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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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die gewöhnliche Erd-Kugel in einer, und den Commandir-Stab in der andern
Hand. König Ptolomaeus ist gleichfals auf solche Art vorhanden, und
soll diese Art der Vorstellung solcher großer Herren die raison
haben, daß man sie dadurch denen Gottheiten, welche auch grösten-
theils nackend vorgestellet wurden, ähnlich machen wollen. Unter
denen übrigen großen Statuen ist die künstlichste ein sterbender
Gladiator von derselben Art, welche man Mirmillones nennete,
aus dem schönsten weißen Marmor. Er liegt mit einem Strick
um den Hals auf der Erden, lehnet sich auf sie rechte Hand, nei-
get den Kopf nach der empfangenen Wunde zu, und drücket mit
seiner mine den affect eines tödtlichen blessirten auf das vollkommenste
aus. Dieses Welt beruffne Kunst-Stuck hat sonst auf der villa
Ludouisia gestanden, der höchstverschuldete Printz Piombino aber
d[unleserliches Material]elben dennoch bey seinen Lebens-Zeiten nicht verkauffen wollen,
ohnerachtet ihm considerable Geld-Summen davor geboten worden,
bis endlich der vorige Pabst von einer Tochter oder Enckelin des ver-
storbenen d[unleserliches Material]aßelbe um 6000 Scudi erkauft. Von Philosophen und
andern Gelehrten Leuten haben wir hier nur 3 völlige Statuen
gefunden, nehmlich Zenonis, Ciceronis und Virgilii; en buste aber
ist ein gantzes Zimmer voll von dieser Sorte vorhanden. Dem
Diogeni Cynico siehet man seine Unflaterey am Gesichte an, Epi-
curum
hingegen rechtfertiget seine überaus ernsthaffte Gestalt
wider die bekanten Beschuldigungen seiner Feinde. Das Aussehen
des Socratis, da er sonderlich eine oben eingedruckte und unten
spitz in die Höhe gehende Nase gehabt, ist sehr unangenehm, und
hat ohne Zweifel seine böse Xantippe hierinn den zureichenden
Grund gesuchet, ihm alles Hertzeleid an zu thun. In einem andern
Zimmer, welches mit denen bustes derer Kayser, auch ihrer Ge-
mahlinnin und Kinder nach chronologischer Ordnung ausgesetzt
ist, haben wir bemercket, daß die bekannte Messalina ihre Haare mit
einer Art Band coissiret gehabt, als welches Maschen-Weise von einem
Ohr zum andern über den Kopf herüber gehet. Ja was noch mehr ist,
Julia Pia, Kaysers Septimii Seueri Gemahlin, item die Gemahlin
Kaysers Galieni haben ordentliche Haar-Touren getragen, die man
ihnen gleich einer kleinen Peruque abnehmen kan. An einigen
solchen Brust-Bildern und Statuen derer Kayser siehet man, statt
derer Augen, Löcher, weil nehmlich die Augen von Gold und Silber einge-
setzt gewesen und von geitzigen Leuten heraus gebrochen worden.
In einem Brust-Bild Lucii Junii Bruti von bronce, der den
König Tarquinium Superbum umgebracht, haben wir so gar wahrge-
nommen, daß die Augen von braun und schwartzen Stein einge-
setzet sind. Die Statua des bekanten Hirten, welcher dem Römischen Senat

