Um jedoch nun zur Bestimmung derjenigen Grund- sätze, aus welchen die Concurrenz der Privilegien zu be- urtheilen ist, näher zu schreiten, so wird es, um allen Mißverstand zu vermeiden, nöthig seyn, die speciellen, oder eigentlich so genannte Privilegien, von den ge- nerellen oder den besondern Rechten zu unter- scheiden. Wenn demnach der Landesherr mehrern Indi- viduen gleiche Privilegien ertheilet hat, so sind es entwe- der solche, die neben einander ausgeübt werden können, ohne sich in ihrer Anwendung hinderlich zu seyn, oder es sind die Privilegien von der Art, daß die Ausübung des einen Privilegiums mit der Ausübung des andern nicht bestehen kann. Im erstern Fall verbleiben beyde Privilegien in ihrer Kraft, und kann kein ius commune eintreten. Keiner der Privilegirten kann und darf in diesem Fall den andern, der ein gleiches Privilegium hat, verhindern, sich desselben zu bedienen. Gesetzt also, Ca- jus hat in einer Stadt das Recht erlangt, eine Apotheke zu halten, Titius erhält hierauf ein gleiches Privilegium. Hier sind beyde Privilegien von der Art, daß sie sich in ihrer Ausübung nicht im Wege stehen, folglich bleiben sie beyde in ihrer Kraft, und keiner kann dem andern die rechtmäsige Ausübung seines Privilegiums verwehren. Wenn nun aber, welches der andere Fall ist, unter meh-
rern
licet eam consumserit, si non ei succurratur per restitutionem. Wem sonst, als seiner Restitutionswohlthat hat es also in diesem Fall der minderjährige Beklagte zu verdanken, daß er von der Verbindlichkeit, das empfangene Geld zu erstat- ten, frey ist? Denn nach dem strengen Recht müßte er al- lerdings bezahlen. L. 43. D. de Obligat. et Action. L. 101. D. de Verb. Obligat. S. Io. Guil.marckart Interpretat. receptarum iuris civ. lectionum Lib. I. cap. 21. Marc. lyck- lamaanyholtMembranar. lib. VII. Eclog. 15. und Frid. behmer novum Ius Controvers. Tom. I. Obs. 47. S. 313. ff.
1. Buch. 4. Tit. §. 105.
Um jedoch nun zur Beſtimmung derjenigen Grund- ſaͤtze, aus welchen die Concurrenz der Privilegien zu be- urtheilen iſt, naͤher zu ſchreiten, ſo wird es, um allen Mißverſtand zu vermeiden, noͤthig ſeyn, die ſpeciellen, oder eigentlich ſo genannte Privilegien, von den ge- nerellen oder den beſondern Rechten zu unter- ſcheiden. Wenn demnach der Landesherr mehrern Indi- viduen gleiche Privilegien ertheilet hat, ſo ſind es entwe- der ſolche, die neben einander ausgeuͤbt werden koͤnnen, ohne ſich in ihrer Anwendung hinderlich zu ſeyn, oder es ſind die Privilegien von der Art, daß die Ausuͤbung des einen Privilegiums mit der Ausuͤbung des andern nicht beſtehen kann. Im erſtern Fall verbleiben beyde Privilegien in ihrer Kraft, und kann kein ius commune eintreten. Keiner der Privilegirten kann und darf in dieſem Fall den andern, der ein gleiches Privilegium hat, verhindern, ſich deſſelben zu bedienen. Geſetzt alſo, Ca- jus hat in einer Stadt das Recht erlangt, eine Apotheke zu halten, Titius erhaͤlt hierauf ein gleiches Privilegium. Hier ſind beyde Privilegien von der Art, daß ſie ſich in ihrer Ausuͤbung nicht im Wege ſtehen, folglich bleiben ſie beyde in ihrer Kraft, und keiner kann dem andern die rechtmaͤſige Ausuͤbung ſeines Privilegiums verwehren. Wenn nun aber, welches der andere Fall iſt, unter meh-
rern
licet eam conſumſerit, ſi non ei ſuccurratur per reſtitutionem. Wem ſonſt, als ſeiner Reſtitutionswohlthat hat es alſo in dieſem Fall der minderjaͤhrige Beklagte zu verdanken, daß er von der Verbindlichkeit, das empfangene Geld zu erſtat- ten, frey iſt? Denn nach dem ſtrengen Recht muͤßte er al- lerdings bezahlen. L. 43. D. de Obligat. et Action. L. 101. D. de Verb. Obligat. S. Io. Guil.marckart Interpretat. receptarum iuris civ. lectionum Lib. I. cap. 21. Marc. lyck- lamaànyholtMembranar. lib. VII. Eclog. 15. und Frid. behmer novum Ius Controverſ. Tom. I. Obſ. 47. S. 313. ff.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0032"n="18"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#fr">1. Buch. 4. Tit. §. 105.</hi></fw><lb/><p>Um jedoch nun zur Beſtimmung derjenigen Grund-<lb/>ſaͤtze, aus welchen die Concurrenz der Privilegien zu be-<lb/>
urtheilen iſt, naͤher zu ſchreiten, ſo wird es, um allen<lb/>
Mißverſtand zu vermeiden, noͤthig ſeyn, die <hirendition="#g">ſpeciellen</hi>,<lb/>
oder eigentlich ſo genannte <hirendition="#g">Privilegien</hi>, von den <hirendition="#g">ge-<lb/>
