Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

sich aufbewahrt hat, geht es fort und fort durch's ganze
Buch, mit überschwenglicher, nie ermattender, kaum
Athem schöpfender Redseligkeit. Abentheuer folgt auf
Abentheuer; ein heidnischer Gott von Erz, aus dem
der Teufel spricht in Beyern; Sarazenen überall zu
Hunderttausenden erschlagen, vier Könige reisen eigends
zu diesem Zweck von Schlacht zu Schlacht, und von
einer Belagerung zur Andern; Jerusalem wird einge-
nommen; König Clovis läßt sich taufen; einer der
Könige wird von den Heiden gekreuzigt, der sarazenische
Bluthund aber dafür von Gott in Staub zerschlagen,
und die Zuschauer werden schwarz wie Kohlen, an der
Stelle aber, wo das Kreutz gestanden, steigt in einer
Nacht eine große Kirche mit zehn Altären, und über
dem Hauptaltar der Körper des heiligen Königs auf,
und die Glocken fangen am Morgen an von selbst zu
läuten; -- dann eilt die Handlung wieder weiter;
überall werden Heiden getödtet und bekehrt, Riesen
erschlagen, Mauern erstiegen, dann wieder Kinder
ausgesetzt. Von Seite 46--84 gehen diese athemlosen
Abentheuer ununterbrochen fort; dem teutschen Ueber-
setzer, der sonst ziemlich an sein Original sich gehalten
hat, mußte g außen vor dieser Volubilität, er hat das
Alles daher rein weggestrichen, wodurch freilich der
Gang der Geschichte an vielen Orten sichtbar verstüm-

ſich aufbewahrt hat, geht es fort und fort durch’s ganze
Buch, mit überſchwenglicher, nie ermattender, kaum
Athem ſchöpfender Redſeligkeit. Abentheuer folgt auf
Abentheuer; ein heidniſcher Gott von Erz, aus dem
der Teufel ſpricht in Beyern; Sarazenen überall zu
Hunderttauſenden erſchlagen, vier Könige reiſen eigends
zu dieſem Zweck von Schlacht zu Schlacht, und von
einer Belagerung zur Andern; Jeruſalem wird einge-
nommen; König Clovis läßt ſich taufen; einer der
Könige wird von den Heiden gekreuzigt, der ſarazeniſche
Bluthund aber dafür von Gott in Staub zerſchlagen,
und die Zuſchauer werden ſchwarz wie Kohlen, an der
Stelle aber, wo das Kreutz geſtanden, ſteigt in einer
Nacht eine große Kirche mit zehn Altären, und über
dem Hauptaltar der Körper des heiligen Königs auf,
und die Glocken fangen am Morgen an von ſelbſt zu
läuten; — dann eilt die Handlung wieder weiter;
überall werden Heiden getödtet und bekehrt, Rieſen
erſchlagen, Mauern erſtiegen, dann wieder Kinder
ausgeſetzt. Von Seite 46—84 gehen dieſe athemloſen
Abentheuer ununterbrochen fort; dem teutſchen Ueber-
ſetzer, der ſonſt ziemlich an ſein Original ſich gehalten
hat, mußte g außen vor dieſer Volubilität, er hat das
Alles daher rein weggeſtrichen, wodurch freilich der
Gang der Geſchichte an vielen Orten ſichtbar verſtüm-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0160" n="142"/>
&#x017F;ich aufbewahrt hat, geht es fort und fort durch&#x2019;s ganze<lb/>
Buch, mit über&#x017F;chwenglicher, nie ermattender, kaum<lb/>
Athem &#x017F;chöpfender Red&#x017F;eligkeit. Abentheuer folgt auf<lb/>
Abentheuer; ein heidni&#x017F;cher Gott von Erz, aus dem<lb/>
der Teufel &#x017F;pricht in Beyern; Sarazenen überall zu<lb/>
Hunderttau&#x017F;enden er&#x017F;chlagen, vier Könige rei&#x017F;en eigends<lb/>
zu die&#x017F;em Zweck von Schlacht zu Schlacht, und von<lb/>
einer Belagerung zur Andern; Jeru&#x017F;alem wird einge-<lb/>
nommen; König Clovis läßt &#x017F;ich taufen; einer der<lb/>
Könige wird von den Heiden gekreuzigt, der &#x017F;arazeni&#x017F;che<lb/>
Bluthund aber dafür von Gott in Staub zer&#x017F;chlagen,<lb/>
und die Zu&#x017F;chauer werden &#x017F;chwarz wie Kohlen, an der<lb/>
Stelle aber, wo das Kreutz ge&#x017F;tanden, &#x017F;teigt in einer<lb/>
Nacht eine große Kirche mit zehn Altären, und über<lb/>
dem Hauptaltar der Körper des heiligen Königs auf,<lb/>
und die Glocken fangen am Morgen an von &#x017F;elb&#x017F;t zu<lb/>
läuten; &#x2014; dann eilt die Handlung wieder weiter;<lb/>
überall werden Heiden getödtet und bekehrt, Rie&#x017F;en<lb/>
er&#x017F;chlagen, Mauern er&#x017F;tiegen, dann wieder Kinder<lb/>
ausge&#x017F;etzt. Von Seite 46&#x2014;84 gehen die&#x017F;e athemlo&#x017F;en<lb/>
Abentheuer ununterbrochen fort; dem teut&#x017F;chen Ueber-<lb/>
&#x017F;etzer, der &#x017F;on&#x017F;t ziemlich an &#x017F;ein Original &#x017F;ich gehalten<lb/>
hat, mußte g außen vor die&#x017F;er Volubilität, er hat das<lb/>
Alles daher rein wegge&#x017F;trichen, wodurch freilich der<lb/>
Gang der Ge&#x017F;chichte an vielen Orten &#x017F;ichtbar ver&#x017F;tüm-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0160] ſich aufbewahrt hat, geht es fort und fort durch’s ganze Buch, mit überſchwenglicher, nie ermattender, kaum Athem ſchöpfender Redſeligkeit. Abentheuer folgt auf Abentheuer; ein heidniſcher Gott von Erz, aus dem der Teufel ſpricht in Beyern; Sarazenen überall zu Hunderttauſenden erſchlagen, vier Könige reiſen eigends zu dieſem Zweck von Schlacht zu Schlacht, und von einer Belagerung zur Andern; Jeruſalem wird einge- nommen; König Clovis läßt ſich taufen; einer der Könige wird von den Heiden gekreuzigt, der ſarazeniſche Bluthund aber dafür von Gott in Staub zerſchlagen, und die Zuſchauer werden ſchwarz wie Kohlen, an der Stelle aber, wo das Kreutz geſtanden, ſteigt in einer Nacht eine große Kirche mit zehn Altären, und über dem Hauptaltar der Körper des heiligen Königs auf, und die Glocken fangen am Morgen an von ſelbſt zu läuten; — dann eilt die Handlung wieder weiter; überall werden Heiden getödtet und bekehrt, Rieſen erſchlagen, Mauern erſtiegen, dann wieder Kinder ausgeſetzt. Von Seite 46—84 gehen dieſe athemloſen Abentheuer ununterbrochen fort; dem teutſchen Ueber- ſetzer, der ſonſt ziemlich an ſein Original ſich gehalten hat, mußte g außen vor dieſer Volubilität, er hat das Alles daher rein weggeſtrichen, wodurch freilich der Gang der Geſchichte an vielen Orten ſichtbar verſtüm-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/160
Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/160>, abgerufen am 24.11.2024.