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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 6. Tit. §. 141.
Seits zu Ausrottung desselben dienliche Anstalten zu tref-
fen. Der erste Schritt hierzu, den ihnen die Klugheit
rieth, geschahe dadurch, daß sie den Satz aufstellten, Con-
cubinat und Stuprum sey von einander weiter nicht ver-
schieden. Um nun diesem Satze mehr Publicität zu ge-
ben, war es eine nothwendige Folge, nunmehro auch
eben dasjenige von denen aus einem Stuprum erzeugten
Kindern gelten zu lassen, was die römischen Rechte inson-
derheit von natürlichen im Concubinat gebohrnen Kindern
verordnet hatten. Dies geschahe zuerst von Pabst Alex-
ander
III. indem er die aus einem Stuprum oder For-
nication gebohrne Kinder wegen der Ehe ihrer Eltern für
legitim erklärte 76); und diese neue Wirkung lediglich der
Kraft des Ehe Sacraments
zuschrieb 77). Eine
zweyte ganz natürliche Folge aber hiervon war, daß diese
Wirkung der Ehelichmachung nur da Statt finden konn-
te, wo die Ehe selbst unter den Eltern möglich war.
Nun war zu den Zeiten des Pabsts Alexander III. die
Ehe zwischen den Ehebrecher und der Ehebrecherin sowohl
nach den Kirchenkanonen 78) als nach den römischen Ge-
setzen 79) noch schlechterdings verboten, am wenigsten aber
wurde sie geduldet, wenn der ehebrecherische Gatte gegen
den unschuldigen Gatten Lebensnachstellung versucht hatte.
Und daß auch Pabst Alexander III. diesen Grundsätzen

getreu
76) cap. 1. X. qui fil. sint legit. Man sehe hierüber vorzüg-
lich berard a. a. O. S. 174. und folg.
77) In append. concilii Lateranensis III. part. 39. de anno 1179.
beym Harduin Tom. VI. Concilior. p. 2. pag. 1819. wor-
aus das cap. 6. X. qui fil. sint legit. genommen ist, heißt
es: tanta est vis sacramenti.
78) can. 1. Caus. XXXI. qu. 1. c. 4. et 5. Caus. XXX. qu. 1.
79) L. 27. Cod. ad L. Iul. de adult. Nov. 134. c. 12.

1. Buch. 6. Tit. §. 141.
Seits zu Ausrottung deſſelben dienliche Anſtalten zu tref-
fen. Der erſte Schritt hierzu, den ihnen die Klugheit
rieth, geſchahe dadurch, daß ſie den Satz aufſtellten, Con-
cubinat und Stuprum ſey von einander weiter nicht ver-
ſchieden. Um nun dieſem Satze mehr Publicitaͤt zu ge-
ben, war es eine nothwendige Folge, nunmehro auch
eben dasjenige von denen aus einem Stuprum erzeugten
Kindern gelten zu laſſen, was die roͤmiſchen Rechte inſon-
derheit von natuͤrlichen im Concubinat gebohrnen Kindern
verordnet hatten. Dies geſchahe zuerſt von Pabſt Alex-
ander
III. indem er die aus einem Stuprum oder For-
nication gebohrne Kinder wegen der Ehe ihrer Eltern fuͤr
legitim erklaͤrte 76); und dieſe neue Wirkung lediglich der
Kraft des Ehe Sacraments
zuſchrieb 77). Eine
zweyte ganz natuͤrliche Folge aber hiervon war, daß dieſe
Wirkung der Ehelichmachung nur da Statt finden konn-
te, wo die Ehe ſelbſt unter den Eltern moͤglich war.
Nun war zu den Zeiten des Pabſts Alexander III. die
Ehe zwiſchen den Ehebrecher und der Ehebrecherin ſowohl
nach den Kirchenkanonen 78) als nach den roͤmiſchen Ge-
ſetzen 79) noch ſchlechterdings verboten, am wenigſten aber
wurde ſie geduldet, wenn der ehebrecheriſche Gatte gegen
den unſchuldigen Gatten Lebensnachſtellung verſucht hatte.
Und daß auch Pabſt Alexander III. dieſen Grundſaͤtzen

getreu
76) cap. 1. X. qui fil. ſint legit. Man ſehe hieruͤber vorzuͤg-
lich berard a. a. O. S. 174. und folg.
77) In append. concilii Lateranenſis III. part. 39. de anno 1179.
beym Harduin Tom. VI. Concilior. p. 2. pag. 1819. wor-
aus das cap. 6. X. qui fil. ſint legit. genommen iſt, heißt
es: tanta eſt vis ſacramenti.
78) can. 1. Cauſ. XXXI. qu. 1. c. 4. et 5. Cauſ. XXX. qu. 1.
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[254/0268] 1. Buch. 6. Tit. §. 141. Seits zu Ausrottung deſſelben dienliche Anſtalten zu tref- fen. Der erſte Schritt hierzu, den ihnen die Klugheit rieth, geſchahe dadurch, daß ſie den Satz aufſtellten, Con- cubinat und Stuprum ſey von einander weiter nicht ver- ſchieden. Um nun dieſem Satze mehr Publicitaͤt zu ge- ben, war es eine nothwendige Folge, nunmehro auch eben dasjenige von denen aus einem Stuprum erzeugten Kindern gelten zu laſſen, was die roͤmiſchen Rechte inſon- derheit von natuͤrlichen im Concubinat gebohrnen Kindern verordnet hatten. Dies geſchahe zuerſt von Pabſt Alex- ander III. indem er die aus einem Stuprum oder For- nication gebohrne Kinder wegen der Ehe ihrer Eltern fuͤr legitim erklaͤrte 76); und dieſe neue Wirkung lediglich der Kraft des Ehe Sacraments zuſchrieb 77). Eine zweyte ganz natuͤrliche Folge aber hiervon war, daß dieſe Wirkung der Ehelichmachung nur da Statt finden konn- te, wo die Ehe ſelbſt unter den Eltern moͤglich war. Nun war zu den Zeiten des Pabſts Alexander III. die Ehe zwiſchen den Ehebrecher und der Ehebrecherin ſowohl nach den Kirchenkanonen 78) als nach den roͤmiſchen Ge- ſetzen 79) noch ſchlechterdings verboten, am wenigſten aber wurde ſie geduldet, wenn der ehebrecheriſche Gatte gegen den unſchuldigen Gatten Lebensnachſtellung verſucht hatte. Und daß auch Pabſt Alexander III. dieſen Grundſaͤtzen getreu 76) cap. 1. X. qui fil. ſint legit. Man ſehe hieruͤber vorzuͤg- lich berard a. a. O. S. 174. und folg. 77) In append. concilii Lateranenſis III. part. 39. de anno 1179. beym Harduin Tom. VI. Concilior. p. 2. pag. 1819. wor- aus das cap. 6. X. qui fil. ſint legit. genommen iſt, heißt es: tanta eſt vis ſacramenti. 78) can. 1. Cauſ. XXXI. qu. 1. c. 4. et 5. Cauſ. XXX. qu. 1. 79) L. 27. Cod. ad L. Iul. de adult. Nov. 134. c. 12.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/268>, abgerufen am 11.06.2024.