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[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.

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wenn noch ein Accent darzu kommt Wang ` einen Edelstein
anzeigen. Uberdiß, setzen sie ihre Figuren nicht in sol-
che Zeilen, wie andere Völcker, entweder von der lincken
zur rechten, oder von der rechten zur lincken Hand, son-
dern sie fangen oben von der Seite des Blats an und
setzen sie Reihen weiß, eine Figur unter die andere, ge-
rade herunter, und dergleichen Reihen so viel neben ei-
nander, bis sie die Breite des Blats damit anfüllen.
Jedoch man kan es nicht ein mal setzen nennen. Denn
sie haben keine eintzelne gegossene, oder geschnittene Fi-
guren, die sie zusammen setzen könnten, sondern sie gra-
ben ihre Figuren auf Tafeln von Holtz, und wie einige
schreiben, auch von Stein, welche Tafeln so gros sind,
als sie das Format verfertigen wollen. Dahero wis-
sen sie nichts von dem Zerlegen, oder Einwerffen der
Formen. Jst eine Tafel zu einer Seite gebraucht, so
taugt sie zu weiter nichts mehr. Diese Art der Chine-
ser Bücher zu drucken kommt bey nahe mit unserer Art
Leinewand und andere Zeuge zu drucken überein, keines-
weges aber mit unserer Buchdruckerey. Und hieher
gehören also die Zeugnisse der übrigen Scribenten, wel-
chen man nicht absprechen kan, daß eine Art der Dru-
ckerey in China üblich sey. Jch gebe auch zu, daß man
heut zu Tage dergleichen gedruckte Bücher in berühm-
ten Bibliothecken aufweisen könne; Alleine, hieraus
folget ja nicht, daß die Europäer, und unter diesen die
Teutschen, ihre Buchdruckerkunst von den Chinesern
nur abgeborgt hätten. Es ist noch nicht erwiesen, daß
dergleichen Bücher in Europa vor Erfindung unserer
Buchdruckerey, oder zu derselben Zeit, bekannt gewe-
sen wären. Man ist uns auch bis diese Stunde noch den
Beweiß schuldig, daß die Europäer, und unter diesen die

Teut-

Kurtzer Entwurf
wenn noch ein Accent darzu kommt 王` einen Edelſtein
anzeigen. Uberdiß, ſetzen ſie ihre Figuren nicht in ſol-
che Zeilen, wie andere Voͤlcker, entweder von der lincken
zur rechten, oder von der rechten zur lincken Hand, ſon-
dern ſie fangen oben von der Seite des Blats an und
ſetzen ſie Reihen weiß, eine Figur unter die andere, ge-
rade herunter, und dergleichen Reihen ſo viel neben ei-
nander, bis ſie die Breite des Blats damit anfuͤllen.
Jedoch man kan es nicht ein mal ſetzen nennen. Denn
ſie haben keine eintzelne gegoſſene, oder geſchnittene Fi-
guren, die ſie zuſammen ſetzen koͤnnten, ſondern ſie gra-
ben ihre Figuren auf Tafeln von Holtz, und wie einige
ſchreiben, auch von Stein, welche Tafeln ſo gros ſind,
als ſie das Format verfertigen wollen. Dahero wiſ-
ſen ſie nichts von dem Zerlegen, oder Einwerffen der
Formen. Jſt eine Tafel zu einer Seite gebraucht, ſo
taugt ſie zu weiter nichts mehr. Dieſe Art der Chine-
ſer Buͤcher zu drucken kommt bey nahe mit unſerer Art
Leinewand und andere Zeuge zu drucken uͤberein, keines-
weges aber mit unſerer Buchdruckerey. Und hieher
gehoͤren alſo die Zeugniſſe der uͤbrigen Scribenten, wel-
chen man nicht abſprechen kan, daß eine Art der Dru-
ckerey in China uͤblich ſey. Jch gebe auch zu, daß man
heut zu Tage dergleichen gedruckte Buͤcher in beruͤhm-
ten Bibliothecken aufweiſen koͤnne; Alleine, hieraus
folget ja nicht, daß die Europaͤer, und unter dieſen die
Teutſchen, ihre Buchdruckerkunſt von den Chineſern
nur abgeborgt haͤtten. Es iſt noch nicht erwieſen, daß
dergleichen Buͤcher in Europa vor Erfindung unſerer
Buchdruckerey, oder zu derſelben Zeit, bekannt gewe-
ſen waͤren. Man iſt uns auch bis dieſe Stunde noch den
Beweiß ſchuldig, daß die Europaͤer, und unter dieſen die

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[12/0048] Kurtzer Entwurf wenn noch ein Accent darzu kommt 王` einen Edelſtein anzeigen. Uberdiß, ſetzen ſie ihre Figuren nicht in ſol- che Zeilen, wie andere Voͤlcker, entweder von der lincken zur rechten, oder von der rechten zur lincken Hand, ſon- dern ſie fangen oben von der Seite des Blats an und ſetzen ſie Reihen weiß, eine Figur unter die andere, ge- rade herunter, und dergleichen Reihen ſo viel neben ei- nander, bis ſie die Breite des Blats damit anfuͤllen. Jedoch man kan es nicht ein mal ſetzen nennen. Denn ſie haben keine eintzelne gegoſſene, oder geſchnittene Fi- guren, die ſie zuſammen ſetzen koͤnnten, ſondern ſie gra- ben ihre Figuren auf Tafeln von Holtz, und wie einige ſchreiben, auch von Stein, welche Tafeln ſo gros ſind, als ſie das Format verfertigen wollen. Dahero wiſ- ſen ſie nichts von dem Zerlegen, oder Einwerffen der Formen. Jſt eine Tafel zu einer Seite gebraucht, ſo taugt ſie zu weiter nichts mehr. Dieſe Art der Chine- ſer Buͤcher zu drucken kommt bey nahe mit unſerer Art Leinewand und andere Zeuge zu drucken uͤberein, keines- weges aber mit unſerer Buchdruckerey. Und hieher gehoͤren alſo die Zeugniſſe der uͤbrigen Scribenten, wel- chen man nicht abſprechen kan, daß eine Art der Dru- ckerey in China uͤblich ſey. Jch gebe auch zu, daß man heut zu Tage dergleichen gedruckte Buͤcher in beruͤhm- ten Bibliothecken aufweiſen koͤnne; Alleine, hieraus folget ja nicht, daß die Europaͤer, und unter dieſen die Teutſchen, ihre Buchdruckerkunſt von den Chineſern nur abgeborgt haͤtten. Es iſt noch nicht erwieſen, daß dergleichen Buͤcher in Europa vor Erfindung unſerer Buchdruckerey, oder zu derſelben Zeit, bekannt gewe- ſen waͤren. Man iſt uns auch bis dieſe Stunde noch den Beweiß ſchuldig, daß die Europaͤer, und unter dieſen die Teut-

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/48>, abgerufen am 27.04.2024.