nerellen</hi> oder den <hirendition="#g">beſondern Rechten</hi> zu unter-<lb/>ſcheiden. Wenn demnach der Landesherr mehrern Indi-<lb/>
viduen gleiche Privilegien ertheilet hat, ſo ſind es entwe-<lb/>
der ſolche, die neben einander ausgeuͤbt werden koͤnnen,<lb/>
ohne ſich in ihrer Anwendung hinderlich zu ſeyn, oder<lb/>
es ſind die Privilegien von der Art, daß die Ausuͤbung<lb/>
des einen Privilegiums mit der Ausuͤbung des andern<lb/>
nicht beſtehen kann. Im erſtern Fall verbleiben beyde<lb/>
Privilegien in ihrer Kraft, und kann kein <hirendition="#aq">ius commune</hi><lb/>
eintreten. Keiner der Privilegirten kann und darf in<lb/>
dieſem Fall den andern, der ein gleiches Privilegium hat,<lb/>
verhindern, ſich deſſelben zu bedienen. Geſetzt alſo, Ca-<lb/>
jus hat in einer Stadt das Recht erlangt, eine Apotheke<lb/>
zu halten, Titius erhaͤlt hierauf ein gleiches Privilegium.<lb/>
Hier ſind beyde Privilegien von der Art, daß ſie ſich in<lb/>
ihrer Ausuͤbung nicht im Wege ſtehen, folglich bleiben<lb/>ſie beyde in ihrer Kraft, und keiner kann dem andern die<lb/>
rechtmaͤſige Ausuͤbung ſeines Privilegiums verwehren.<lb/>
Wenn nun aber, welches der andere Fall iſt, unter meh-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">rern</fw><lb/><notexml:id="seg2pn_3_2"prev="#seg2pn_3_1"place="foot"n="46)"><hirendition="#aq">licet eam conſumſerit, <hirendition="#i">ſi non ei ſuccurratur per reſtitutionem.</hi></hi><lb/>
Wem ſonſt, als ſeiner Reſtitutionswohlthat hat es alſo in<lb/>
dieſem Fall der minderjaͤhrige Beklagte zu verdanken, daß<lb/>
er von der Verbindlichkeit, das empfangene Geld zu erſtat-<lb/>
ten, frey iſt? Denn nach dem ſtrengen Recht muͤßte er al-<lb/>
lerdings bezahlen. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">L. 43. D. de Obligat. et Action. L. 101.<lb/>
D. de Verb. Obligat.</hi></hi> S. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Io. Guil.</hi><hirendition="#k">marckart</hi> Interpretat.<lb/>
receptarum iuris civ. lectionum Lib. I. cap. 21. <hirendition="#i">Marc</hi>. <hirendition="#k">lyck-<lb/>
lama</hi><hirendition="#i">à</hi><hirendition="#k">nyholt</hi><hirendition="#i">Membranar</hi>. lib. VII. Eclog.</hi> 15. und <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Frid</hi>.<lb/><hirendition="#k">behmer</hi> novum Ius Controverſ. Tom. I. Obſ.</hi> 47. S. 313. ff.</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[18/0032]
1. Buch. 4. Tit. §. 105.
Um jedoch nun zur Beſtimmung derjenigen Grund-
ſaͤtze, aus welchen die Concurrenz der Privilegien zu be-
urtheilen iſt, naͤher zu ſchreiten, ſo wird es, um allen
Mißverſtand zu vermeiden, noͤthig ſeyn, die ſpeciellen,
oder eigentlich ſo genannte Privilegien, von den ge-
nerellen oder den beſondern Rechten zu unter-
ſcheiden. Wenn demnach der Landesherr mehrern Indi-
viduen gleiche Privilegien ertheilet hat, ſo ſind es entwe-
der ſolche, die neben einander ausgeuͤbt werden koͤnnen,
ohne ſich in ihrer Anwendung hinderlich zu ſeyn, oder
es ſind die Privilegien von der Art, daß die Ausuͤbung
des einen Privilegiums mit der Ausuͤbung des andern
nicht beſtehen kann. Im erſtern Fall verbleiben beyde
Privilegien in ihrer Kraft, und kann kein ius commune
eintreten. Keiner der Privilegirten kann und darf in
dieſem Fall den andern, der ein gleiches Privilegium hat,
verhindern, ſich deſſelben zu bedienen. Geſetzt alſo, Ca-
jus hat in einer Stadt das Recht erlangt, eine Apotheke
zu halten, Titius erhaͤlt hierauf ein gleiches Privilegium.
Hier ſind beyde Privilegien von der Art, daß ſie ſich in
ihrer Ausuͤbung nicht im Wege ſtehen, folglich bleiben
ſie beyde in ihrer Kraft, und keiner kann dem andern die
rechtmaͤſige Ausuͤbung ſeines Privilegiums verwehren.
Wenn nun aber, welches der andere Fall iſt, unter meh-
rern
46)
46) licet eam conſumſerit, ſi non ei ſuccurratur per reſtitutionem.
Wem ſonſt, als ſeiner Reſtitutionswohlthat hat es alſo in
dieſem Fall der minderjaͤhrige Beklagte zu verdanken, daß
er von der Verbindlichkeit, das empfangene Geld zu erſtat-
ten, frey iſt? Denn nach dem ſtrengen Recht muͤßte er al-
lerdings bezahlen. L. 43. D. de Obligat. et Action. L. 101.
D. de Verb. Obligat. S. Io. Guil. marckart Interpretat.
receptarum iuris civ. lectionum Lib. I. cap. 21. Marc. lyck-
lama à nyholt Membranar. lib. VII. Eclog. 15. und Frid.
behmer novum Ius Controverſ. Tom. I. Obſ. 47. S. 313. ff.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/32>, abgerufen am 04.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.