Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.de Constitutionibus Principum. statt 79). Zudem macht ja die Ertheilung und Anneh-mung eines graziösen Privilegiums wohl ohnstreitig einen Vertrag aus. Verträge müssen aber dem Staat eben sowohl als seinen Bürgern heilig seyn 80). Zwar kommt ein graziöses Privilegium mit einem Precarium darin überein, daß beydes eine Art der Freygebigkeit ist, so aus Gunst gegen Jemanden ausgeübt wird 81). Allein die Widerruflichkeit unterscheidet das Precarium deutlich ge- nug von einer Schenkung, die an sich unwiderruflich ist. Meiner Meinung nach kommt es bey der obigen Frage darauf an, ob sich der Ertheiler des Privilegiums den Widerruf vorbehalten habe, oder nicht. Ist ersteres, wel- ches durch die Clauseln: auf Wohlgefallen, bis auf Widerruf, bis auf weitere Verfügung, oder der uns, unsern Erben und Nachkommen zustehenden Macht zu mindern oder gar aufzuheben, vorbehältlich, zu erkennen gegeben wird, so kann dergleichen Privilegium nach dem Wohlgefallen des Ertheilers zu aller Zeit wi- derrufen werden. Denn ein solches Privilegium nimmt die Natur eines Precarium an. So wie jedoch ein Pre- carium nicht gleich mit dem Tode dessen, der etwas auf diese Art gegeben hat, aufhört 82), so ist ein gleiches auch 79) Ganz recht sagt daher gundling in Iure Naturae et Gent. cap. XII. §. 45. gratuita privilegia libere quidem promittuntur, sed postquam promissa, valide sunt servanda. 80) gebauer in Diss. de privilegiis §. 19. Struben rechtli- che Bedenken 2. Th. Bd 80. 81) L. 1. D. de preeario sagt: Precarium est quidem genus li- beralitatis, sed distat a donatione, eo, quod, qui donat, sic dat, ne recipiat; at qui precario concedit, sic dat, quasi tunc recepturus, cum sibi libuerit precarium solvere. 82) L. 8. §. 1. L. 12. §. 1. D. de precario.
de Conſtitutionibus Principum. ſtatt 79). Zudem macht ja die Ertheilung und Anneh-mung eines grazioͤſen Privilegiums wohl ohnſtreitig einen Vertrag aus. Vertraͤge muͤſſen aber dem Staat eben ſowohl als ſeinen Buͤrgern heilig ſeyn 80). Zwar kommt ein grazioͤſes Privilegium mit einem Precarium darin uͤberein, daß beydes eine Art der Freygebigkeit iſt, ſo aus Gunſt gegen Jemanden ausgeuͤbt wird 81). Allein die Widerruflichkeit unterſcheidet das Precarium deutlich ge- nug von einer Schenkung, die an ſich unwiderruflich iſt. Meiner Meinung nach kommt es bey der obigen Frage darauf an, ob ſich der Ertheiler des Privilegiums den Widerruf vorbehalten habe, oder nicht. Iſt erſteres, wel- ches durch die Clauſeln: auf Wohlgefallen, bis auf Widerruf, bis auf weitere Verfuͤgung, oder der uns, unſern Erben und Nachkommen zuſtehenden Macht zu mindern oder gar aufzuheben, vorbehaͤltlich, zu erkennen gegeben wird, ſo kann dergleichen Privilegium nach dem Wohlgefallen des Ertheilers zu aller Zeit wi- derrufen werden. Denn ein ſolches Privilegium nimmt die Natur eines Precarium an. So wie jedoch ein Pre- carium nicht gleich mit dem Tode deſſen, der etwas auf dieſe Art gegeben hat, aufhoͤrt 82), ſo iſt ein gleiches auch 79) Ganz recht ſagt daher gundling in Iure Naturae et Gent. cap. XII. §. 45. gratuita privilegia libere quidem promittuntur, ſed poſtquam promiſſa, valide ſunt ſervanda. 80) gebauer in Diſſ. de privilegiis §. 19. Struben rechtli- che Bedenken 2. Th. Bd 80. 81) L. 1. D. de preeario ſagt: Precarium eſt quidem genus li- beralitatis, ſed diſtat a donatione, eo, quod, qui donat, ſic dat, ne recipiat; at qui precario concedit, ſic dat, quaſi tunc recepturus, cum ſibi libuerit precarium ſolvere. 82) L. 8. §. 1. L. 12. §. 1. D. de precario.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0045" n="31"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Conſtitutionibus Principum.</hi></fw><lb/> ſtatt <note place="foot" n="79)">Ganz recht ſagt daher <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">gundling</hi> in Iure Naturae et Gent.<lb/> cap. XII. §. 45. <hi rendition="#i">gratuita privilegia libere quidem promittuntur,<lb/> ſed poſtquam promiſſa, valide ſunt ſervanda.