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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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stund ein Cardinal und ein Praelat, mit denen Gesichtern
nach dem Platz zugekehret, iedoch beyde dergestalt tief, daß
seine Füße und ihre Köpfe sich fast in gleicher Linie
befanden. Nach einigen gesungenen antiphonen, gieng
die Publication der Welt bekanten Excommunications-Bulle
Pabst Vrbani VIII. folgendermaßen vor sich. Der vor dem
Pabst stehende Cardinal lose iedesmal einen periodum
derselben lateinisch, der Praelat aber eben denselbigen
periodum auf Italiänisch, nach Endigung solcher abgewechselten
Lection aber wurde ein lateinl: und ein Italiänl: Exem-
emplar dieser Bulle hinunter unter das Volck geworffen,
und der Pabst schmiß eine angezündete Fackel hinter drein.
Weil wir bey solcher Publication unmittelbar hinter dem
Päbstl: Thron stunden, so konten wir unser Urtheil um
so viel genauer vernehmen, da es nehml: hieß:

excommunicamus et anathematizamus ex parte Dei
omnipotentis, Patris, Filii, et Spiritus Sancti, auctoritate
quoque beatorum Apostolorum Petri et Pauli, ac Nostra
quoscumque Hussitas, Wichlephistas, Luteranos, Zvinglia-
nos, Calvinistas, Vgonottes, Anabaptistas, Trinitarios,
et a Christiana fide apostatas pp.

Nach diesem ausgelaßenen Bann-Strahl gab der Pabst der auf
dem Platz versamleten unsäglichen Menge Volcks die bene-
diction, vermittelst dreyer +, deren erstes er gerade vor
sich weg, das andre zur rechten, und das dritte zur lincken
Seite mache[unleserliches Material]te, diese Ceremonie auch noch einmal wiederholete,
worauf denn die Feld-music der auf dem Platz vor der Kirche
rangirten Infanterie und Cavallerie sich frölich hören l[unleserliches Material]ieß,
und die Canonen auf der Engelsburg abgefeuret wurden.
Wir haben über diesen Handel mit unsern Bekannten geistln
Standes verschiedentl: gesprochen, da denn sonderl: diejenigen,
welche zuweilen Bekehrungs-Discourse führen, wegen unsrer
Excommunication und Verfluchung uns auf mancherley Art
gleichsam haben zu begütigen gesuchet. Einer sagte,
weil wir selbst nicht von ihrer Kirche seyn wolten,

stund ein Cardinal und ein Praelat, mit denen Gesichtern
nach dem Platz zugekehret, iedoch beyde dergestalt tief, daß
seine Füße und ihre Köpfe sich fast in gleicher Linie
befanden. Nach einigen gesungenen antiphonen, gieng
die Publication der Welt bekanten Excommunications-Bulle
Pabst Vrbani VIII. folgendermaßen vor sich. Der vor dem
Pabst stehende Cardinal lose iedesmal einen periodum
derselben lateinisch, der Praelat aber eben denselbigen
periodum auf Italiänisch, nach Endigung solcher abgewechselten
Lection aber wurde ein lateinl: und ein Italiänl: Exem-
emplar dieser Bulle hinunter unter das Volck geworffen,
und der Pabst schmiß eine angezündete Fackel hinter drein.
Weil wir bey solcher Publication unmittelbar hinter dem
Päbstl: Thron stunden, so konten wir unser Urtheil um
so viel genauer vernehmen, da es nehml: hieß:

excommunicamus et anathematizamus ex parte Dei
omnipotentis, Patris, Filii, et Spiritus Sancti, auctoritate
quoque beatorum Apostolorum Petri et Pauli, ac Nostra
quoscumque Hussitas, Wichlephistas, Luteranos, Zvinglia-
nos, Calvinistas, Vgonottes, Anabaptistas, Trinitarios,
et a Christiana fide apostatas pp.

Nach diesem ausgelaßenen Bann-Strahl gab der Pabst der auf
dem Platz versamleten unsäglichen Menge Volcks die bene-
diction, vermittelst dreyer †, deren erstes er gerade vor
sich weg, das andre zur rechten, und das dritte zur lincken
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worauf denn die Feld-music der auf dem Platz vor der Kirche
rangirten Infanterie und Cavallerie sich frölich hören l[unleserliches Material]ieß,
und die Canonen auf der Engelsburg abgefeuret wurden.
Wir haben über diesen Handel mit unsern Bekannten geistln
Standes verschiedentl: gesprochen, da denn sonderl: diejenigen,
welche zuweilen Bekehrungs-Discourse führen, wegen unsrer
Excommunication und Verfluchung uns auf mancherley Art
gleichsam haben zu begütigen gesuchet. Einer sagte,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/709>, abgerufen am 14.08.2024.