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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Stützlinie für das Kreisgewölbe.
Winkel A B F, den das erste Viertheil mit dem Horizonte macht, weil er einen BogenFig.
1.
Tab.
19.

von 45 Grad überspannt = 22,5° und der Winkel B D N, den das untere Viertheil mit dem
Horizonte bildet = 67,5° seyn.

Bereits bei den gebrochenen Dächern wurde gezeigt, dass für den Fall, als zwei
gleich lange und gleich schwere Prismen sich auf diese Art im Gleichgewichte erhalten
sollen, der Winkel A B F = 30°, und B D N = 60° seyn müsse; demnach ist für unsern
Fall im Kreise der obere Winkel zu klein, der untere aber zu gross. Diess bestättigt auch
die Erfahrung; stellt man nämlich vier Stücke Holz auf die Art zusammen, dass ihre End-
punkte D, B, A, C und M in der Peripherie eines Kreises liegen, und überlässt nun die-
se Stücke ihrer freien Stellung, so werden sogleich die untern zwei Theile von den obern
auswärts gedrückt und die obern fallen herab.

Wir wollen daher den halben Kreis in mehr als vier, und zwar in sechs TheileFig.
2.

theilen; ein jeder Theil A B, B D, D E überspannt daher einen Winkel von 30 Grad,
und es sind die Peripherie-Winkel A B F = 15° und B D N = 45°, endlich D E C = 75°.
Sollen nun die obern zwei Theile A B und B D einander das Gleichgewicht halten, so
muss tang A B F : tang B D N = [Formel 1] seyn, da die Stücke A B = B D
oder A = B sind. Weil nun der untere Winkel B D N = 45° und seine Tangente = 1 ist,
so müsste die obere Tangente oder tang A B F = 1/3 = 0,3333 seyn. Da aber tang 15° = 0,2679
ist, so sieht man, dass der Winkel A B F = 15° zu klein sey.

Ein Gleichgewicht kann daher nur dann statt finden, wenn von B oberhalb A B eine
Linie nach G gezogen, und die Masse des ersten Gewölbtheiles als an dieser Linie hän-
gend gedacht wird. Zur Bestimmung dieses Punktes G wollen wir den Halbmesser oder
die halbe Weite des Kreisgewölbes E C = a setzen, so ist [Formel 2] , fer-
ner [Formel 3] beinahe.
Soll sich das Gewölbe im Punkte G gehörig stützen, so muss [Formel 4] seyn, und da
[Formel 5] ist, so folgt [Formel 6] . Hieraus ergibt sich die Entfernung A G, wo sich
der oberste Gewölbtheil stützt [Formel 7] .

Wenn man sich daher bei einem Kreisgewölbe am Schlusse von dem untern Punkte
A den 24ten Theil des Halbmessers aufträgt, so erhält man den Punkt G, an welchen der
Druck des Gewölbes übergeht.

D'' U = A C + A B -- U U'' = a + 0,0413 . a -- 0,6536 . a = 0,3877 . a. Die Stützlinie trifft daher die Wi-Fig.
10.

derlagsmauer U' U'' auf der Höhe D'' U = 0,3877 . a über dem Kämpfer.
Obwohl durch die Hintermauerung das Gewicht des Gewölbes noch um etwas vermehrt, demnach
auch die Stützlinie etwas herabgedrückt wird, so werden wir doch bei der Berechnung der Stärke der
Widerlagen annehmen, dass bei U nebst dem horizontalen Drucke [Formel 8] noch
das Gewicht des Gewölbes A U' . A' A'' = 1,2811 . a . d senkrecht herabdrücke. Dadurch bestimmt
sich der Winkel, welchen die Stützlinie in dem Punkte U mit der Horizontalen bildet, nämlich
tang S U [Formel 9] , mithin der Winkel S U w = 58° 30Min.
53 *

Stützlinie für das Kreisgewölbe.
Winkel A B F, den das erste Viertheil mit dem Horizonte macht, weil er einen BogenFig.
1.
Tab.
19.

von 45 Grad überspannt = 22,5° und der Winkel B D N, den das untere Viertheil mit dem
Horizonte bildet = 67,5° seyn.

Bereits bei den gebrochenen Dächern wurde gezeigt, dass für den Fall, als zwei
gleich lange und gleich schwere Prismen sich auf diese Art im Gleichgewichte erhalten
sollen, der Winkel A B F = 30°, und B D N = 60° seyn müsse; demnach ist für unsern
Fall im Kreise der obere Winkel zu klein, der untere aber zu gross. Diess bestättigt auch
die Erfahrung; stellt man nämlich vier Stücke Holz auf die Art zusammen, dass ihre End-
punkte D, B, A, C und M in der Peripherie eines Kreises liegen, und überlässt nun die-
se Stücke ihrer freien Stellung, so werden sogleich die untern zwei Theile von den obern
auswärts gedrückt und die obern fallen herab.

Wir wollen daher den halben Kreis in mehr als vier, und zwar in sechs TheileFig.
2.

theilen; ein jeder Theil A B, B D, D E überspannt daher einen Winkel von 30 Grad,
und es sind die Peripherie-Winkel A B F = 15° und B D N = 45°, endlich D E C = 75°.
Sollen nun die obern zwei Theile A B und B D einander das Gleichgewicht halten, so
muss tang A B F : tang B D N = [Formel 1] seyn, da die Stücke A B = B D
oder A = B sind. Weil nun der untere Winkel B D N = 45° und seine Tangente = 1 ist,
so müsste die obere Tangente oder tang A B F = ⅓ = 0,3333 seyn. Da aber tang 15° = 0,2679
ist, so sieht man, dass der Winkel A B F = 15° zu klein sey.

