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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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welche aus der Betrachtung der Natur entspringen und
sich auf die Natur beziehen. Und da ist es denn nicht
zu läugnen, daß dergleichen Grundsätze der ältern Schu-
len, besonders in Verbindung mit religiösen Ueberzeu-
gungen, dem Fortschritt wahrer Naturansichten sehr
unbequem im Wege standen. Auch ist es interessant
zu bemerken, was eigentlich einem Manne wie Baco,
der selbst wohl unterrichtet, gelehrt und nach älterem
Herkommen cultivirt war, besonders hinderlich geschie-
nen, daß er sich gedrungen gefühlt, auf eine so zer-
störende Weise zu verfahren, und wie man im Sprüch-
worte sagt, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Revolutionäre Gesinnungen werden bey einzelnen Men-
schen mehr durch einzelne Anlässe als durch allgemeine
Zustände erzeugt, und so sind uns in Bacons Schrif-
ten einige solcher Axiome begegnet, die er mit beson-
derm Verdrusse immer wieder aufsucht und verfolgt;
z. B. die Lehre von den Endursachen die ihm höchlich
zuwider ist.

In der Denkweise Bacons findet sich übrigens
manches, was auf den Weltmann hindeutet. Eben die-
se Forderung einer gränzenlosen Erfahrung, das Ver-
kennen, ja Verneinen gegenwärtiger Verdienste, das
Dringen auf Werkthätigkeit hat er mit denjenigen ge-
mein, die im Wirken auf eine große Masse und im
Beherrschen und Benutzen ihrer Gegenwirkung das Le-
ben zubringen.


welche aus der Betrachtung der Natur entſpringen und
ſich auf die Natur beziehen. Und da iſt es denn nicht
zu laͤugnen, daß dergleichen Grundſaͤtze der aͤltern Schu-
len, beſonders in Verbindung mit religioͤſen Ueberzeu-
gungen, dem Fortſchritt wahrer Naturanſichten ſehr
unbequem im Wege ſtanden. Auch iſt es intereſſant
zu bemerken, was eigentlich einem Manne wie Baco,
der ſelbſt wohl unterrichtet, gelehrt und nach aͤlterem
Herkommen cultivirt war, beſonders hinderlich geſchie-
nen, daß er ſich gedrungen gefuͤhlt, auf eine ſo zer-
ſtoͤrende Weiſe zu verfahren, und wie man im Spruͤch-
worte ſagt, das Kind mit dem Bade auszuſchuͤtten.
Revolutionaͤre Geſinnungen werden bey einzelnen Men-
ſchen mehr durch einzelne Anlaͤſſe als durch allgemeine
Zuſtaͤnde erzeugt, und ſo ſind uns in Bacons Schrif-
ten einige ſolcher Axiome begegnet, die er mit beſon-
derm Verdruſſe immer wieder aufſucht und verfolgt;
z. B. die Lehre von den Endurſachen die ihm hoͤchlich
zuwider iſt.

In der Denkweiſe Bacons findet ſich uͤbrigens
manches, was auf den Weltmann hindeutet. Eben die-
ſe Forderung einer graͤnzenloſen Erfahrung, das Ver-
kennen, ja Verneinen gegenwaͤrtiger Verdienſte, das
Dringen auf Werkthaͤtigkeit hat er mit denjenigen ge-
mein, die im Wirken auf eine große Maſſe und im
Beherrſchen und Benutzen ihrer Gegenwirkung das Le-
ben zubringen.


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[234/0268] welche aus der Betrachtung der Natur entſpringen und ſich auf die Natur beziehen. Und da iſt es denn nicht zu laͤugnen, daß dergleichen Grundſaͤtze der aͤltern Schu- len, beſonders in Verbindung mit religioͤſen Ueberzeu- gungen, dem Fortſchritt wahrer Naturanſichten ſehr unbequem im Wege ſtanden. Auch iſt es intereſſant zu bemerken, was eigentlich einem Manne wie Baco, der ſelbſt wohl unterrichtet, gelehrt und nach aͤlterem Herkommen cultivirt war, beſonders hinderlich geſchie- nen, daß er ſich gedrungen gefuͤhlt, auf eine ſo zer- ſtoͤrende Weiſe zu verfahren, und wie man im Spruͤch- worte ſagt, das Kind mit dem Bade auszuſchuͤtten. Revolutionaͤre Geſinnungen werden bey einzelnen Men- ſchen mehr durch einzelne Anlaͤſſe als durch allgemeine Zuſtaͤnde erzeugt, und ſo ſind uns in Bacons Schrif- ten einige ſolcher Axiome begegnet, die er mit beſon- derm Verdruſſe immer wieder aufſucht und verfolgt; z. B. die Lehre von den Endurſachen die ihm hoͤchlich zuwider iſt. In der Denkweiſe Bacons findet ſich uͤbrigens manches, was auf den Weltmann hindeutet. Eben die- ſe Forderung einer graͤnzenloſen Erfahrung, das Ver- kennen, ja Verneinen gegenwaͤrtiger Verdienſte, das Dringen auf Werkthaͤtigkeit hat er mit denjenigen ge- mein, die im Wirken auf eine große Maſſe und im Beherrſchen und Benutzen ihrer Gegenwirkung das Le- ben zubringen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/268>, abgerufen am 26.11.2024.