Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Indem die Hexe voll Grimm und Entsetzen zurücktritt.
Erkennst du mich? Gerippe! Scheusal du!
Erkennst du deinen Herrn und Meister?
Was hält mich ab, so schlag' ich zu,
Zerschmettre dich und deine Katzen-Geister!
Hast du vor'm rothen Wamms nicht mehr Respect?
Kannst du die Hahnenfeder nicht erkennen?
Hab' ich dieß Angesicht versteckt?
Soll ich mich etwa selber nennen?
Die Hexe.
O Herr, verzeiht den rohen Gruß!
Sah' ich doch keinen Pferdefuß.
Wo sind denn eure beyden Raben?
Mephistopheles.
Für dießmal kamst du so davon;
Denn freylich ist es eine Weile schon,
Daß wir uns nicht gesehen haben.
Auch die Cultur, die alle Welt beleckt,
Hat auf den Teufel sich erstreckt;
Das nordische Phantom ist nun nicht mehr zu schauen,
Wo siehst du Hörner, Schweif und Klauen?
Und was den Fuß betrifft, den ich nicht missen kann,
Indem die Hexe voll Grimm und Entſetzen zurücktritt.
Erkennſt du mich? Gerippe! Scheuſal du!
Erkennſt du deinen Herrn und Meiſter?
Was haͤlt mich ab, ſo ſchlag’ ich zu,
Zerſchmettre dich und deine Katzen-Geiſter!
Haſt du vor’m rothen Wamms nicht mehr Reſpect?
Kannſt du die Hahnenfeder nicht erkennen?
Hab’ ich dieß Angeſicht verſteckt?
Soll ich mich etwa ſelber nennen?
Die Hexe.
O Herr, verzeiht den rohen Gruß!
Sah’ ich doch keinen Pferdefuß.
Wo ſind denn eure beyden Raben?
Mephiſtopheles.
Fuͤr dießmal kamſt du ſo davon;
Denn freylich iſt es eine Weile ſchon,
Daß wir uns nicht geſehen haben.
Auch die Cultur, die alle Welt beleckt,
Hat auf den Teufel ſich erſtreckt;
Das nordiſche Phantom iſt nun nicht mehr zu ſchauen,
Wo ſiehſt du Hoͤrner, Schweif und Klauen?
Und was den Fuß betrifft, den ich nicht miſſen kann,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MEP">
            <pb facs="#f0164" n="158"/>
            <stage>Indem die Hexe voll Grimm und Ent&#x017F;etzen zurücktritt.</stage><lb/>
            <p>Erkenn&#x017F;t du mich? Gerippe! Scheu&#x017F;al du!<lb/>
Erkenn&#x017F;t du deinen Herrn und Mei&#x017F;ter?<lb/>
Was ha&#x0364;lt mich ab, &#x017F;o &#x017F;chlag&#x2019; ich zu,<lb/>
Zer&#x017F;chmettre dich und deine Katzen-Gei&#x017F;ter!<lb/>
Ha&#x017F;t du vor&#x2019;m rothen Wamms nicht mehr Re&#x017F;pect?<lb/>
Kann&#x017F;t du die Hahnenfeder nicht erkennen?<lb/>
Hab&#x2019; ich dieß Ange&#x017F;icht ver&#x017F;teckt?<lb/>
Soll ich mich etwa &#x017F;elber nennen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HEX">
            <speaker><hi rendition="#g">Die Hexe</hi>.</speaker><lb/>
            <p>O Herr, verzeiht den rohen Gruß!<lb/>
Sah&#x2019; ich doch keinen Pferdefuß.<lb/>
Wo &#x017F;ind denn eure beyden Raben?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MEP">
            <speaker><hi rendition="#g">Mephi&#x017F;topheles</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Fu&#x0364;r dießmal kam&#x017F;t du &#x017F;o davon;<lb/>
Denn freylich i&#x017F;t es eine Weile &#x017F;chon,<lb/>
Daß wir uns nicht ge&#x017F;ehen haben.<lb/>
Auch die Cultur, die alle Welt beleckt,<lb/>
Hat auf den Teufel &#x017F;ich er&#x017F;treckt;<lb/>
Das nordi&#x017F;che Phantom i&#x017F;t nun nicht mehr zu &#x017F;chauen,<lb/>
Wo &#x017F;ieh&#x017F;t du Ho&#x0364;rner, Schweif und Klauen?<lb/>
Und was den Fuß betrifft, den ich nicht mi&#x017F;&#x017F;en kann,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0164] Indem die Hexe voll Grimm und Entſetzen zurücktritt. Erkennſt du mich? Gerippe! Scheuſal du! Erkennſt du deinen Herrn und Meiſter? Was haͤlt mich ab, ſo ſchlag’ ich zu, Zerſchmettre dich und deine Katzen-Geiſter! Haſt du vor’m rothen Wamms nicht mehr Reſpect? Kannſt du die Hahnenfeder nicht erkennen? Hab’ ich dieß Angeſicht verſteckt? Soll ich mich etwa ſelber nennen? Die Hexe. O Herr, verzeiht den rohen Gruß! Sah’ ich doch keinen Pferdefuß. Wo ſind denn eure beyden Raben? Mephiſtopheles. Fuͤr dießmal kamſt du ſo davon; Denn freylich iſt es eine Weile ſchon, Daß wir uns nicht geſehen haben. Auch die Cultur, die alle Welt beleckt, Hat auf den Teufel ſich erſtreckt; Das nordiſche Phantom iſt nun nicht mehr zu ſchauen, Wo ſiehſt du Hoͤrner, Schweif und Klauen? Und was den Fuß betrifft, den ich nicht miſſen kann,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/164
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/164>, abgerufen am 03.05.2024.