sat, belehren aber nicht über das Phänomen, indem sie die Erscheinung auf einfache Strahlen zurückführen, da doch eigentlich Sonnenbilder im Grunde des Trop- fens verengt, zusammengeführt und über einander ver- schränkt werden. Und so konnten diese Cartesischen, einzelne Strahlen vorstellenden Linien der Newtonischen Erklärung des Regenbogens günstig zum Grunde liegen.
Der Regenbogen als anerkannter Refractionsfall führt ihn zu den prismatischen einfacheren Versuchen. Er hat ein Prisma von 30 bis 40 Graden, legt es auf ein durchlöchert Holz und läßt die Sonne hin- durchscheinen; das ganze colorirte Spectrum erblickt er bey kleiner Oeffnung: weil aber sein Prisma von wenig Graden ist, so kann er leicht, bey vergrößerter Oeffnung, den weißen Raum in der Mitte bemerken.
Hierdurch gelangt er zu der Haupteinsicht, daß eine Beschränkung nöthig sey, um die prismatischen Farben hervorzubringen. Zugleich sieht er ein, daß weder die Ründe der Kugel, noch die Reflexion, zur Hervorbringung der Farbenerscheinung beytrage, weil beydes beym Prisma nicht statt findet, und die Farbe doch mächtig erscheint. Nun sucht er auch im Regen- bogen jene nöthige Beschränkung und glaubt sie in der Gränze der Kugel, in dem dahinter ruhenden Dunkel anzutreffen, wo sie denn freylich, wie wir künftig zei- gen werden, nicht zu suchen ist.
sat, belehren aber nicht uͤber das Phaͤnomen, indem ſie die Erſcheinung auf einfache Strahlen zuruͤckfuͤhren, da doch eigentlich Sonnenbilder im Grunde des Trop- fens verengt, zuſammengefuͤhrt und uͤber einander ver- ſchraͤnkt werden. Und ſo konnten dieſe Carteſiſchen, einzelne Strahlen vorſtellenden Linien der Newtoniſchen Erklaͤrung des Regenbogens guͤnſtig zum Grunde liegen.
Der Regenbogen als anerkannter Refractionsfall fuͤhrt ihn zu den prismatiſchen einfacheren Verſuchen. Er hat ein Prisma von 30 bis 40 Graden, legt es auf ein durchloͤchert Holz und laͤßt die Sonne hin- durchſcheinen; das ganze colorirte Spectrum erblickt er bey kleiner Oeffnung: weil aber ſein Prisma von wenig Graden iſt, ſo kann er leicht, bey vergroͤßerter Oeffnung, den weißen Raum in der Mitte bemerken.
Hierdurch gelangt er zu der Haupteinſicht, daß eine Beſchraͤnkung noͤthig ſey, um die prismatiſchen Farben hervorzubringen. Zugleich ſieht er ein, daß weder die Ruͤnde der Kugel, noch die Reflexion, zur Hervorbringung der Farbenerſcheinung beytrage, weil beydes beym Prisma nicht ſtatt findet, und die Farbe doch maͤchtig erſcheint. Nun ſucht er auch im Regen- bogen jene noͤthige Beſchraͤnkung und glaubt ſie in der Graͤnze der Kugel, in dem dahinter ruhenden Dunkel anzutreffen, wo ſie denn freylich, wie wir kuͤnftig zei- gen werden, nicht zu ſuchen iſt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><hirendition="#aq"><pbfacs="#f0312"n="278"/>
sat,</hi> belehren aber nicht uͤber das Phaͤnomen, indem<lb/>ſie die Erſcheinung auf einfache Strahlen zuruͤckfuͤhren,<lb/>
da doch eigentlich Sonnenbilder im Grunde des Trop-<lb/>
fens verengt, zuſammengefuͤhrt und uͤber einander ver-<lb/>ſchraͤnkt werden. Und ſo konnten dieſe Carteſiſchen,<lb/>
einzelne Strahlen vorſtellenden Linien der Newtoniſchen<lb/>
Erklaͤrung des Regenbogens guͤnſtig zum Grunde<lb/>
liegen.</p><lb/><p>Der Regenbogen als anerkannter Refractionsfall<lb/>
fuͤhrt ihn zu den prismatiſchen einfacheren Verſuchen.<lb/>
Er hat ein Prisma von 30 bis 40 Graden, legt es<lb/>
auf ein durchloͤchert Holz und laͤßt die Sonne hin-<lb/>
durchſcheinen; das ganze colorirte Spectrum erblickt<lb/>
er bey kleiner Oeffnung: weil aber ſein Prisma von<lb/>
wenig Graden iſt, ſo kann er leicht, bey vergroͤßerter<lb/>
Oeffnung, den weißen Raum in der Mitte bemerken.</p><lb/><p>Hierdurch gelangt er zu der Haupteinſicht, daß<lb/>
eine Beſchraͤnkung noͤthig ſey, um die prismatiſchen<lb/>
Farben hervorzubringen. Zugleich ſieht er ein, daß<lb/>
weder die Ruͤnde der Kugel, noch die Reflexion, zur<lb/>
Hervorbringung der Farbenerſcheinung beytrage, weil<lb/>
beydes beym Prisma nicht ſtatt findet, und die Farbe<lb/>
doch maͤchtig erſcheint. Nun ſucht er auch im Regen-<lb/>
bogen jene noͤthige Beſchraͤnkung und glaubt ſie in der<lb/>
Graͤnze der Kugel, in dem dahinter ruhenden Dunkel<lb/>
anzutreffen, wo ſie denn freylich, wie wir kuͤnftig zei-<lb/>
gen werden, nicht zu ſuchen iſt.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[278/0312]
sat, belehren aber nicht uͤber das Phaͤnomen, indem
ſie die Erſcheinung auf einfache Strahlen zuruͤckfuͤhren,
da doch eigentlich Sonnenbilder im Grunde des Trop-
fens verengt, zuſammengefuͤhrt und uͤber einander ver-
ſchraͤnkt werden. Und ſo konnten dieſe Carteſiſchen,
einzelne Strahlen vorſtellenden Linien der Newtoniſchen
Erklaͤrung des Regenbogens guͤnſtig zum Grunde
liegen.
Der Regenbogen als anerkannter Refractionsfall
fuͤhrt ihn zu den prismatiſchen einfacheren Verſuchen.
Er hat ein Prisma von 30 bis 40 Graden, legt es
auf ein durchloͤchert Holz und laͤßt die Sonne hin-
durchſcheinen; das ganze colorirte Spectrum erblickt
er bey kleiner Oeffnung: weil aber ſein Prisma von
wenig Graden iſt, ſo kann er leicht, bey vergroͤßerter
Oeffnung, den weißen Raum in der Mitte bemerken.
Hierdurch gelangt er zu der Haupteinſicht, daß
eine Beſchraͤnkung noͤthig ſey, um die prismatiſchen
Farben hervorzubringen. Zugleich ſieht er ein, daß
weder die Ruͤnde der Kugel, noch die Reflexion, zur
Hervorbringung der Farbenerſcheinung beytrage, weil
beydes beym Prisma nicht ſtatt findet, und die Farbe
doch maͤchtig erſcheint. Nun ſucht er auch im Regen-
bogen jene noͤthige Beſchraͤnkung und glaubt ſie in der
Graͤnze der Kugel, in dem dahinter ruhenden Dunkel
anzutreffen, wo ſie denn freylich, wie wir kuͤnftig zei-
gen werden, nicht zu ſuchen iſt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/312>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.