Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Laß nur in Blend- und Zauberwerken Dich von dem Lügengeist bestärken, So hab' ich dich schon unbedingt -- Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben, Der ungebändigt immer vorwärts dringt, Und dessen übereiltes Streben Der Erde Freuden überspringt. Den schlepp' ich durch das wilde Leben, Durch flache Unbedeutenheit, Er soll mir zappeln, starren, kleben, Und seiner Unersättlichkeit Soll Speis' und Trank vor gier'gen Lippen schweben; Er wird Erquickung sich umsonst erflehn, Und hätt' er sich auch nicht dem Teufel übergeben, Er müßte doch zu Grunde gehn! Ein Schüler tritt auf. Schüler. Ich bin alhier erst kurze Zeit, Und komme voll Ergebenheit, Einen Mann zu sprechen und zu kennen, Den alle mir mit Ehrfurcht nennen.
Laß nur in Blend- und Zauberwerken Dich von dem Luͤgengeiſt beſtaͤrken, So hab’ ich dich ſchon unbedingt — Ihm hat das Schickſal einen Geiſt gegeben, Der ungebaͤndigt immer vorwaͤrts dringt, Und deſſen uͤbereiltes Streben Der Erde Freuden uͤberſpringt. Den ſchlepp’ ich durch das wilde Leben, Durch flache Unbedeutenheit, Er ſoll mir zappeln, ſtarren, kleben, Und ſeiner Unerſaͤttlichkeit Soll Speiſ’ und Trank vor gier’gen Lippen ſchweben; Er wird Erquickung ſich umſonſt erflehn, Und haͤtt’ er ſich auch nicht dem Teufel uͤbergeben, Er muͤßte doch zu Grunde gehn! Ein Schuͤler tritt auf. Schuͤler. Ich bin alhier erſt kurze Zeit, Und komme voll Ergebenheit, Einen Mann zu ſprechen und zu kennen, Den alle mir mit Ehrfurcht nennen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MEP"> <p><pb facs="#f0121" n="115"/> Laß nur in Blend- und Zauberwerken<lb/> Dich von dem Luͤgengeiſt beſtaͤrken,<lb/> So hab’ ich dich ſchon unbedingt —<lb/> Ihm hat das Schickſal einen Geiſt gegeben,<lb/> Der ungebaͤndigt immer vorwaͤrts dringt,<lb/> Und deſſen uͤbereiltes Streben<lb/> Der Erde Freuden uͤberſpringt.<lb/> Den ſchlepp’ ich durch das wilde Leben,<lb/> Durch flache Unbedeutenheit,<lb/> Er ſoll mir zappeln, ſtarren, kleben,<lb/> Und ſeiner Unerſaͤttlichkeit<lb/> Soll Speiſ’ und Trank vor gier’gen Lippen ſchweben;<lb/> Er wird Erquickung ſich umſonſt erflehn,<lb/> Und haͤtt’ er ſich auch nicht dem Teufel uͤbergeben,<lb/> Er muͤßte doch zu Grunde gehn!</p><lb/> <stage><hi rendition="#g">Ein Schuͤler</hi> tritt auf.</stage> </sp><lb/> <sp who="#SCHUE"> <speaker><hi rendition="#g">Schuͤler</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich bin alhier erſt kurze Zeit,<lb/> Und komme voll Ergebenheit,<lb/> Einen Mann zu ſprechen und zu kennen,<lb/> Den alle mir mit Ehrfurcht nennen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0121]
Laß nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem Luͤgengeiſt beſtaͤrken,
So hab’ ich dich ſchon unbedingt —
Ihm hat das Schickſal einen Geiſt gegeben,
Der ungebaͤndigt immer vorwaͤrts dringt,
Und deſſen uͤbereiltes Streben
Der Erde Freuden uͤberſpringt.
Den ſchlepp’ ich durch das wilde Leben,
Durch flache Unbedeutenheit,
Er ſoll mir zappeln, ſtarren, kleben,
Und ſeiner Unerſaͤttlichkeit
Soll Speiſ’ und Trank vor gier’gen Lippen ſchweben;
Er wird Erquickung ſich umſonſt erflehn,
Und haͤtt’ er ſich auch nicht dem Teufel uͤbergeben,
Er muͤßte doch zu Grunde gehn!
Ein Schuͤler tritt auf.
Schuͤler.
Ich bin alhier erſt kurze Zeit,
Und komme voll Ergebenheit,
Einen Mann zu ſprechen und zu kennen,
Den alle mir mit Ehrfurcht nennen.
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