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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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Da das ganze System darauf berechnet war, daß
nichts vorfallen werde, so ist nun, da wirklich etwas
vorgefallen, und noch ein Mehreres aus der Zukunft
droht, die bitterste Verlegenheit eingetreten, daß
nun wirklich einmal etwas geschehen muß. Man
hat eine Maschine eingerichtet, die sich wirklich
als ganz vortrefflich ausgewiesen, alle Hoffnun¬
gen blos durch ihre Unbeweglichkeit aufzureiben;
nun aber, wo eine Furcht gekommen, und sie einer
Absicht dienen soll, weigert sie gleichfalls tückisch jeden
Dienst, den man ihr anzusinnen versuchen wollte.
Indem man keinen, auch nicht den leisesten Gegensatz
zu binden gewußt, sondern alle Dissonanz so lange
anwachsen ließ, bis sie nicht mehr zu lösen war; in¬
dem man Alles zugelassen, was sich zugedrängt; alles
durcheinandergeschleppt, und in Halbheiten oberfläch¬
lich vermittelt hat, was sich innerlich ausschloß; hat
man nun, wo die Natur ergrimmt gegen den schwin¬
delerregenden Wirrwar aufgestanden, jedes Mittel sich
genommen, zu ihrer Besänftigung irgend eine durch¬
greifende Maaßregel vorzukehren. Jeder Verstand
wird von einem Unverstande aufgehoben, jede Kraft
von einer Gegenkraft verzehrt, jede Bewegung durch
eine antagonistische gehemmt; so muß alle Anstrengung
in unnützen Deliberationen zerfließen.

Wollte man, scheinbar sich anschließend an die histo¬
rische Parthey, etwa den dreyzehnten Artikel auf die
Herstellung der vorigen Corporationsstände, in der gan¬
zen Gebrechlichkeit der letzten Zeit ausdeuten, so wider¬
spricht dem, was im Verfassungswerke schon zum Be¬
stand gekommen, oder noch eben zu entstehen im Be¬

Da das ganze Syſtem darauf berechnet war, daß
nichts vorfallen werde, ſo iſt nun, da wirklich etwas
vorgefallen, und noch ein Mehreres aus der Zukunft
droht, die bitterſte Verlegenheit eingetreten, daß
nun wirklich einmal etwas geſchehen muß. Man
hat eine Maſchine eingerichtet, die ſich wirklich
als ganz vortrefflich ausgewieſen, alle Hoffnun¬
gen blos durch ihre Unbeweglichkeit aufzureiben;
nun aber, wo eine Furcht gekommen, und ſie einer
Abſicht dienen ſoll, weigert ſie gleichfalls tückiſch jeden
Dienſt, den man ihr anzuſinnen verſuchen wollte.
Indem man keinen, auch nicht den leiſeſten Gegenſatz
zu binden gewußt, ſondern alle Diſſonanz ſo lange
anwachſen ließ, bis ſie nicht mehr zu löſen war; in¬
dem man Alles zugelaſſen, was ſich zugedrängt; alles
durcheinandergeſchleppt, und in Halbheiten oberfläch¬
lich vermittelt hat, was ſich innerlich ausſchloß; hat
man nun, wo die Natur ergrimmt gegen den ſchwin¬
delerregenden Wirrwar aufgeſtanden, jedes Mittel ſich
genommen, zu ihrer Beſänftigung irgend eine durch¬
greifende Maaßregel vorzukehren. Jeder Verſtand
wird von einem Unverſtande aufgehoben, jede Kraft
von einer Gegenkraft verzehrt, jede Bewegung durch
eine antagoniſtiſche gehemmt; ſo muß alle Anſtrengung
in unnützen Deliberationen zerfließen.

Wollte man, ſcheinbar ſich anſchließend an die hiſto¬
riſche Parthey, etwa den dreyzehnten Artikel auf die
Herſtellung der vorigen Corporationsſtände, in der gan¬
zen Gebrechlichkeit der letzten Zeit ausdeuten, ſo wider¬
ſpricht dem, was im Verfaſſungswerke ſchon zum Be¬
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[122/0130] Da das ganze Syſtem darauf berechnet war, daß nichts vorfallen werde, ſo iſt nun, da wirklich etwas vorgefallen, und noch ein Mehreres aus der Zukunft droht, die bitterſte Verlegenheit eingetreten, daß nun wirklich einmal etwas geſchehen muß. Man hat eine Maſchine eingerichtet, die ſich wirklich als ganz vortrefflich ausgewieſen, alle Hoffnun¬ gen blos durch ihre Unbeweglichkeit aufzureiben; nun aber, wo eine Furcht gekommen, und ſie einer Abſicht dienen ſoll, weigert ſie gleichfalls tückiſch jeden Dienſt, den man ihr anzuſinnen verſuchen wollte. Indem man keinen, auch nicht den leiſeſten Gegenſatz zu binden gewußt, ſondern alle Diſſonanz ſo lange anwachſen ließ, bis ſie nicht mehr zu löſen war; in¬ dem man Alles zugelaſſen, was ſich zugedrängt; alles durcheinandergeſchleppt, und in Halbheiten oberfläch¬ lich vermittelt hat, was ſich innerlich ausſchloß; hat man nun, wo die Natur ergrimmt gegen den ſchwin¬ delerregenden Wirrwar aufgeſtanden, jedes Mittel ſich genommen, zu ihrer Beſänftigung irgend eine durch¬ greifende Maaßregel vorzukehren. Jeder Verſtand wird von einem Unverſtande aufgehoben, jede Kraft von einer Gegenkraft verzehrt, jede Bewegung durch eine antagoniſtiſche gehemmt; ſo muß alle Anſtrengung in unnützen Deliberationen zerfließen. Wollte man, ſcheinbar ſich anſchließend an die hiſto¬ riſche Parthey, etwa den dreyzehnten Artikel auf die Herſtellung der vorigen Corporationsſtände, in der gan¬ zen Gebrechlichkeit der letzten Zeit ausdeuten, ſo wider¬ ſpricht dem, was im Verfaſſungswerke ſchon zum Be¬ ſtand gekommen, oder noch eben zu entſtehen im Be¬

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/130>, abgerufen am 23.11.2024.