Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

chen Blätter einer furchtsamen, zaghaften, kleinlichen
Censur untergeben, die nicht einmal den westphälischen
Anzeiger ertragen konnte, suchte die nach Freyheit
strebende Gedankenäußerung sich ein anderes Asyl.
Sie fand diesen Zufluchtsort in der Weimarischen Ver¬
fassung, und der darin als Grundgesetz festgesetzten
Aufhebung der Censur. Diese Verfassung, die bey
den dortigen beschränkten Verhältnissen, außer etwa
in der Entlassung des stehenden Soldaten, da man ihn
bald mit dem Aufwand eines kostbaren Hofes in so
kleinem Lande unverträglich fand, sonst nichts Bedeu¬
tendes bis zu dieser Stunde hervorgebracht, hatte von
dieser Seite für ganz Teutschland eine Wichtigkeit ge¬
wonnen. Es begann sogleich von da aus der kleine
Krieg der sich emanzipirenden Zeit mit jener Staats¬
polizey, die sie mit aller Macht und Ohnmacht in ih¬
rer Haft zurückzuhalten sich bemüht. Während die
Isis, schüttelnd das Sistrum der elementarischen Na¬
tur, die Hyeroglyphen des thierischen Lebens deu¬
tete, neben ihr aber der geyerköpfige Osiris scharf
die Geißel schwang über jegliche Ungebühr, und der
Latrator Anubis mit Huth wahrnahm der Pforte
des Geisterreichs, daß die Gewalt sich nicht eindränge
mit Ueberfall; während die Nemesis des Maaßes zu
achten sich bemühte und der Regel, und obgleich
mit stets abnehmender Energie manches Gute, be¬
sonders in den höheren Kreisen pflanzte; während
der Patriot oft sehr einseitige Meinungen mit Ver¬
stand, Entschlossenheit und Geschick vertheidigte, fie¬
len antwortend ihrem lauten Rufe andere Stimmen
ein, die aus den Gebirgen der Schweiz, durch Wür¬

temberg

chen Blätter einer furchtſamen, zaghaften, kleinlichen
Cenſur untergeben, die nicht einmal den weſtphäliſchen
Anzeiger ertragen konnte, ſuchte die nach Freyheit
ſtrebende Gedankenäußerung ſich ein anderes Aſyl.
Sie fand dieſen Zufluchtsort in der Weimariſchen Ver¬
faſſung, und der darin als Grundgeſetz feſtgeſetzten
Aufhebung der Cenſur. Dieſe Verfaſſung, die bey
den dortigen beſchränkten Verhältniſſen, außer etwa
in der Entlaſſung des ſtehenden Soldaten, da man ihn
bald mit dem Aufwand eines koſtbaren Hofes in ſo
kleinem Lande unverträglich fand, ſonſt nichts Bedeu¬
tendes bis zu dieſer Stunde hervorgebracht, hatte von
dieſer Seite für ganz Teutſchland eine Wichtigkeit ge¬
wonnen. Es begann ſogleich von da aus der kleine
Krieg der ſich emanzipirenden Zeit mit jener Staats¬
polizey, die ſie mit aller Macht und Ohnmacht in ih¬
rer Haft zurückzuhalten ſich bemüht. Während die
Iſis, ſchüttelnd das Siſtrum der elementariſchen Na¬
tur, die Hyeroglyphen des thieriſchen Lebens deu¬
tete, neben ihr aber der geyerköpfige Oſiris ſcharf
die Geißel ſchwang über jegliche Ungebühr, und der
Latrator Anubis mit Huth wahrnahm der Pforte
des Geiſterreichs, daß die Gewalt ſich nicht eindränge
mit Ueberfall; während die Nemeſis des Maaßes zu
achten ſich bemühte und der Regel, und obgleich
mit ſtets abnehmender Energie manches Gute, be¬
ſonders in den höheren Kreiſen pflanzte; während
der Patriot oft ſehr einſeitige Meinungen mit Ver¬
ſtand, Entſchloſſenheit und Geſchick vertheidigte, fie¬
len antwortend ihrem lauten Rufe andere Stimmen
ein, die aus den Gebirgen der Schweiz, durch Wür¬

