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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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fremdem Land erwacht und ein kräftig Streben hatten
sie aus blauem Aether eingesogen, und gestählt in der
Gluth federten die Kräfte, und es trieb der freudige
Jugendmuth. Alle europäischen Nationen aber nahmen
Theil an diesem Lebensfeste, Alle vereinigte ein einig
Band, der gleiche Trieb begeisterte ein jeglich Volk,
und es war nur eine Erde und zwei Geschlechter auf
dieser Erde. Frankreich, im Herzen Europa's liegend,
hatte frühe schon auch des Herzens Dienst versehen,
es hatte zum Chorführer in dem Feiertanz der neuern
Zeiten sich erhoben. Geschieden noch in eine Reihe
selbstständiger Provinzen, deren jede ihrem eignen
Genius folgte, und nicht geschmiedet war an gleiches
Maaß und Gewicht einer herrschenden Verfassung,
hatte es mit allen Völkern dadurch Berührungspunkte;
der rege Trieb, der von ihm ausgieng, verbreitete
sich daher über die Andern hin, und es faßte schnell
wieder die Impulse auf, die von außen ihm geboten
wurden. Die lateinische Sprache, in den früheren
Zeiten als allgemeine Sprache herrschend, beförderte
dabei unendlich diesen wechselseitigen Verkehr, und an
ihr cristallisirten sich dann späterhin die einzelnen
Idiome, jedes in dem Geiste des bildenden Volkes an,
die daher Alle von ihrer Gründung her in diesem
Medium zusammenhiengen. So gestaltete sich zunächst

36.

fremdem Land erwacht und ein kräftig Streben hatten
ſie aus blauem Aether eingeſogen, und geſtählt in der
Gluth federten die Kräfte, und es trieb der freudige
Jugendmuth. Alle europäiſchen Nationen aber nahmen
Theil an dieſem Lebensfeſte, Alle vereinigte ein einig
Band, der gleiche Trieb begeiſterte ein jeglich Volk,
und es war nur eine Erde und zwei Geſchlechter auf
dieſer Erde. Frankreich, im Herzen Europa’s liegend,
hatte frühe ſchon auch des Herzens Dienſt verſehen,
es hatte zum Chorführer in dem Feiertanz der neuern
Zeiten ſich erhoben. Geſchieden noch in eine Reihe
ſelbſtſtändiger Provinzen, deren jede ihrem eignen
Genius folgte, und nicht geſchmiedet war an gleiches
Maaß und Gewicht einer herrſchenden Verfaſſung,
hatte es mit allen Völkern dadurch Berührungspunkte;
der rege Trieb, der von ihm ausgieng, verbreitete
ſich daher über die Andern hin, und es faßte ſchnell
wieder die Impulſe auf, die von außen ihm geboten
wurden. Die lateiniſche Sprache, in den früheren
Zeiten als allgemeine Sprache herrſchend, beförderte
dabei unendlich dieſen wechſelſeitigen Verkehr, und an
ihr criſtalliſirten ſich dann ſpäterhin die einzelnen
Idiome, jedes in dem Geiſte des bildenden Volkes an,
die daher Alle von ihrer Gründung her in dieſem
Medium zuſammenhiengen. So geſtaltete ſich zunächſt

36.
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[281/0299] fremdem Land erwacht und ein kräftig Streben hatten ſie aus blauem Aether eingeſogen, und geſtählt in der Gluth federten die Kräfte, und es trieb der freudige Jugendmuth. Alle europäiſchen Nationen aber nahmen Theil an dieſem Lebensfeſte, Alle vereinigte ein einig Band, der gleiche Trieb begeiſterte ein jeglich Volk, und es war nur eine Erde und zwei Geſchlechter auf dieſer Erde. Frankreich, im Herzen Europa’s liegend, hatte frühe ſchon auch des Herzens Dienſt verſehen, es hatte zum Chorführer in dem Feiertanz der neuern Zeiten ſich erhoben. Geſchieden noch in eine Reihe ſelbſtſtändiger Provinzen, deren jede ihrem eignen Genius folgte, und nicht geſchmiedet war an gleiches Maaß und Gewicht einer herrſchenden Verfaſſung, hatte es mit allen Völkern dadurch Berührungspunkte; der rege Trieb, der von ihm ausgieng, verbreitete ſich daher über die Andern hin, und es faßte ſchnell wieder die Impulſe auf, die von außen ihm geboten wurden. Die lateiniſche Sprache, in den früheren Zeiten als allgemeine Sprache herrſchend, beförderte dabei unendlich dieſen wechſelſeitigen Verkehr, und an ihr criſtalliſirten ſich dann ſpäterhin die einzelnen Idiome, jedes in dem Geiſte des bildenden Volkes an, die daher Alle von ihrer Gründung her in dieſem Medium zuſammenhiengen. So geſtaltete ſich zunächſt 36.

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/299>, abgerufen am 26.11.2024.