Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. ptei ta eautou, d. i. Niemand begehet mit seiner eigenenFrau einen Ehebruch, es kann auch Niemand seine eigene Sache stehlen. Und eben so wird ein ähnlicher Fall entschieden, in §. 8. I. de obligat. quae ex delicto na- scunt. Sed et si credat aliquis invito domino se rem commodatam sibi contrectare, domino autem volente id fiat, (der Eigenthümer hatte z. B. bey sich beschlossen, daß er dem Commodatar die ihm geliehene Sache schenken wolle) dicitur furtum non fieri. Aber wird gleich die Handlung selbst nicht als dasjenige Ver- brechen angesehen, welches sich ihr Urheber zu begehen vorgesetzet hatte, so fragt sich's doch, ob nicht wenigstens die dabey gehabte böse Absicht einige Strafe verdiene? Dieses ist allerdings zu behaupten. Zwar können die Worte des bekannten Hadrianischen Rescripts beym Cal- listratus in L. 14. D. ad Leg. Cornel. de Sicariis: in maleficiis voluntas spectatur, non exitus hier zu keinem Beweiß dienen; denn so verschieden auch diese Ver- ordnung von den Auslegern des Röm. Rechts erkläret wird 97), so kann man ihr doch in der That keinen an[dern] dern 97) Cujaz Observat. Lib. XV. c. 25. glaubt, daß die Verordnung nur auf Verbrechen höherer Art Beziehig habe. Andere wenden diese Vorschrift auf alle Verbreen an. Püttmann in Elem. iur. crim §. 58. Quiorp in den Grundsätzendes peinl. Rechts. 1. Th. 33. not. d. Eine ganz eigene Meinung hegt Corn van Byn- kershöck Observat. Iur. Rom. Lib. III. c. 10. hält dafür, daß der Ausdruck maleficium -- hier keine agemei- ne sondern eine vorzügliche Bedeutung habe, und nur von solchen Missethaten, deren der Theodosische und Istiniani- sche Codex unter dem Titul: de maleficis etmathe- maticis erwähnet, angenommen werden dürft Haupt- sächlich will er ihn von der Giftmischerey und solchen Ar- ten des Menschen-Mords verstanden wissen, wovon Lex Cor- E 2
de Iuſtitia et Iure. πτει τὰ ἑαυτȣ͂, d. i. Niemand begehet mit ſeiner eigenenFrau einen Ehebruch, es kann auch Niemand ſeine eigene Sache ſtehlen. Und eben ſo wird ein aͤhnlicher Fall entſchieden, in §. 8. I. de obligat. quae ex delicto na- ſcunt. Sed et ſi credat aliquis invito domino ſe rem commodatam ſibi contrectare, domino autem volente id fiat, (der Eigenthuͤmer hatte z. B. bey ſich beſchloſſen, daß er dem Commodatar die ihm geliehene Sache ſchenken wolle) dicitur furtum non fieri. Aber wird gleich die Handlung ſelbſt nicht als dasjenige Ver- brechen angeſehen, welches ſich ihr Urheber zu begehen vorgeſetzet hatte, ſo fragt ſich’s doch, ob nicht wenigſtens die dabey gehabte boͤſe Abſicht einige Strafe verdiene? Dieſes iſt allerdings zu behaupten. Zwar koͤnnen die Worte des bekannten Hadrianiſchen Reſcripts beym Cal- liſtratus in L. 14. D. ad Leg. Cornel. de Sicariis: in maleficiis voluntas ſpectatur, non exitus hier zu keinem Beweiß dienen; denn ſo verſchieden auch dieſe Ver- ordnung von den Auslegern des Roͤm. Rechts erklaͤret wird 97), ſo kann man ihr doch in der That keinen an[dern] dern 97) Cujaz Obſervat. Lib. XV. c. 25. glaubt, daß die Verordnung nur auf Verbrechen hoͤherer Art Beziehig habe. Andere wenden dieſe Vorſchrift auf alle Verbreen an. Puͤttmann in Elem. iur. crim §. 58. Quiorp in den Grundſaͤtzendes peinl. Rechts. 1. Th. 33. not. d. Eine ganz eigene Meinung hegt Corn van Byn- kershoͤck Obſervat. Iur. Rom. Lib. III. c. 10. haͤlt dafuͤr, daß der Ausdruck maleficium — hier keine agemei- ne ſondern eine vorzuͤgliche Bedeutung habe, und nur von ſolchen Miſſethaten, deren der Theodoſiſche und Iſtiniani- ſche Codex unter dem Titul: de maleficis etmathe- maticis erwaͤhnet, angenommen werden duͤrft Haupt- ſaͤchlich will er ihn von der Giftmiſcherey und ſolchen Ar- ten des Menſchen-Mords verſtanden wiſſen, wovon Lex Cor- E 2
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de Iuſtitia et Iure.
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Frau einen Ehebruch, es kann auch Niemand ſeine eigene
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entſchieden, in §. 8. I. de obligat. quae ex delicto na-
ſcunt. Sed et ſi credat aliquis invito domino ſe
rem commodatam ſibi contrectare, domino autem
volente id fiat, (der Eigenthuͤmer hatte z. B. bey ſich
beſchloſſen, daß er dem Commodatar die ihm geliehene
Sache ſchenken wolle) dicitur furtum non fieri. Aber
wird gleich die Handlung ſelbſt nicht als dasjenige Ver-
brechen angeſehen, welches ſich ihr Urheber zu begehen
vorgeſetzet hatte, ſo fragt ſich’s doch, ob nicht wenigſtens
die dabey gehabte boͤſe Abſicht einige Strafe verdiene?
Dieſes iſt allerdings zu behaupten. Zwar koͤnnen die
Worte des bekannten Hadrianiſchen Reſcripts beym Cal-
liſtratus in L. 14. D. ad Leg. Cornel. de Sicariis:
in maleficiis voluntas ſpectatur, non exitus hier zu
keinem Beweiß dienen; denn ſo verſchieden auch dieſe Ver-
ordnung von den Auslegern des Roͤm. Rechts erklaͤret
wird 97), ſo kann man ihr doch in der That keinen andern
dern
97) Cujaz Obſervat. Lib. XV. c. 25. glaubt, daß die
Verordnung nur auf Verbrechen hoͤherer Art Beziehig
habe. Andere wenden dieſe Vorſchrift auf alle Verbreen
an. Puͤttmann in Elem. iur. crim §. 58. Quiorp
in den Grundſaͤtzendes peinl. Rechts. 1. Th. 33.
not. d. Eine ganz eigene Meinung hegt Corn van Byn-
kershoͤck Obſervat. Iur. Rom. Lib. III. c. 10. haͤlt
dafuͤr, daß der Ausdruck maleficium — hier keine agemei-
ne ſondern eine vorzuͤgliche Bedeutung habe, und nur von
ſolchen Miſſethaten, deren der Theodoſiſche und Iſtiniani-
ſche Codex unter dem Titul: de maleficis etmathe-
maticis erwaͤhnet, angenommen werden duͤrft Haupt-
ſaͤchlich will er ihn von der Giftmiſcherey und ſolchen Ar-
ten des Menſchen-Mords verſtanden wiſſen, wovon Lex
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