[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.Welch eine bunte Blume wieget sich dort an H 2
Welch eine bunte Blume wieget ſich dort an H 2
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Welch eine bunte Blume wieget ſich dort an
der Quelle? So ſchön und glänzend von Farbe ‒ ‒
doch nein! angenehmer Betrug! ein Schmetter-
ling flieget empor, und läſst das wankende Gräs-
chen zurük. Izt rauſcht ein Würmchen, ſchwarz
beharniſcht auf glänzend rothen Flügeln vorbey,
und ſezt ſich, zu ſeinem Gatten vielleicht, auf die
nahe Gloken-Blume. Rauſche ſanft, du rieſelnde
Quelle, erſchüttert nicht die Blumen und das Gras
ihr Zephirs! Trieg ich mich? oder hör ich den
zärteſten Geſang? Ja ſie ſingen, aber unſer Ohr iſt
zu ſtumpf, das feine Concert zu vernehmen, ſo
wie unſer Auge, die zarten Züge der Bildung zu
ſehn. Was für ein liebliches Sumſen ſchwärmt
um mich her? Warum wanken die Blumen ſo?
Ein Schwarm kleiner Bienen iſts; ſie flogen frö-
lich aus, aus ihrer fernen Wohnſtadt, und zer-
ſtreuten ſich auf den Fluren und in den fernen
Gärten; aufmerkſam wählend ſammeln ſie die gelbe
Beute, und kehren zurük ihren Staat zu mehren,
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