Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

De divisione rerum et qualitate.
gegebene juristische Begriff von Besitz ausser allem Zwei-
fel, und ich bemerke nur noch, daß die römischen Juri-
sten die Possession als eine rem facti betrachten 49), weil
die Detention sowohl, als auch die damit verbundene Ab-
sicht, die Sache für sich zu behalten, beyde factisch sind.
Daher irren Merenda 50) und Bachov 51), wenn sie
den Besitz als ein Recht ansehen, denn wenn gleich nachher
in Ansehung der Wirkungen, welche die Gesetze dem Besitze
beylegen, aus dem Rechte etwas hinzukommt, und daher
in dieser Rücksicht vom Papinian selbst gesagt wird, daß
die possessio nicht allein corporis sondern auch iuris sey 52);
so ist dieses doch dem Besitz an und für sich nicht eigen,
sondern es wird nur gleichsam aus dem Rechte entlehnt,
wie Papinian selbst dabey anmerkt 53), und de retes 54)
und cuperus 55) sehr gelehrt erläutert haben. Ich wer-
de hiervon bey §. 181. noch ausführlicher handeln. Uebri-
gens unterscheide man vom Besitze selbst das Recht zu
besitzen
, (ius habendi rei alicuius possessionem) denn
dies kann man haben, wenn man auch noch nicht im
Besitz ist, oder wenn man aus seinem Besitz vertrieben
worden ist 56). Es ist ein Theil oder natürliche Folge
der meisten dinglichen Rechte. Auch ist das Recht des

Be-
49) L. 1. §. 3. et 4. D. de acquir. vel amitt. possess. L. 19. D.
ex quib. caus. maior.
50) Ant. merenda Controv. iuris lib. II. cap. 18. sqq. et lib. XII.
cap.
29.
51) bachovius ad Treutlerum Vol. II. Disp. 21. Thes. 1.
litt. E.
52) L. 49. §. 1. D. de acquir. vel amitt. possess.
53) L. 49. princ. D. eod.
54) in Praelect. ad Tit. D. de acq. vel amitt. possess. P. I. cap. 2.
§. 1. 2. 3.
55) Observat. select. de natura possessionis P. I. Cap. 5.
56) L. 17. pr. D. de acquir. vel amitt. possess.

De diviſione rerum et qualitate.
gegebene juriſtiſche Begriff von Beſitz auſſer allem Zwei-
fel, und ich bemerke nur noch, daß die roͤmiſchen Juri-
ſten die Poſſeſſion als eine rem facti betrachten 49), weil
die Detention ſowohl, als auch die damit verbundene Ab-
ſicht, die Sache fuͤr ſich zu behalten, beyde factiſch ſind.
Daher irren Merenda 50) und Bachov 51), wenn ſie
den Beſitz als ein Recht anſehen, denn wenn gleich nachher
in Anſehung der Wirkungen, welche die Geſetze dem Beſitze
beylegen, aus dem Rechte etwas hinzukommt, und daher
in dieſer Ruͤckſicht vom Papinian ſelbſt geſagt wird, daß
die poſſeſſio nicht allein corporis ſondern auch iuris ſey 52);
ſo iſt dieſes doch dem Beſitz an und fuͤr ſich nicht eigen,
ſondern es wird nur gleichſam aus dem Rechte entlehnt,
wie Papinian ſelbſt dabey anmerkt 53), und de retes 54)
und cuperus 55) ſehr gelehrt erlaͤutert haben. Ich wer-
de hiervon bey §. 181. noch ausfuͤhrlicher handeln. Uebri-
gens unterſcheide man vom Beſitze ſelbſt das Recht zu
beſitzen
, (ius habendi rei alicuius poſſeſſionem) denn
dies kann man haben, wenn man auch noch nicht im
Beſitz iſt, oder wenn man aus ſeinem Beſitz vertrieben
worden iſt 56). Es iſt ein Theil oder natuͤrliche Folge
der meiſten dinglichen Rechte. Auch iſt das Recht des

Be-
49) L. 1. §. 3. et 4. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ. L. 19. D.
ex quib. cauſ. maior.
