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[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.

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von Erfindung der edlen Buchdruckerkunst.
schönen Beweis: Er habe dieses von den Chinesern
selbst gehöret.
Es muß dahero wohl wahr seyn,
denn sie sagen es ja selbst. Wer weiß aber nicht, wie
ruhmräthig dieses Volck ist? Es ist bekannt, daß die
Chineser das Sprüchwort im Munde führen: sie hät-
ten zwey Augen, die Europäer eines und die übrigen
Nationen gar keines, ist es deswegen wahr, weil sie es
selbst sagen? Jch sollte es nicht meynen. Man kan ih-
nen dahero ihr Vorgeben von der Buchdruckerey nicht
so gerade zu glauben. Dieses wäre zu leichtgläu-
big. Heut zu Tage glaubt man nicht mehr, als
man richtig erwiesen siehet. Und dieses von Rechts-
wegen. Da nun die übrigen Zeugnisse meistentheils
auf dergleichen Gründen beruhen; So wird man mir
erlauben, daß ich an der Wahrheit dieser Erzehlung
zweifele. Jch will aber nicht in Abrede seyn, daß die
Chineser gar keine Druckerey hätten. Das sey ferne.
Sie haben allerdings eine Art zu drucken. Jch ge-
traue mir aber zu behaupten, daß ihre Druckerey von
der unsrigen sehr weit unterschieden, und daß gar keine
Wahrscheinlichkeit vorhanden sey, daß sich der Ursprung
derselben von China herschreibe. Jn China setzet man
die Wörter nicht aus Buchstaben zusammen, sondern
sie haben gewisse Zeichen und Figuren, womit sie gan-
tze Wörter selbst ausdrücken. o) Mit dieser Figur
Tu wollen sie die Erde, hiemit Wang einen König und

wenn
o) Also beschreibt ANTONIVS PANTOGIA die Chine-
sische Buchdruckerey, welcher sie selbst gesehen. Dessen
Worte, wie wohl nur in lateinischer Sprache, führt
Georg Pasch l. c. p. 781. an. Eine Probe davon kan
man auf unserer Tab. p. 51. sehen

von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt.
ſchoͤnen Beweis: Er habe dieſes von den Chineſern
ſelbſt gehoͤret.
Es muß dahero wohl wahr ſeyn,
denn ſie ſagen es ja ſelbſt. Wer weiß aber nicht, wie
ruhmraͤthig dieſes Volck iſt? Es iſt bekannt, daß die
Chineſer das Spruͤchwort im Munde fuͤhren: ſie haͤt-
ten zwey Augen, die Europaͤer eines und die uͤbrigen
Nationen gar keines, iſt es deswegen wahr, weil ſie es
ſelbſt ſagen? Jch ſollte es nicht meynen. Man kan ih-
nen dahero ihr Vorgeben von der Buchdruckerey nicht
ſo gerade zu glauben. Dieſes waͤre zu leichtglaͤu-
big. Heut zu Tage glaubt man nicht mehr, als
man richtig erwieſen ſiehet. Und dieſes von Rechts-
wegen. Da nun die uͤbrigen Zeugniſſe meiſtentheils
auf dergleichen Gruͤnden beruhen; So wird man mir
erlauben, daß ich an der Wahrheit dieſer Erzehlung
zweifele. Jch will aber nicht in Abrede ſeyn, daß die
Chineſer gar keine Druckerey haͤtten. Das ſey ferne.
Sie haben allerdings eine Art zu drucken. Jch ge-
traue mir aber zu behaupten, daß ihre Druckerey von
der unſrigen ſehr weit unterſchieden, und daß gar keine
Wahrſcheinlichkeit vorhanden ſey, daß ſich der Urſprung
derſelben von China herſchreibe. Jn China ſetzet man
die Woͤrter nicht aus Buchſtaben zuſammen, ſondern
ſie haben gewiſſe Zeichen und Figuren, womit ſie gan-
tze Woͤrter ſelbſt ausdruͤcken. o) Mit dieſer Figur
土 wollen ſie die Erde, hiemit 王 einen Koͤnig und

wenn
o) Alſo beſchreibt ANTONIVS PANTOGIA die Chine-
ſiſche Buchdruckerey, welcher ſie ſelbſt geſehen. Deſſen
Worte, wie wohl nur in lateiniſcher Sprache, fuͤhrt
Georg Paſch l. c. p. 781. an. Eine Probe davon kan
man auf unſerer Tab. p. 51. ſehen
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[11/0047] von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. ſchoͤnen Beweis: Er habe dieſes von den Chineſern ſelbſt gehoͤret. Es muß dahero wohl wahr ſeyn, denn ſie ſagen es ja ſelbſt. Wer weiß aber nicht, wie ruhmraͤthig dieſes Volck iſt? Es iſt bekannt, daß die Chineſer das Spruͤchwort im Munde fuͤhren: ſie haͤt- ten zwey Augen, die Europaͤer eines und die uͤbrigen Nationen gar keines, iſt es deswegen wahr, weil ſie es ſelbſt ſagen? Jch ſollte es nicht meynen. Man kan ih- nen dahero ihr Vorgeben von der Buchdruckerey nicht ſo gerade zu glauben. Dieſes waͤre zu leichtglaͤu- big. Heut zu Tage glaubt man nicht mehr, als man richtig erwieſen ſiehet. Und dieſes von Rechts- wegen. Da nun die uͤbrigen Zeugniſſe meiſtentheils auf dergleichen Gruͤnden beruhen; So wird man mir erlauben, daß ich an der Wahrheit dieſer Erzehlung zweifele. Jch will aber nicht in Abrede ſeyn, daß die Chineſer gar keine Druckerey haͤtten. Das ſey ferne. Sie haben allerdings eine Art zu drucken. Jch ge- traue mir aber zu behaupten, daß ihre Druckerey von der unſrigen ſehr weit unterſchieden, und daß gar keine Wahrſcheinlichkeit vorhanden ſey, daß ſich der Urſprung derſelben von China herſchreibe. Jn China ſetzet man die Woͤrter nicht aus Buchſtaben zuſammen, ſondern ſie haben gewiſſe Zeichen und Figuren, womit ſie gan- tze Woͤrter ſelbſt ausdruͤcken. o) Mit dieſer Figur 土 wollen ſie die Erde, hiemit 王 einen Koͤnig und wenn o) Alſo beſchreibt ANTONIVS PANTOGIA die Chine- ſiſche Buchdruckerey, welcher ſie ſelbſt geſehen. Deſſen Worte, wie wohl nur in lateiniſcher Sprache, fuͤhrt Georg Paſch l. c. p. 781. an. Eine Probe davon kan man auf unſerer Tab. p. 51. ſehen

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/47>, abgerufen am 27.04.2024.