Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.temberg gegen die Donau hin ertönten, wo die allge¬ Aber dieser Chor, der sich, längst von der moder¬ 6
temberg gegen die Donau hin ertönten, wo die allge¬ Aber dieſer Chor, der ſich, längſt von der moder¬ 6
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0089" n="81"/> temberg gegen die Donau hin ertönten, wo die allge¬<lb/> meine Zeitung nicht unergötzlich den Markt von Plun¬<lb/> dersweiler bey ſich eröffnete, auf dem Käufer und<lb/> Verkäufer, Marktſchreyer und Zigeuner, wackere Leute<lb/> und alles Lumpenvolk ſich durcheinander treiben, je¬<lb/> doch Alles unter ſcharfer Polizey der Ortsobrigkeit;<lb/> dann vom Oberrheine, in lichten Geiſtesblitzen wetter¬<lb/> leuchtend, den Mayn hinauf laufend ſich ergoſſen,<lb/> und im Süden lauten Wuf erhoben; während der<lb/> ſtumme Norden ton- und klanglos lag, und allein<lb/> die freyen Städte, Bremen, nur einmal wankend<lb/> und zagend, und Hamburg, wo der Beobachter in<lb/> Maaß und Zahl die maaßloſe Zeit zu faſſen ſtrebte,<lb/> ſeine Ehre noch einigermaaßen zu retten ſich bemühten.<lb/> Alle zuſammen bildeten einen Chorus, der zwar nicht<lb/> immer harmoniſch zuſammenſtimmte, und in den<lb/> Geſetzen des Silbenmaßes ſich bewegte; aber doch<lb/> den Helden, die auf dem Cothurne die Bühne<lb/> im tragiſchen Schritt beſchreiten, mit ſtarkem Zuruf<lb/> manche heilſame practiſche Lebensregel, manche gute<lb/> Wahrheit, die ihnen entfallen war, manchen nützli¬<lb/> chen Rath, den ſie verachtet hatten, wieder in's Ge¬<lb/> dächtniß brachte.</p><lb/> <p>Aber dieſer Chor, der ſich, längſt von der moder¬<lb/> nen Bühne vertrieben, — die ſtatt ſeiner die Vertrau¬<lb/> ten und die Kammerherren aufgenommen, — ſo unge¬<lb/> bethen wieder aufgedrungen, und die drey Einheiten<lb/> ohne die Rückſichten der feinen Lebensart, vorüber¬<lb/> gieng, wurde wenig dort beliebt, und nur eine Zeit<lb/> lang mit Ungeduld ertragen. Die grauſame Phili¬<lb/> ſterey, die an den teutſchen Höfen herrſcht, ver¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig">6<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [81/0089]
temberg gegen die Donau hin ertönten, wo die allge¬
meine Zeitung nicht unergötzlich den Markt von Plun¬
dersweiler bey ſich eröffnete, auf dem Käufer und
Verkäufer, Marktſchreyer und Zigeuner, wackere Leute
und alles Lumpenvolk ſich durcheinander treiben, je¬
doch Alles unter ſcharfer Polizey der Ortsobrigkeit;
dann vom Oberrheine, in lichten Geiſtesblitzen wetter¬
leuchtend, den Mayn hinauf laufend ſich ergoſſen,
und im Süden lauten Wuf erhoben; während der
ſtumme Norden ton- und klanglos lag, und allein
die freyen Städte, Bremen, nur einmal wankend
und zagend, und Hamburg, wo der Beobachter in
Maaß und Zahl die maaßloſe Zeit zu faſſen ſtrebte,
ſeine Ehre noch einigermaaßen zu retten ſich bemühten.
Alle zuſammen bildeten einen Chorus, der zwar nicht
immer harmoniſch zuſammenſtimmte, und in den
Geſetzen des Silbenmaßes ſich bewegte; aber doch
den Helden, die auf dem Cothurne die Bühne
im tragiſchen Schritt beſchreiten, mit ſtarkem Zuruf
manche heilſame practiſche Lebensregel, manche gute
Wahrheit, die ihnen entfallen war, manchen nützli¬
chen Rath, den ſie verachtet hatten, wieder in's Ge¬
dächtniß brachte.
Aber dieſer Chor, der ſich, längſt von der moder¬
nen Bühne vertrieben, — die ſtatt ſeiner die Vertrau¬
ten und die Kammerherren aufgenommen, — ſo unge¬
bethen wieder aufgedrungen, und die drey Einheiten
ohne die Rückſichten der feinen Lebensart, vorüber¬
gieng, wurde wenig dort beliebt, und nur eine Zeit
lang mit Ungeduld ertragen. Die grauſame Phili¬
ſterey, die an den teutſchen Höfen herrſcht, ver¬
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