50) Ant. merenda Controv. iuris lib. II. cap. 18. ſqq. et lib. XII.
cap.
29.
51) bachovius ad Treutlerum Vol. II. Diſp. 21. Theſ. 1.
litt. E.
52) L. 49. §. 1. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ.
53) L. 49. princ. D. eod.
54) in Praelect. ad Tit. D. de acq. vel amitt. poſſeſſ. P. I. cap. 2.
§. 1. 2. 3.
55) Obſervat. ſelect. de natura poſſeſſionis P. I. Cap. 5.
56) L. 17. pr. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0523" n="509"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">De divi&#x017F;ione rerum et qualitate.</hi></fw><lb/>
gegebene juri&#x017F;ti&#x017F;che Begriff von <hi rendition="#g">Be&#x017F;itz</hi> au&#x017F;&#x017F;er allem Zwei-<lb/>
fel, und ich bemerke nur noch, daß die ro&#x0364;mi&#x017F;chen Juri-<lb/>
&#x017F;ten die Po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ion als eine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">rem facti</hi></hi> betrachten <note place="foot" n="49)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1. <hi rendition="#i">§.</hi> 3. <hi rendition="#i">et</hi> 4. <hi rendition="#i">D. de acquir. vel amitt. po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;. L.</hi> 19. <hi rendition="#i">D.<lb/>
ex quib. cau&#x017F;. maior.</hi></hi></note>, weil<lb/>
die Detention &#x017F;owohl, als auch die damit verbundene Ab-<lb/>
&#x017F;icht, die Sache fu&#x0364;r &#x017F;ich zu behalten, beyde facti&#x017F;ch &#x017F;ind.<lb/>
Daher irren <hi rendition="#fr">Merenda</hi> <note place="foot" n="50)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ant.</hi><hi rendition="#k">merenda</hi> Controv. iuris lib. II. cap. 18. &#x017F;qq. et lib. XII.<lb/>
cap.</hi> 29.</note> und <hi rendition="#fr">Bachov</hi> <note place="foot" n="51)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">bachovius</hi> ad Treutlerum Vol. II. Di&#x017F;p. 21. The&#x017F;. 1.<lb/>
litt. E.</hi></note>, wenn &#x017F;ie<lb/>
den Be&#x017F;itz als ein Recht an&#x017F;ehen, denn wenn gleich nachher<lb/>
in An&#x017F;ehung der Wirkungen, welche die Ge&#x017F;etze dem Be&#x017F;itze<lb/>
beylegen, aus dem Rechte etwas hinzukommt, und daher<lb/>
in die&#x017F;er Ru&#x0364;ck&#x017F;icht vom <hi rendition="#fr">Papinian</hi> &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;agt wird, daß<lb/>
die <hi rendition="#aq">po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;io</hi> nicht allein <hi rendition="#aq">corporis</hi> &#x017F;ondern auch <hi rendition="#aq">iuris</hi> &#x017F;ey <note place="foot" n="52)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 49. <hi rendition="#i">§.</hi> 1. <hi rendition="#i">D. de acquir. vel amitt. po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;.</hi></hi></note>;<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es doch dem Be&#x017F;itz an und fu&#x0364;r &#x017F;ich nicht eigen,<lb/>
&#x017F;ondern es wird nur gleich&#x017F;am aus dem Rechte entlehnt,<lb/>
wie <hi rendition="#fr">Papinian</hi> &#x017F;elb&#x017F;t dabey anmerkt <note place="foot" n="53)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 49. <hi rendition="#i">princ. D. eod.</hi></hi></note>, und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">de</hi><hi rendition="#k">retes</hi></hi> <note place="foot" n="54)"><hi rendition="#aq">in Praelect. ad Tit. D. de acq. vel amitt. po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;. P. I. cap.</hi> 2.<lb/>
