durchsehe; so werden wir schon in die Abtheilung der chemischen Farben verwiesen, und wir sehen leicht ein, daß wir das Capitel von den pathologischen Farben nur dann erst vollkommen ausarbeiten können, wenn wir uns mit der Farbenlehre in ihrem ganzen Umfang bekannt gemacht; deßhalb sey es an dem gegenwärtigen genug, bis wir später das Angedeutete weiter ausfüh- ren können.
134.
Nur möchte hier zum Schlusse noch einiger beson- dern Dispositionen des Auges vorläufig zu erwähnen seyn.
Es giebt Maler, welche, anstatt daß sie die na- türliche Farbe wiedergeben sollten, einen allgemeinen Ton, einen warmen oder kalten über das Bild verbrei- ten. So zeigt sich auch bey manchen eine Vorliebe für gewisse Farben, bey andern ein Ungefühl für Har- monie.
135.
Endlich ist noch bemerkenswerth, daß wilde Na- tionen, ungebildete Menschen, Kinder eine große Vor- liebe für lebhafte Farben empfinden, daß Thiere bey gewissen Farben in Zorn gerathen, daß gebildete Men- schen in Kleidung und sonstiger Umgebung die lebhaften Farben vermeiden und sie durchgängig von sich zu ent- fernen suchen.
4 *
durchſehe; ſo werden wir ſchon in die Abtheilung der chemiſchen Farben verwieſen, und wir ſehen leicht ein, daß wir das Capitel von den pathologiſchen Farben nur dann erſt vollkommen ausarbeiten koͤnnen, wenn wir uns mit der Farbenlehre in ihrem ganzen Umfang bekannt gemacht; deßhalb ſey es an dem gegenwaͤrtigen genug, bis wir ſpaͤter das Angedeutete weiter ausfuͤh- ren koͤnnen.
134.
Nur moͤchte hier zum Schluſſe noch einiger beſon- dern Dispoſitionen des Auges vorlaͤufig zu erwaͤhnen ſeyn.
Es giebt Maler, welche, anſtatt daß ſie die na- tuͤrliche Farbe wiedergeben ſollten, einen allgemeinen Ton, einen warmen oder kalten uͤber das Bild verbrei- ten. So zeigt ſich auch bey manchen eine Vorliebe fuͤr gewiſſe Farben, bey andern ein Ungefuͤhl fuͤr Har- monie.
135.
Endlich iſt noch bemerkenswerth, daß wilde Na- tionen, ungebildete Menſchen, Kinder eine große Vor- liebe fuͤr lebhafte Farben empfinden, daß Thiere bey gewiſſen Farben in Zorn gerathen, daß gebildete Men- ſchen in Kleidung und ſonſtiger Umgebung die lebhaften Farben vermeiden und ſie durchgaͤngig von ſich zu ent- fernen ſuchen.
4 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0105"n="51"/>
durchſehe; ſo werden wir ſchon in die Abtheilung der<lb/>
chemiſchen Farben verwieſen, und wir ſehen leicht ein,<lb/>
daß wir das Capitel von den pathologiſchen Farben<lb/>
nur dann erſt vollkommen ausarbeiten koͤnnen, wenn<lb/>
wir uns mit der Farbenlehre in ihrem ganzen Umfang<lb/>
bekannt gemacht; deßhalb ſey es an dem gegenwaͤrtigen<lb/>
genug, bis wir ſpaͤter das Angedeutete weiter ausfuͤh-<lb/>
ren koͤnnen.</p></div><lb/><divn="4"><head>134.</head><lb/><p>Nur moͤchte hier zum Schluſſe noch einiger beſon-<lb/>
dern Dispoſitionen des Auges vorlaͤufig zu erwaͤhnen<lb/>ſeyn.</p><lb/><p>Es giebt Maler, welche, anſtatt daß ſie die na-<lb/>
tuͤrliche Farbe wiedergeben ſollten, einen allgemeinen<lb/>
Ton, einen warmen oder kalten uͤber das Bild verbrei-<lb/>
ten. So zeigt ſich auch bey manchen eine Vorliebe<lb/>
fuͤr gewiſſe Farben, bey andern ein Ungefuͤhl fuͤr Har-<lb/>
monie.</p></div><lb/><divn="4"><head>135.</head><lb/><p>Endlich iſt noch bemerkenswerth, daß wilde Na-<lb/>
tionen, ungebildete Menſchen, Kinder eine große Vor-<lb/>
liebe fuͤr lebhafte Farben empfinden, daß Thiere bey<lb/>
gewiſſen Farben in Zorn gerathen, daß gebildete Men-<lb/>ſchen in Kleidung und ſonſtiger Umgebung die lebhaften<lb/>
Farben vermeiden und ſie durchgaͤngig von ſich zu ent-<lb/>
fernen ſuchen.</p></div></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwplace="bottom"type="sig">4 *</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[51/0105]
durchſehe; ſo werden wir ſchon in die Abtheilung der
chemiſchen Farben verwieſen, und wir ſehen leicht ein,
daß wir das Capitel von den pathologiſchen Farben
nur dann erſt vollkommen ausarbeiten koͤnnen, wenn
wir uns mit der Farbenlehre in ihrem ganzen Umfang
bekannt gemacht; deßhalb ſey es an dem gegenwaͤrtigen
genug, bis wir ſpaͤter das Angedeutete weiter ausfuͤh-
ren koͤnnen.
134.
Nur moͤchte hier zum Schluſſe noch einiger beſon-
dern Dispoſitionen des Auges vorlaͤufig zu erwaͤhnen
ſeyn.
Es giebt Maler, welche, anſtatt daß ſie die na-
tuͤrliche Farbe wiedergeben ſollten, einen allgemeinen
Ton, einen warmen oder kalten uͤber das Bild verbrei-
ten. So zeigt ſich auch bey manchen eine Vorliebe
fuͤr gewiſſe Farben, bey andern ein Ungefuͤhl fuͤr Har-
monie.
135.
Endlich iſt noch bemerkenswerth, daß wilde Na-
tionen, ungebildete Menſchen, Kinder eine große Vor-
liebe fuͤr lebhafte Farben empfinden, daß Thiere bey
gewiſſen Farben in Zorn gerathen, daß gebildete Men-
ſchen in Kleidung und ſonſtiger Umgebung die lebhaften
Farben vermeiden und ſie durchgaͤngig von ſich zu ent-
fernen ſuchen.
4 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/105>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.