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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Gautier führt mit Recht über den mittleren weißen
Theil der prismatischen Erscheinung eines großen Pris-
ma's seinen Finger oder einen Stab, und zeigt dadurch
die bloß an der Gränze entstehenden Farben. Dabey
erzählt er, daß die Newtonianer sich gegen dieses Phä-
nomen dadurch retten wollen, daß sie behaupteten: erst
am Finger gehe die Brechung vor. Man sieht, daß
dieser Secte schon vor sechzig Jahren eben so unbedenk-
lich war, Albernheiten zu sagen, wie am heutigen
Tag.

13) Er bringt zu Bestätigung seiner Erklärung
noch einen complicirten Versuch vor, dessen Werth wir
andern zu prüfen überlassen.

14) Er läßt das Spectrum auf eine durchlöcherte
Pappe fallen, so daß jede Farbe einzeln durchgeht.
Hier, durch eine zweyte Begränzung, ohne wiederholte
Refraction, erscheinen die Farbenbildchen nach dem er-
sten Gesetz aufs neue gesäumt, und widerlegen die Lehre
von Unveränderlichkeit der sogenannten homogenen Lich-
ter. Der Verfasser gedenkt mit Ehren Mariotte's, der
dieses Phänomen zuerst vor ihm beobachtete.

15) Er wendet hier abermals das Prisma mit der
convexen Seite an, die mit einer Art von fein durchlö-
chertem siebartigen Deckel bedeckt ist, und bringt da-
durch mannigfaltige Abwechselung der Erscheinung her-
vor, wodurch er seine Behauptungen begünstigt glaubt.
Wir haben diesen Versuch nicht nachgebildet.

Gautier fuͤhrt mit Recht uͤber den mittleren weißen
Theil der prismatiſchen Erſcheinung eines großen Pris-
ma’s ſeinen Finger oder einen Stab, und zeigt dadurch
die bloß an der Graͤnze entſtehenden Farben. Dabey
erzaͤhlt er, daß die Newtonianer ſich gegen dieſes Phaͤ-
nomen dadurch retten wollen, daß ſie behaupteten: erſt
am Finger gehe die Brechung vor. Man ſieht, daß
dieſer Secte ſchon vor ſechzig Jahren eben ſo unbedenk-
lich war, Albernheiten zu ſagen, wie am heutigen
Tag.

13) Er bringt zu Beſtaͤtigung ſeiner Erklaͤrung
noch einen complicirten Verſuch vor, deſſen Werth wir
andern zu pruͤfen uͤberlaſſen.

14) Er laͤßt das Spectrum auf eine durchloͤcherte
Pappe fallen, ſo daß jede Farbe einzeln durchgeht.
Hier, durch eine zweyte Begraͤnzung, ohne wiederholte
Refraction, erſcheinen die Farbenbildchen nach dem er-
ſten Geſetz aufs neue geſaͤumt, und widerlegen die Lehre
von Unveraͤnderlichkeit der ſogenannten homogenen Lich-
ter. Der Verfaſſer gedenkt mit Ehren Mariotte’s, der
dieſes Phaͤnomen zuerſt vor ihm beobachtete.

15) Er wendet hier abermals das Prisma mit der
convexen Seite an, die mit einer Art von fein durchloͤ-
chertem ſiebartigen Deckel bedeckt iſt, und bringt da-
durch mannigfaltige Abwechſelung der Erſcheinung her-
vor, wodurch er ſeine Behauptungen beguͤnſtigt glaubt.
Wir haben dieſen Verſuch nicht nachgebildet.

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[544/0578] Gautier fuͤhrt mit Recht uͤber den mittleren weißen Theil der prismatiſchen Erſcheinung eines großen Pris- ma’s ſeinen Finger oder einen Stab, und zeigt dadurch die bloß an der Graͤnze entſtehenden Farben. Dabey erzaͤhlt er, daß die Newtonianer ſich gegen dieſes Phaͤ- nomen dadurch retten wollen, daß ſie behaupteten: erſt am Finger gehe die Brechung vor. Man ſieht, daß dieſer Secte ſchon vor ſechzig Jahren eben ſo unbedenk- lich war, Albernheiten zu ſagen, wie am heutigen Tag. 13) Er bringt zu Beſtaͤtigung ſeiner Erklaͤrung noch einen complicirten Verſuch vor, deſſen Werth wir andern zu pruͤfen uͤberlaſſen. 14) Er laͤßt das Spectrum auf eine durchloͤcherte Pappe fallen, ſo daß jede Farbe einzeln durchgeht. Hier, durch eine zweyte Begraͤnzung, ohne wiederholte Refraction, erſcheinen die Farbenbildchen nach dem er- ſten Geſetz aufs neue geſaͤumt, und widerlegen die Lehre von Unveraͤnderlichkeit der ſogenannten homogenen Lich- ter. Der Verfaſſer gedenkt mit Ehren Mariotte’s, der dieſes Phaͤnomen zuerſt vor ihm beobachtete. 15) Er wendet hier abermals das Prisma mit der convexen Seite an, die mit einer Art von fein durchloͤ- chertem ſiebartigen Deckel bedeckt iſt, und bringt da- durch mannigfaltige Abwechſelung der Erſcheinung her- vor, wodurch er ſeine Behauptungen beguͤnſtigt glaubt. Wir haben dieſen Verſuch nicht nachgebildet.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/578>, abgerufen am 22.11.2024.