§. 1. 2. 3.</note><lb/>
und <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">cuperus</hi></hi> <note place="foot" n="55)"><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervat. &#x017F;elect. de natura po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ionis P. I. Cap.</hi> 5.</note> &#x017F;ehr gelehrt erla&#x0364;utert haben. Ich wer-<lb/>
de hiervon bey §. 181. noch ausfu&#x0364;hrlicher handeln. Uebri-<lb/>
gens unter&#x017F;cheide man vom Be&#x017F;itze &#x017F;elb&#x017F;t das <hi rendition="#g">Recht zu<lb/>
be&#x017F;itzen</hi>, (<hi rendition="#aq">ius habendi rei alicuius po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ionem</hi>) denn<lb/>
dies kann man haben, wenn man auch noch nicht im<lb/>
Be&#x017F;itz i&#x017F;t, oder wenn man aus &#x017F;einem Be&#x017F;itz vertrieben<lb/>
worden i&#x017F;t <note place="foot" n="56)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 17. <hi rendition="#i">pr. D. de acquir. vel amitt. po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;.</hi></hi></note>. Es i&#x017F;t ein Theil oder natu&#x0364;rliche Folge<lb/>
der mei&#x017F;ten dinglichen Rechte. Auch i&#x017F;t das <hi rendition="#g">Recht des</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">Be-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[509/0523] De diviſione rerum et qualitate. gegebene juriſtiſche Begriff von Beſitz auſſer allem Zwei- fel, und ich bemerke nur noch, daß die roͤmiſchen Juri- ſten die Poſſeſſion als eine rem facti betrachten 49), weil die Detention ſowohl, als auch die damit verbundene Ab- ſicht, die Sache fuͤr ſich zu behalten, beyde factiſch ſind. Daher irren Merenda 50) und Bachov 51), wenn ſie den Beſitz als ein Recht anſehen, denn wenn gleich nachher in Anſehung der Wirkungen, welche die Geſetze dem Beſitze beylegen, aus dem Rechte etwas hinzukommt, und daher in dieſer Ruͤckſicht vom Papinian ſelbſt geſagt wird, daß die poſſeſſio nicht allein corporis ſondern auch iuris ſey 52); ſo iſt dieſes doch dem Beſitz an und fuͤr ſich nicht eigen, ſondern es wird nur gleichſam aus dem Rechte entlehnt, wie Papinian ſelbſt dabey anmerkt 53), und de retes 54) und cuperus 55) ſehr gelehrt erlaͤutert haben. Ich wer- de hiervon bey §. 181. noch ausfuͤhrlicher handeln. Uebri- gens unterſcheide man vom Beſitze ſelbſt das Recht zu beſitzen, (ius habendi rei alicuius poſſeſſionem) denn dies kann man haben, wenn man auch noch nicht im Beſitz iſt, oder wenn man aus ſeinem Beſitz vertrieben worden iſt 56). Es iſt ein Theil oder natuͤrliche Folge der meiſten dinglichen Rechte. Auch iſt das Recht des Be- 49) L. 1. §. 3. et 4. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ. L. 19. D. ex quib. cauſ. maior. 50) Ant. merenda Controv. iuris lib. II. cap. 18. ſqq. et lib. XII. cap. 29. 51) bachovius ad Treutlerum Vol. II. Diſp. 21. Theſ. 1. litt. E. 52) L. 49. §. 1. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ. 53) L. 49. princ. D. eod. 54) in Praelect. ad Tit. D. de acq. vel amitt. poſſeſſ. P. I. cap. 2. §. 1. 2. 3. 55) Obſervat. ſelect. de natura poſſeſſionis P. I. Cap. 5. 56) L. 17. pr. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/523
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/523>, abgerufen am 21.11.2024.