Ein Gleichgewicht kann daher nur dann statt finden, wenn von B oberhalb A B eine
Linie nach G gezogen, und die Masse des ersten Gewölbtheiles als an dieser Linie hän-
gend gedacht wird. Zur Bestimmung dieses Punktes G wollen wir den Halbmesser oder
die halbe Weite des Kreisgewölbes E C = a setzen, so ist [Formel 2] , fer-
ner [Formel 3] beinahe.
Soll sich das Gewölbe im Punkte G gehörig stützen, so muss [Formel 4] seyn, und da
[Formel 5] ist, so folgt [Formel 6] . Hieraus ergibt sich die Entfernung A G, wo sich
der oberste Gewölbtheil stützt [Formel 7] .

Wenn man sich daher bei einem Kreisgewölbe am Schlusse von dem untern Punkte
A den 24ten Theil des Halbmessers aufträgt, so erhält man den Punkt G, an welchen der
Druck des Gewölbes übergeht.

D'' U = A C + A B — U U'' = a + 0,0413 . a — 0,6536 . a = 0,3877 . a. Die Stützlinie trifft daher die Wi-Fig.
10.

derlagsmauer U' U'' auf der Höhe D'' U = 0,3877 . a über dem Kämpfer.
Obwohl durch die Hintermauerung das Gewicht des Gewölbes noch um etwas vermehrt, demnach
auch die Stützlinie etwas herabgedrückt wird, so werden wir doch bei der Berechnung der Stärke der
Widerlagen annehmen, dass bei U nebst dem horizontalen Drucke [Formel 8] noch
das Gewicht des Gewölbes A U' . A' A'' = 1,2811 . a . δ senkrecht herabdrücke. Dadurch bestimmt
sich der Winkel, welchen die Stützlinie in dem Punkte U mit der Horizontalen bildet, nämlich
tang S U [Formel 9] , mithin der Winkel S U w = 58° 30Min.
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[419/0449] Stützlinie für das Kreisgewölbe. Winkel A B F, den das erste Viertheil mit dem Horizonte macht, weil er einen Bogen von 45 Grad überspannt = 22,5° und der Winkel B D N, den das untere Viertheil mit dem Horizonte bildet = 67,5° seyn. Fig. 1. Tab. 19. Bereits bei den gebrochenen Dächern wurde gezeigt, dass für den Fall, als zwei gleich lange und gleich schwere Prismen sich auf diese Art im Gleichgewichte erhalten sollen, der Winkel A B F = 30°, und B D N = 60° seyn müsse; demnach ist für unsern Fall im Kreise der obere Winkel zu klein, der untere aber zu gross. Diess bestättigt auch die Erfahrung; stellt man nämlich vier Stücke Holz auf die Art zusammen, dass ihre End- punkte D, B, A, C und M in der Peripherie eines Kreises liegen, und überlässt nun die- se Stücke ihrer freien Stellung, so werden sogleich die untern zwei Theile von den obern auswärts gedrückt und die obern fallen herab. Wir wollen daher den halben Kreis in mehr als vier, und zwar in sechs Theile theilen; ein jeder Theil A B, B D, D E überspannt daher einen Winkel von 30 Grad, und es sind die Peripherie-Winkel A B F = 15° und B D N = 45°, endlich D E C = 75°. Sollen nun die obern zwei Theile A B und B D einander das Gleichgewicht halten, so muss tang A B F : tang B D N = [FORMEL] seyn, da die Stücke A B = B D oder A = B sind. Weil nun der untere Winkel B D N = 45° und seine Tangente = 1 ist, so müsste die obere Tangente oder tang A B F = ⅓ = 0,3333 seyn. Da aber tang 15° = 0,2679 ist, so sieht man, dass der Winkel A B F = 15° zu klein sey. Fig. 2. Ein Gleichgewicht kann daher nur dann statt finden, wenn von B oberhalb A B eine Linie nach G gezogen, und die Masse des ersten Gewölbtheiles als an dieser Linie hän- gend gedacht wird. Zur Bestimmung dieses Punktes G wollen wir den Halbmesser oder die halbe Weite des Kreisgewölbes E C = a setzen, so ist [FORMEL], fer- ner [FORMEL] beinahe. Soll sich das Gewölbe im Punkte G gehörig stützen, so muss [FORMEL] seyn, und da [FORMEL] ist, so folgt [FORMEL]. Hieraus ergibt sich die Entfernung A G, wo sich der oberste Gewölbtheil stützt [FORMEL]. Wenn man sich daher bei einem Kreisgewölbe am Schlusse von dem untern Punkte A den 24ten Theil des Halbmessers aufträgt, so erhält man den Punkt G, an welchen der Druck des Gewölbes übergeht. *) *) D'' U = A C + A B — U U'' = a + 0,0413 . a — 0,6536 . a = 0,3877 . a. Die Stützlinie trifft daher die Wi- derlagsmauer U' U'' auf der Höhe D'' U = 0,3877 . a über dem Kämpfer. Obwohl durch die Hintermauerung das Gewicht des Gewölbes noch um etwas vermehrt, demnach auch die Stützlinie etwas herabgedrückt wird, so werden wir doch bei der Berechnung der Stärke der Widerlagen annehmen, dass bei U nebst dem horizontalen Drucke [FORMEL] noch das Gewicht des Gewölbes A U' . A' A'' = 1,2811 . a . δ senkrecht herabdrücke. Dadurch bestimmt sich der Winkel, welchen die Stützlinie in dem Punkte U mit der Horizontalen bildet, nämlich tang S U [FORMEL], mithin der Winkel S U w = 58° 30Min. 53 *

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/449>, abgerufen am 26.04.2024.