Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.de Constitutionibus Principum. daß nämlich der eine Privilegirte bey dem im Streit be-fangenen Geschäfte Vortheil zu erlangen der andere aber Schaden abzuwenden trachte. Allein bey näherer Prüfung des gedachten Fragments zeigt sich deutlich ge- nug, daß es so wenig dem Ulpian als dem Pomponius eingefallen, die unterbleibende Anwendung der Privilegien im Collisionsfall zur Regel zu machen, vielmehr erklärt sich erster ausdrücklich dahin, daß stets das Privilegium der einen Parthey in Ausübung kommen müsse, und zwar derjenigen, die aus dem Geschäft Schaden erlitten; und selbst in dem Fall, wenn beyde Partheyen durch Aus- übung ihrer Rechtswohlthat Schaden von sich abzuwen- den suchen, also beyde in pari causa sich befinden, stim- men Ulpian und Pomponius darin überein, daß sodann der Minderjährige in den vorigen Stand zu se- tzen sey, der etwas von dem andern empfangen, ohne es zu seinem Nutzen zu verwenden 46). Um 46) Man glaubt zwar, nach der gewöhnlichen Vorstellungsart, daß in dem Fall, si ambo capti sunt, keiner von beiden resti- tuirt werden könne. Selbst Cujaz dachte so, welcher daher in Comment. ad Tit. Dig. de minoribus Tom. II. Operum (Ha- noviae 1602.) S. 169 sich folgendermaßen erklärt: Si uter- que captus sit, cessant Praetoris partes, et vero si minor mi- nori crediderit, et is pecuniam statim perdiderit, satius est, rem a Praetore intactam relinqui, ne dum vult uni subvenire, in alterum iniurius esse videatur: quoniam et is, qui accepit, captus est propterea, quod pecuniam amisit, et is, qui dedit, propter exceptionem aetatis. Quare neutri restitutione data, melior erit causa eius, qui accepit, et consumsit. Allein schon Anton Faber erinnerte dagegen in seinen Rationalibus ad Pandect. ad L. 11. §. 6. D. de minorib. sehr gründlich: male dici in hoc casu, a praetore rem intactam relinqui: nam non potest fieri, sagt er, ut non teneatur is, qui pecuniam accepit, licet Glücks Erläut. d. Pand. 2. Th. B
de Conſtitutionibus Principum. daß naͤmlich der eine Privilegirte bey dem im Streit be-fangenen Geſchaͤfte Vortheil zu erlangen der andere aber Schaden abzuwenden trachte. Allein bey naͤherer Pruͤfung des gedachten Fragments zeigt ſich deutlich ge- nug, daß es ſo wenig dem Ulpian als dem Pomponius eingefallen, die unterbleibende Anwendung der Privilegien im Colliſionsfall zur Regel zu machen, vielmehr erklaͤrt ſich erſter ausdruͤcklich dahin, daß ſtets das Privilegium der einen Parthey in Ausuͤbung kommen muͤſſe, und zwar derjenigen, die aus dem Geſchaͤft Schaden erlitten; und ſelbſt in dem Fall, wenn beyde Partheyen durch Aus- uͤbung ihrer Rechtswohlthat Schaden von ſich abzuwen- den ſuchen, alſo beyde in pari cauſa ſich befinden, ſtim- men Ulpian und Pomponius darin uͤberein, daß ſodann der Minderjaͤhrige in den vorigen Stand zu ſe- tzen ſey, der etwas von dem andern empfangen, ohne es zu ſeinem Nutzen zu verwenden 46). Um 46) Man glaubt zwar, nach der gewoͤhnlichen Vorſtellungsart, daß in dem Fall, ſi ambo capti ſunt, keiner von beiden reſti- tuirt werden koͤnne. Selbſt Cujaz dachte ſo, welcher daher in Comment. ad Tit. Dig. de minoribus Tom. II. Operum (Ha- noviae 1602.) S. 169 ſich folgendermaßen erklaͤrt: Si uter- que captus ſit, ceſſant Praetoris partes, et vero ſi minor mi- nori crediderit, et is pecuniam ſtatim perdiderit, ſatius eſt, rem a Praetore intactam relinqui, ne dum vult uni ſubvenire, in alterum iniurius eſſe videatur: quoniam et is, qui accepit, captus eſt propterea, quod pecuniam amiſit, et is, qui dedit, propter exceptionem aetatis. Quare neutri reſtitutione data, melior erit cauſa eius, qui accepit, et conſumſit. Allein ſchon Anton Faber erinnerte dagegen in ſeinen Rationalibus ad Pandect. ad L. 11. §. 6. D. de minorib. ſehr gruͤndlich: male dici in hoc caſu, a praetore rem intactam relinqui: nam non poteſt fieri, ſagt er, ut non teneatur is, qui pecuniam accepit, licet Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. B
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de Conſtitutionibus Principum.
daß naͤmlich der eine Privilegirte bey dem im Streit be-
fangenen Geſchaͤfte Vortheil zu erlangen der andere
aber Schaden abzuwenden trachte. Allein bey naͤherer
Pruͤfung des gedachten Fragments zeigt ſich deutlich ge-
nug, daß es ſo wenig dem Ulpian als dem Pomponius
eingefallen, die unterbleibende Anwendung der Privilegien
im Colliſionsfall zur Regel zu machen, vielmehr erklaͤrt
ſich erſter ausdruͤcklich dahin, daß ſtets das Privilegium
der einen Parthey in Ausuͤbung kommen muͤſſe, und
zwar derjenigen, die aus dem Geſchaͤft Schaden erlitten;
und ſelbſt in dem Fall, wenn beyde Partheyen durch Aus-
uͤbung ihrer Rechtswohlthat Schaden von ſich abzuwen-
den ſuchen, alſo beyde in pari cauſa ſich befinden, ſtim-
men Ulpian und Pomponius darin uͤberein, daß ſodann
der Minderjaͤhrige in den vorigen Stand zu ſe-
tzen ſey, der etwas von dem andern empfangen, ohne
es zu ſeinem Nutzen zu verwenden 46).
Um
46) Man glaubt zwar, nach der gewoͤhnlichen Vorſtellungsart,
daß in dem Fall, ſi ambo capti ſunt, keiner von beiden reſti-
tuirt werden koͤnne. Selbſt Cujaz dachte ſo, welcher daher
in Comment. ad Tit. Dig. de minoribus Tom. II. Operum (Ha-
noviae 1602.) S. 169 ſich folgendermaßen erklaͤrt: Si uter-
que captus ſit, ceſſant Praetoris partes, et vero ſi minor mi-
nori crediderit, et is pecuniam ſtatim perdiderit, ſatius eſt,
rem a Praetore intactam relinqui, ne dum vult uni ſubvenire,
in alterum iniurius eſſe videatur: quoniam et is, qui accepit,
captus eſt propterea, quod pecuniam amiſit, et is, qui dedit,
propter exceptionem aetatis. Quare neutri reſtitutione data,
melior erit cauſa eius, qui accepit, et conſumſit. Allein ſchon
Anton Faber erinnerte dagegen in ſeinen Rationalibus ad
Pandect. ad L. 11. §. 6. D. de minorib. ſehr gruͤndlich: male
dici in hoc caſu, a praetore rem intactam relinqui: nam non
poteſt fieri, ſagt er, ut non teneatur is, qui pecuniam accepit,
licet
Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. B
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