jungen Hirten dem Menalkas, und er kam und sezte sich zu den Knaben auf einen weich-be- moosten Stein, und Milon hub den Gesang an.
Milon. Selig ist der zu preisen, der die Gunst der Musen hat. Wenn uns das Herz von Freu- den hüpft, wie lieblich ist es dann ein Lied zu singen, der Echo und dem Hain! Nie entsteht mir ein liebliches Lied, wenn mich der Mond- schein entzükt, oder des Morgens Rosenfarbe. Auch weiss ich dass der Gesang die trüben Stun- den heiter macht. Denn mir sind die Musen gewogen, und jene schneeweisse Ziege ist ihnen zum Opfer bestimmt, bald will ich sie, die Hörner mit Blumen umkränzt, opfern, und neue Loblieder singen.
Lycas. Als stammelndes Kind sass ich dem Va- ter auf dem Schooss, und wenn er ein Lied auf der Rohrflöte blies, denn horcht ich schon aufmerksam zu und lallt' es ihm nach. Oder lächelnd nahm ich die Flöt' ihm vom Mund, und
C
jungen Hirten dem Menalkas, und er kam und ſezte ſich zu den Knaben auf einen weich-be- moosten Stein, und Milon hub den Geſang an.
Milon. Selig iſt der zu preiſen, der die Gunſt der Muſen hat. Wenn uns das Herz von Freu- den hüpft, wie lieblich iſt es dann ein Lied zu ſingen, der Echo und dem Hain! Nie entſteht mir ein liebliches Lied, wenn mich der Mond- ſchein entzükt, oder des Morgens Roſenfarbe. Auch weiſs ich daſs der Geſang die trüben Stun- den heiter macht. Denn mir ſind die Muſen gewogen, und jene ſchneeweiſſe Ziege iſt ihnen zum Opfer beſtimmt, bald will ich ſie, die Hörner mit Blumen umkränzt, opfern, und neue Loblieder ſingen.
Lycas. Als ſtammelndes Kind ſaſs ich dem Va- ter auf dem Schooſs, und wenn er ein Lied auf der Rohrflöte blies, denn horcht ich ſchon aufmerkſam zu und lallt’ es ihm nach. Oder lächelnd nahm ich die Flöt’ ihm vom Mund, und
C
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0038"n="33"/>
jungen Hirten dem Menalkas, und er kam und<lb/>ſezte ſich zu den Knaben auf einen weich-be-<lb/>
moosten Stein, und Milon hub den Geſang an.</p><lb/><p>Milon. Selig iſt der zu preiſen, der die Gunſt<lb/>
der Muſen hat. Wenn uns das Herz von Freu-<lb/>
den hüpft, wie lieblich iſt es dann ein Lied zu<lb/>ſingen, der Echo und dem Hain! Nie entſteht<lb/>
mir ein liebliches Lied, wenn mich der Mond-<lb/>ſchein entzükt, oder des Morgens Roſenfarbe.<lb/>
Auch weiſs ich daſs der Geſang die trüben Stun-<lb/>
den heiter macht. Denn mir ſind die Muſen<lb/>
gewogen, und jene ſchneeweiſſe Ziege iſt ihnen<lb/>
zum Opfer beſtimmt, bald will ich ſie, die Hörner<lb/>
mit Blumen umkränzt, opfern, und neue Loblieder<lb/>ſingen.</p><lb/><p>Lycas. Als ſtammelndes Kind ſaſs ich dem Va-<lb/>
ter auf dem Schooſs, und wenn er ein Lied<lb/>
auf der Rohrflöte blies, denn horcht ich ſchon<lb/>
aufmerkſam zu und lallt’ es ihm nach. Oder<lb/>
lächelnd nahm ich die Flöt’ ihm vom Mund, und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[33/0038]
jungen Hirten dem Menalkas, und er kam und
ſezte ſich zu den Knaben auf einen weich-be-
moosten Stein, und Milon hub den Geſang an.
Milon. Selig iſt der zu preiſen, der die Gunſt
der Muſen hat. Wenn uns das Herz von Freu-
den hüpft, wie lieblich iſt es dann ein Lied zu
ſingen, der Echo und dem Hain! Nie entſteht
mir ein liebliches Lied, wenn mich der Mond-
ſchein entzükt, oder des Morgens Roſenfarbe.
Auch weiſs ich daſs der Geſang die trüben Stun-
den heiter macht. Denn mir ſind die Muſen
gewogen, und jene ſchneeweiſſe Ziege iſt ihnen
zum Opfer beſtimmt, bald will ich ſie, die Hörner
mit Blumen umkränzt, opfern, und neue Loblieder
ſingen.
Lycas. Als ſtammelndes Kind ſaſs ich dem Va-
ter auf dem Schooſs, und wenn er ein Lied
auf der Rohrflöte blies, denn horcht ich ſchon
aufmerkſam zu und lallt’ es ihm nach. Oder
lächelnd nahm ich die Flöt’ ihm vom Mund, und
C
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/38>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.