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die gewöhnliche Erd-Kugel in einer, und den Commandir-Stab in der andern
Hand. König Ptolomaeus ist gleichfals auf solche Art vorhanden, und
soll diese Art der Vorstellung solcher großer Herren die raison
haben, daß man sie dadurch denen Gottheiten, welche auch grösten-
theils nackend vorgestellet wurden, ähnlich machen wollen. Unter
denen übrigen großen Statuen ist die künstlichste ein sterbender
Gladiator von derselben Art, welche man Mirmillones nennete,
aus dem schönsten weißen Marmor. Er liegt mit einem Strick
um den Hals auf der Erden, lehnet sich auf sie rechte Hand, nei-
get den Kopf nach der empfangenen Wunde zu, und drücket mit
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aus. Dieses Welt beruffne Kunst-Stuck hat sonst auf der villa
Ludouisia gestanden, der höchstverschuldete Printz Piombino aber
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bis endlich der vorige Pabst von einer Tochter oder Enckelin des ver-
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andern Gelehrten Leuten haben wir hier nur 3 völlige Statuen
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ist ein gantzes Zimmer voll von dieser Sorte vorhanden. Dem
Diogeni Cynico siehet man seine Unflaterey am Gesichte an, Epi-
curum
hingegen rechtfertiget seine überaus ernsthaffte Gestalt
wider die bekanten Beschuldigungen seiner Feinde. Das Aussehen
des Socratis, da er sonderlich eine oben eingedruckte und unten
spitz in die Höhe gehende Nase gehabt, ist sehr unangenehm, und
hat ohne Zweifel seine böse Xantippe hierinn den zureichenden
Grund gesuchet, ihm alles Hertzeleid an zu thun. In einem andern
Zimmer, welches mit denen bustes derer Kayser, auch ihrer Ge-
mahlinnin und Kinder nach chronologischer Ordnung ausgesetzt
ist, haben wir bemercket, daß die bekannte Messalina ihre Haare mit
einer Art Band coissiret gehabt, als welches Maschen-Weise von einem
Ohr zum andern über den Kopf herüber gehet. Ja was noch mehr ist,
Julia Pia, Kaysers Septimii Seueri Gemahlin, item die Gemahlin
Kaysers Galieni haben ordentliche Haar-Touren getragen, die man
ihnen gleich einer kleinen Peruque abnehmen kan. An einigen
solchen Brust-Bildern und Statuen derer Kayser siehet man, statt
derer Augen, Löcher, weil nehmlich die Augen von Gold und Silber einge-
setzt gewesen und von geitzigen Leuten heraus gebrochen worden.
In einem Brust-Bild Lucii Junii Bruti von bronce, der den
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nommen, daß die Augen von braun und schwartzen Stein einge-
setzet sind. Die Statua des bekanten Hirten, welcher dem Römischen Senat

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[0548] 267 die gewöhnl: Erd-Kugel in einer, und den Commandir-Stab in der andern Hand. König Ptolomaeus ist gleichfals auf solche Art vorhanden, und soll diese Art der Vorstellung solcher großer Herren die raison haben, daß man sie dadurch denen Gottheiten, welche auch grösten- theils nackend vorgestellet wurden, ähnlich machen wollen. Unter denen übrigen großen Statuen ist die künstlichste ein sterbender Gladiator von derselben Art, welche man Mirmillones nennete, aus dem schönsten weißen Marmor. Er liegt mit einem Strick um den Hals auf der Erden, lehnet sich auf sie rechte Hand, nei- get den Kopf nach der empfangenen Wunde zu, und drücket mit seiner mine den affect eines todtl: blessirten auf das vollkommenste aus. Dieses Welt beruffne Kunst-Stuck hat sonst auf der villa Ludouisia gestanden, der höchstverschuldete Printz Piombino aber daßelbe dennoch bey seinen Lebens-Zeiten nicht verkauffen wollen, ohnerachtet ihm considerable Geld-Summen davor geboten worden, bis endl: der vorige Pabst von einer Tochter oder Enckelin des ver- storbenen daßelbe um 6000 Scudi erkauft. Von Philosophen und andern Gelehrten Leuten haben wir hier nur 3 völlige Statuen gefunden, nehml: Zenonis, Ciceronis und Virgilii; en buste aber ist ein gantzes Zimmer voll von dieser Sorte vorhanden. Dem Diogeni Cynico siehet man seine Unflaterey am Gesichte an, Epi- curum hingegen rechtfertiget seine überaus ernsthaffte Gestalt wider die bekanten Beschuldigungen seiner Feinde. Das Aussehen des Socratis, da er sonderl: eine oben eingedruckte und unten spitz in die Höhe gehende Nase gehabt, ist sehr unangenehm, und hat ohne Zweifel seine böse Xantippe hierinn den zureichenden Grund gesuchet, ihm alles Hertzeleid an zu thun. In einem andern Zimmer, welches mit denen bustes derer Kayser, auch ihrer Ge- mahlinnin und Kinder nach chronologischer Ordnung ausgesetzt ist, haben wir bemercket, daß die bekannte Messalina ihre Haare mit einer Art Band coissiret gehabt, als welches Maschen-Weise von einem Ohr zum andern über den Kopf herüber gehet. Ja was noch mehr ist, Julia Pia, Kaysers Septimii Seueri Gemahlin, item die Gemahlin Kaysers Galieni haben ordentliche Haar-Touren getragen, die man ihnen gleich einer kleinen Peruque abnehmen kan. An einigen solchen Brust-Bildern und Statuen derer Kayser siehet man, statt derer Augen, Löcher, weil nehml: die Augen von Gold u. Silber einge- setzt gewesen und von geitzigen Leuten heraus gebrochen worden. In einem Brust-Bild Lucii Junii Bruti von bronce, der den König Tarquinium Superbum umgebracht, haben wir so gar wahrge- nommen, daß die Augen von braun und schwartzen Stein einge- setzet sind. Die Statua des bekanten Hirten, welcher dem Röml: Senat

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/548>, abgerufen am 14.08.2024.