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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 8. Tit. §. 180.
Besitzers an der innehabenden Sache von dem
Besitz wohl zu unterscheiden. Hierher gehört die Stelle
des Venulejus lib. I. Interdictorum 57): Permisceri
causas possessionis et ususfructus non oportet: quem-
admodum nec possessio et proprietas misceri debent.
Namque (i. e. Nam neque) impediri possessionem, si
alius fruatur: neque alterius fructum computari, si
alter possideat.
Recht und Besitz ist also immer zweyer-
ley. Daher ist es nichts widersprechendes, daß dem ei-
nem der Besitz, der Nießbrauch, oder Eigenthum aber ei-
nem andern zustehet. Eben dies bestärkt auch Ulpian
lib. 76. ad Edictum *): Differentia inter dominium et
possessionem haec est, quod dominium nihilominus
eius manet, qui dominus esse non vult; possessio au-
tem recedit, ut quisque constituit nolle possidere.

§. 180.
Was ist natürlicher und was ist bürgerlicher Besitz
nach dem Sprachgebrauch der römischen Rechtsgelehrten?

Der Besitz wird nun in unsern Gesetzen in den na-
türlichen
und bürgerlichen (possessio naturalis et
civilis
) eingetheilt. Eine Eintheilung, die zwar von den
wichtigsten Folgen ist, bey deren Erklärung aber doch
die Ideen der Rechtsausleger so abweichend von einander
sind, daß diese Lehre eine der schwersten und subtilsten
in dem System unsers Civilrechts ist. Wir wollen zu-
förderst nur einige unserer vorzüglichsten Civilisten hierü-
ber hören. Einige 58) sehen bey Bestimmung des Unter-

schieds
57) L. 52. pr. D. eodem.
*) L. 17. §. 1. D. de acq. vel amitt. poss.
58) Nettelbladt in System. element. iurisprud. positiv,
Germ. commun.
§. 508. Höpfner im Commentar über die
Institutionen §. 282. Eichmann in den Erklärungen des
bürgerlichen Rechts IV. Th. S. 254.

1. Buch. 8. Tit. §. 180.
Beſitzers an der innehabenden Sache von dem
Beſitz wohl zu unterſcheiden. Hierher gehoͤrt die Stelle
des Venulejus lib. I. Interdictorum 57): Permisceri
cauſas poſſeſſionis et uſusfructus non oportet: quem-
admodum nec poſſeſſio et proprietas miſceri debent.
Namque (i. e. Nam neque) impediri poſſeſſionem, ſi
alius fruatur: neque alterius fructum computari, ſi
alter poſſideat.
Recht und Beſitz iſt alſo immer zweyer-
ley. Daher iſt es nichts widerſprechendes, daß dem ei-
nem der Beſitz, der Nießbrauch, oder Eigenthum aber ei-
nem andern zuſtehet. Eben dies beſtaͤrkt auch Ulpian
lib. 76. ad Edictum *): Differentia inter dominium et
poſſeſſionem haec eſt, quod dominium nihilominus
eius manet, qui dominus eſſe non vult; poſſeſſio au-
tem recedit, ut quisque conſtituit nolle poſſidere.

§. 180.
Was iſt natuͤrlicher und was iſt buͤrgerlicher Beſitz
nach dem Sprachgebrauch der roͤmiſchen Rechtsgelehrten?

Der Beſitz wird nun in unſern Geſetzen in den na-
tuͤrlichen
und buͤrgerlichen (poſſeſſio naturalis et
civilis
) eingetheilt. Eine Eintheilung, die zwar von den
wichtigſten Folgen iſt, bey deren Erklaͤrung aber doch
die Ideen der Rechtsausleger ſo abweichend von einander
ſind, daß dieſe Lehre eine der ſchwerſten und ſubtilſten
in dem Syſtem unſers Civilrechts iſt. Wir wollen zu-
foͤrderſt nur einige unſerer vorzuͤglichſten Civiliſten hieruͤ-
ber hoͤren. Einige 58) ſehen bey Beſtimmung des Unter-

ſchieds
57) L. 52. pr. D. eodem.
*) L. 17. §. 1. D. de acq. vel amitt. poſſ.
58) Nettelbladt in Syſtem. element. iurisprud. poſitiv,
Germ. commun.
§. 508. Hoͤpfner im Commentar uͤber die
Inſtitutionen §. 282. Eichmann in den Erklaͤrungen des
buͤrgerlichen Rechts IV. Th. S. 254.
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[510/0524] 1. Buch. 8. Tit. §. 180. Beſitzers an der innehabenden Sache von dem Beſitz wohl zu unterſcheiden. Hierher gehoͤrt die Stelle des Venulejus lib. I. Interdictorum 57): Permisceri cauſas poſſeſſionis et uſusfructus non oportet: quem- admodum nec poſſeſſio et proprietas miſceri debent. Namque (i. e. Nam neque) impediri poſſeſſionem, ſi alius fruatur: neque alterius fructum computari, ſi alter poſſideat. Recht und Beſitz iſt alſo immer zweyer- ley. Daher iſt es nichts widerſprechendes, daß dem ei- nem der Beſitz, der Nießbrauch, oder Eigenthum aber ei- nem andern zuſtehet. Eben dies beſtaͤrkt auch Ulpian lib. 76. ad Edictum *): Differentia inter dominium et poſſeſſionem haec eſt, quod dominium nihilominus eius manet, qui dominus eſſe non vult; poſſeſſio au- tem recedit, ut quisque conſtituit nolle poſſidere. §. 180. Was iſt natuͤrlicher und was iſt buͤrgerlicher Beſitz nach dem Sprachgebrauch der roͤmiſchen Rechtsgelehrten? Der Beſitz wird nun in unſern Geſetzen in den na- tuͤrlichen und buͤrgerlichen (poſſeſſio naturalis et civilis) eingetheilt. Eine Eintheilung, die zwar von den wichtigſten Folgen iſt, bey deren Erklaͤrung aber doch die Ideen der Rechtsausleger ſo abweichend von einander ſind, daß dieſe Lehre eine der ſchwerſten und ſubtilſten in dem Syſtem unſers Civilrechts iſt. Wir wollen zu- foͤrderſt nur einige unſerer vorzuͤglichſten Civiliſten hieruͤ- ber hoͤren. Einige 58) ſehen bey Beſtimmung des Unter- ſchieds 57) L. 52. pr. D. eodem. *) L. 17. §. 1. D. de acq. vel amitt. poſſ. 58) Nettelbladt in Syſtem. element. iurisprud. poſitiv, Germ. commun. §. 508. Hoͤpfner im Commentar uͤber die Inſtitutionen §. 282. Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts IV. Th. S. 254.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/524>, abgerufen am 24.11.2024.