SIe kömmt noch nicht, die schöne Daphne! hier will ich ins Gras mich hinlegen und sie erwarten, hier an der Quelle. Indess will ich die Gegend umher betrachten, und mein Verlangen täuschen. Du hoher schwarzer Tannen-Hain, der du die Pfeil-geraden röthlichen Stämme dicht und hoch durch deinen dunkeln Schatten empor hebst, hohe schlanke Eichen, und du Fluss, der du mit maje- stätischem Silberglanz hinter jenen grauen Bergen hervor rauschest, nicht euch will ich izt sehen, izt sey das Gras um mich her meine Gegend. Wie sanft rieselst du vorüber, kleine Quelle, durch die Wasser-Kressen, und durch die Bachbungen, die ihre blauen Blumen empor tragen; du schwin- gest kleine funkelnde Ringe um ihre Stämme her
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ALS ICH DAPHNEN AUF DEM SPAZIERGANG ERWARTETE.
SIe kömmt noch nicht, die ſchöne Daphne! hier will ich ins Gras mich hinlegen und ſie erwarten, hier an der Quelle. Indeſs will ich die Gegend umher betrachten, und mein Verlangen täuſchen. Du hoher ſchwarzer Tannen-Hain, der du die Pfeil-geraden röthlichen Stämme dicht und hoch durch deinen dunkeln Schatten empor hebſt, hohe ſchlanke Eichen, und du Fluſs, der du mit maje- ſtätiſchem Silberglanz hinter jenen grauen Bergen hervor rauſcheſt, nicht euch will ich izt ſehen, izt ſey das Gras um mich her meine Gegend. Wie ſanft rieſelſt du vorüber, kleine Quelle, durch die Waſſer-Kreſſen, und durch die Bachbungen, die ihre blauen Blumen empor tragen; du ſchwin- geſt kleine funkelnde Ringe um ihre Stämme her
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ALS ICH DAPHNEN
AUF DEM SPAZIERGANG
ERWARTETE.
SIe kömmt noch nicht, die ſchöne Daphne! hier
will ich ins Gras mich hinlegen und ſie erwarten,
hier an der Quelle. Indeſs will ich die Gegend
umher betrachten, und mein Verlangen täuſchen.
Du hoher ſchwarzer Tannen-Hain, der du die
Pfeil-geraden röthlichen Stämme dicht und hoch
durch deinen dunkeln Schatten empor hebſt, hohe
ſchlanke Eichen, und du Fluſs, der du mit maje-
ſtätiſchem Silberglanz hinter jenen grauen Bergen
hervor rauſcheſt, nicht euch will ich izt ſehen,
izt ſey das Gras um mich her meine Gegend.
Wie ſanft rieſelſt du vorüber, kleine Quelle, durch
die Waſſer-Kreſſen, und durch die Bachbungen,
die ihre blauen Blumen empor tragen; du ſchwin-
geſt kleine funkelnde Ringe um ihre Stämme her
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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/118>, abgerufen am 16.02.2025.
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