> <stage>(zu Thales).</stage><lb/> <p>Dein starrer Sinn will sich nicht beugen,<lb/> Bedarf es weit’res dich zu überzeugen?<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0161]
Homunculus.
Ich schwebe so von Stell’ zu Stelle
Und möchte gern im besten Sinn entstehn,
Voll Ungeduld mein Glas entzwey zu schlagen;
Allein was ich bisher gesehn
Hinein da möcht’ ich mich nicht wagen.
Nur, um dir’s im Vertraun zu sagen:
Zwey Philosophen bin ich auf der Spur,
Ich horchte zu, es hieß: Natur! Natur!
Von diesen will ich mich nicht trennen,
Sie müssen doch das irdische Wesen kennen;
Und ich erfahre wohl am Ende
Wohin ich mich am allerklügsten wende.
Mephistopheles.
Das thu’ auf deine eigne Hand.
Denn, wo Gespenster Platz genommen,
Ist auch der Philosoph willkommen.
Damit man seiner Kunst und Gunst sich freue,
Erschafft er gleich ein Dutzend neue.
Wenn du nicht irrst, kommst du nicht zu Verstand.
Willst du entstehn, entsteh’ auf eigne Hand!
Homunculus.
Ein guter Rath ist auch nicht zu verschmähn.
Mephistopheles.
So fahre hin! Wir wollen’s weiter sehn.
(Trennen sich.)
Anaxagoras (zu Thales).
Dein starrer Sinn will sich nicht beugen,
Bedarf es weit’res dich zu überzeugen?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/161 |
Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/161>, abgerufen am 17.07.2024. |