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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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blies gebrochene Töne hervor. Aber bald er-
schien Pan mir im Traum. Jüngling, so sprach er,
geh in den Hain und hole die Flöte die der Sän-
ger Hylas an die mir geheiligte Eiche hieng, du
bist es werth ihm nachzuspielen. Erst gestern hab
ich ihm Sprossen von meinen neugepfropfeten Bäu-
men gebracht, und einen Krug voll Oel und ei-
nen Krug voll Milch vor ihm ausgegossen.

Milon. Auch die Liebe begeistert zu Gesängen,
mehr als das helle Morgenroth, mehr als der lieb-
liche Schatten, mehr als der Schimmer des Monds.
O wenn ein tugendhaft Mädchen unsre Lieder
lobt! Wenn es unsre Lieder mit sanftem Lächeln
belohnt, oder mit einem Kranz! Seit Daphne
ihren Freund mich nennt, seitdem ists in meinem
Herzen so helle wie in dieser Gegend voll Son-
nenschein im Frühling, seitdem sing ich bessere
Lieder; Daphne, die sanft lächelt wie die milde
Ceres, und weise ist wie die Musen.

Lycas. Ach! mein Herz ist lange frey von Lie-

blies gebrochene Töne hervor. Aber bald er-
ſchien Pan mir im Traum. Jüngling, ſo ſprach er,
geh in den Hain und hole die Flöte die der Sän-
ger Hylas an die mir geheiligte Eiche hieng, du
biſt es werth ihm nachzuſpielen. Erſt geſtern hab
ich ihm Sproſſen von meinen neugepfropfeten Bäu-
men gebracht, und einen Krug voll Oel und ei-
nen Krug voll Milch vor ihm ausgegoſſen.

Milon. Auch die Liebe begeiſtert zu Geſängen,
mehr als das helle Morgenroth, mehr als der lieb-
liche Schatten, mehr als der Schimmer des Monds.
O wenn ein tugendhaft Mädchen unſre Lieder
lobt! Wenn es unſre Lieder mit ſanftem Lächeln
belohnt, oder mit einem Kranz! Seit Daphne
ihren Freund mich nennt, ſeitdem iſts in meinem
Herzen ſo helle wie in dieſer Gegend voll Son-
nenſchein im Frühling, ſeitdem ſing ich beſſere
Lieder; Daphne, die ſanft lächelt wie die milde
Ceres, und weiſe iſt wie die Muſen.

Lycas. Ach! mein Herz iſt lange frey von Lie-

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[34/0039] blies gebrochene Töne hervor. Aber bald er- ſchien Pan mir im Traum. Jüngling, ſo ſprach er, geh in den Hain und hole die Flöte die der Sän- ger Hylas an die mir geheiligte Eiche hieng, du biſt es werth ihm nachzuſpielen. Erſt geſtern hab ich ihm Sproſſen von meinen neugepfropfeten Bäu- men gebracht, und einen Krug voll Oel und ei- nen Krug voll Milch vor ihm ausgegoſſen. Milon. Auch die Liebe begeiſtert zu Geſängen, mehr als das helle Morgenroth, mehr als der lieb- liche Schatten, mehr als der Schimmer des Monds. O wenn ein tugendhaft Mädchen unſre Lieder lobt! Wenn es unſre Lieder mit ſanftem Lächeln belohnt, oder mit einem Kranz! Seit Daphne ihren Freund mich nennt, ſeitdem iſts in meinem Herzen ſo helle wie in dieſer Gegend voll Son- nenſchein im Frühling, ſeitdem ſing ich beſſere Lieder; Daphne, die ſanft lächelt wie die milde Ceres, und weiſe iſt wie die Muſen. Lycas. Ach! mein Herz iſt lange frey von Lie-

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/39>, abgerufen am 28.04.2024.