temberg
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0088" n="80"/>
chen Blätter einer furcht&#x017F;amen, zaghaften, kleinlichen<lb/>
Cen&#x017F;ur untergeben, die nicht einmal den we&#x017F;tphäli&#x017F;chen<lb/>
Anzeiger ertragen konnte, &#x017F;uchte die nach Freyheit<lb/>
&#x017F;trebende Gedankenäußerung &#x017F;ich ein anderes A&#x017F;yl.<lb/>
Sie fand die&#x017F;en Zufluchtsort in der Weimari&#x017F;chen Ver¬<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung, und der darin als Grundge&#x017F;etz fe&#x017F;tge&#x017F;etzten<lb/>
Aufhebung der Cen&#x017F;ur. Die&#x017F;e Verfa&#x017F;&#x017F;ung, die bey<lb/>
den dortigen be&#x017F;chränkten Verhältni&#x017F;&#x017F;en, außer etwa<lb/>
in der Entla&#x017F;&#x017F;ung des &#x017F;tehenden Soldaten, da man ihn<lb/>
bald mit dem Aufwand eines ko&#x017F;tbaren Hofes in &#x017F;o<lb/>
kleinem Lande unverträglich fand, &#x017F;on&#x017F;t nichts Bedeu¬<lb/>
tendes bis zu die&#x017F;er Stunde hervorgebracht, hatte von<lb/>
die&#x017F;er Seite für ganz Teut&#x017F;chland eine Wichtigkeit ge¬<lb/>
wonnen. Es begann &#x017F;ogleich von da aus der kleine<lb/>
Krieg der &#x017F;ich emanzipirenden Zeit mit jener Staats¬<lb/>
polizey, die &#x017F;ie mit aller Macht und Ohnmacht in ih¬<lb/>
rer Haft zurückzuhalten &#x017F;ich bemüht. Während die<lb/>
I&#x017F;is, &#x017F;chüttelnd das Si&#x017F;trum der elementari&#x017F;chen Na¬<lb/>
tur, die Hyeroglyphen des thieri&#x017F;chen Lebens deu¬<lb/>
tete, neben ihr aber der geyerköpfige O&#x017F;iris &#x017F;charf<lb/>
die Geißel &#x017F;chwang über jegliche Ungebühr, und der<lb/><hi rendition="#aq">Latrator</hi> Anubis mit Huth wahrnahm der Pforte<lb/>
des Gei&#x017F;terreichs, daß die Gewalt &#x017F;ich nicht eindränge<lb/>
mit Ueberfall; während die Neme&#x017F;is des Maaßes zu<lb/>
achten &#x017F;ich bemühte und der Regel, und obgleich<lb/>
mit &#x017F;tets abnehmender Energie manches Gute, be¬<lb/>
&#x017F;onders in den höheren Krei&#x017F;en pflanzte; während<lb/>
der Patriot oft &#x017F;ehr ein&#x017F;eitige Meinungen mit Ver¬<lb/>
&#x017F;tand, Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit und Ge&#x017F;chick vertheidigte, fie¬<lb/>
len antwortend ihrem lauten Rufe andere Stimmen<lb/>
ein, die aus den Gebirgen der Schweiz, durch Wür¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">temberg<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0088] chen Blätter einer furchtſamen, zaghaften, kleinlichen Cenſur untergeben, die nicht einmal den weſtphäliſchen Anzeiger ertragen konnte, ſuchte die nach Freyheit ſtrebende Gedankenäußerung ſich ein anderes Aſyl. Sie fand dieſen Zufluchtsort in der Weimariſchen Ver¬ faſſung, und der darin als Grundgeſetz feſtgeſetzten Aufhebung der Cenſur. Dieſe Verfaſſung, die bey den dortigen beſchränkten Verhältniſſen, außer etwa in der Entlaſſung des ſtehenden Soldaten, da man ihn bald mit dem Aufwand eines koſtbaren Hofes in ſo kleinem Lande unverträglich fand, ſonſt nichts Bedeu¬ tendes bis zu dieſer Stunde hervorgebracht, hatte von dieſer Seite für ganz Teutſchland eine Wichtigkeit ge¬ wonnen. Es begann ſogleich von da aus der kleine Krieg der ſich emanzipirenden Zeit mit jener Staats¬ polizey, die ſie mit aller Macht und Ohnmacht in ih¬ rer Haft zurückzuhalten ſich bemüht. Während die Iſis, ſchüttelnd das Siſtrum der elementariſchen Na¬ tur, die Hyeroglyphen des thieriſchen Lebens deu¬ tete, neben ihr aber der geyerköpfige Oſiris ſcharf die Geißel ſchwang über jegliche Ungebühr, und der Latrator Anubis mit Huth wahrnahm der Pforte des Geiſterreichs, daß die Gewalt ſich nicht eindränge mit Ueberfall; während die Nemeſis des Maaßes zu achten ſich bemühte und der Regel, und obgleich mit ſtets abnehmender Energie manches Gute, be¬ ſonders in den höheren Kreiſen pflanzte; während der Patriot oft ſehr einſeitige Meinungen mit Ver¬ ſtand, Entſchloſſenheit und Geſchick vertheidigte, fie¬ len antwortend ihrem lauten Rufe andere Stimmen ein, die aus den Gebirgen der Schweiz, durch Wür¬ temberg

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/88
Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/88>, abgerufen am 03.05.2024.