</hi></hi></note>. Zudem macht ja die Ertheilung und Anneh-<lb/> mung eines grazioͤſen Privilegiums wohl ohnſtreitig einen<lb/> Vertrag aus. Vertraͤge muͤſſen aber dem Staat eben<lb/> ſowohl als ſeinen Buͤrgern heilig ſeyn <note place="foot" n="80)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">gebauer</hi> in Diſſ. de privilegiis</hi> §. 19. <hi rendition="#g">Struben</hi> rechtli-<lb/> che Bedenken 2. Th. Bd 80.</note>. Zwar kommt<lb/> ein grazioͤſes Privilegium mit einem Precarium darin<lb/> uͤberein, daß beydes eine Art der Freygebigkeit iſt, ſo aus<lb/> Gunſt gegen Jemanden ausgeuͤbt wird <note place="foot" n="81)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L. 1. D. de preeario</hi></hi> ſagt: <hi rendition="#aq">Precarium eſt quidem genus li-<lb/> beralitatis, ſed diſtat a <hi rendition="#g">donatione</hi>, eo, quod, qui donat,<lb/> ſic dat, ne recipiat; at qui precario concedit, ſic dat, quaſi<lb/> tunc recepturus, cum ſibi libuerit precarium ſolvere.</hi></note>. Allein die<lb/> Widerruflichkeit unterſcheidet das Precarium deutlich ge-<lb/> nug von einer Schenkung, die an ſich unwiderruflich iſt.<lb/> Meiner Meinung nach kommt es bey der obigen Frage<lb/> darauf an, ob ſich der Ertheiler des Privilegiums den<lb/> Widerruf vorbehalten habe, oder nicht. Iſt erſteres, wel-<lb/> ches durch die Clauſeln: <hi rendition="#fr">auf Wohlgefallen, bis auf<lb/> Widerruf, bis auf weitere Verfuͤgung,</hi> oder <hi rendition="#fr">der uns,<lb/> unſern Erben und Nachkommen zuſtehenden Macht<lb/> zu mindern oder gar aufzuheben, vorbehaͤltlich,</hi> zu<lb/> erkennen gegeben wird, ſo kann dergleichen Privilegium<lb/> nach dem Wohlgefallen des Ertheilers zu aller Zeit wi-<lb/> derrufen werden. Denn ein ſolches Privilegium nimmt<lb/> die Natur eines Precarium an. So wie jedoch ein Pre-<lb/> carium nicht gleich mit dem Tode deſſen, der etwas auf<lb/> dieſe Art gegeben hat, aufhoͤrt <note place="foot" n="82)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L. 8. §. 1. L. 12. §. 1. D. de precario.</hi></hi></note>, ſo iſt ein gleiches<lb/> <fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0045]
de Conſtitutionibus Principum.
ſtatt 79). Zudem macht ja die Ertheilung und Anneh-
mung eines grazioͤſen Privilegiums wohl ohnſtreitig einen
Vertrag aus. Vertraͤge muͤſſen aber dem Staat eben
ſowohl als ſeinen Buͤrgern heilig ſeyn 80). Zwar kommt
ein grazioͤſes Privilegium mit einem Precarium darin
uͤberein, daß beydes eine Art der Freygebigkeit iſt, ſo aus
Gunſt gegen Jemanden ausgeuͤbt wird 81). Allein die
Widerruflichkeit unterſcheidet das Precarium deutlich ge-
nug von einer Schenkung, die an ſich unwiderruflich iſt.
Meiner Meinung nach kommt es bey der obigen Frage
darauf an, ob ſich der Ertheiler des Privilegiums den
Widerruf vorbehalten habe, oder nicht. Iſt erſteres, wel-
ches durch die Clauſeln: auf Wohlgefallen, bis auf
Widerruf, bis auf weitere Verfuͤgung, oder der uns,
unſern Erben und Nachkommen zuſtehenden Macht
zu mindern oder gar aufzuheben, vorbehaͤltlich, zu
erkennen gegeben wird, ſo kann dergleichen Privilegium
nach dem Wohlgefallen des Ertheilers zu aller Zeit wi-
derrufen werden. Denn ein ſolches Privilegium nimmt
die Natur eines Precarium an. So wie jedoch ein Pre-
carium nicht gleich mit dem Tode deſſen, der etwas auf
dieſe Art gegeben hat, aufhoͤrt 82), ſo iſt ein gleiches
auch
79) Ganz recht ſagt daher gundling in Iure Naturae et Gent.
cap. XII. §. 45. gratuita privilegia libere quidem promittuntur,
ſed poſtquam promiſſa, valide ſunt ſervanda.
80) gebauer in Diſſ. de privilegiis §. 19. Struben rechtli-
che Bedenken 2. Th. Bd 80.
81) L. 1. D. de preeario ſagt: Precarium eſt quidem genus li-
beralitatis, ſed diſtat a donatione, eo, quod, qui donat,
ſic dat, ne recipiat; at qui precario concedit, ſic dat, quaſi
tunc recepturus, cum ſibi libuerit precarium ſolvere.
82) L. 8. §. 1. L. 12. §. 1. D. de precario.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |