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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Relative Festigkeit der Körper.
§. 285.

Aus der letzten Proportion folgt Q = [Formel 1] . Um diese Gleichung für die
Anwendung brauchbar zu machen, muss man die Grössen q, l, b und h vorläufig
durch einen Versuch mit einem gleichartigen Körper bestimmen. Nennen wir den
Coeffizienten, welcher sich aus dem Versuche ergibt [Formel 2] = m, so erhalten wir die Glei-
chung Q = [Formel 3] oder auch [Formel 4] , wenn wir die Querschnittsfläche B . H mit F
bezeichnen.

Diese Gleichung zeigt, dass ein Balken eine um so grössere Last zu tragen im Stan-
de sey, je grösser m ist, d. i. je grösser durch einen Versuch die Cohaesionskraft der
Materie gefunden wird; ferner wächst das Tragungsvermögen mit dem Querschnitte B . H,
und zugleich mit der Höhe H, nimmt aber mit der Länge L des Balkens ab.

§. 286.

Für einen gegebenen Balken ist das Produkt F . H besonders merkwürdig; denn
Fig.
13.
Tab.
14.
derselbe Balken hat in der Lage I (Fig. 13) das Tragungsvermögen Q = [Formel 5] , in der
Lage II aber Q' = [Formel 6] , wenn A und D die Dimensionen der Querschnittsfläche F sind
und einmal A, das anderemal D als Höhe angesehen wird.

Es ist also Q : Q' = A : D, d. h. das Tragungsvermögen eines und desselben Bal-
kens, dessen Querschnitt ein Rechteck ist, ist grösser oder kleiner, je nachdem man die
grössere oder kleinere Seite zur Höhe nimmt, und steht mit diesen Höhen im geraden
Verhältnisse. Z. B. ist A = 2 D und es wird A zur Höhe genommen, so ist das Tra-
gungsvermögen zweimal so gross, als in dem Falle, wenn D die Höhe ist. Daraus folgt
die wichtige Regel für das Bauwesen, dass man jedem zum Tragen bestimm-
ten parallelopipedischen Körper ungleiche Dimensionen zu sei-
nem Querschnitte geben, und die grössere Dimension zur Höhe neh-
men solle
.

§. 287.

Die eben aufgestellten Resultate für die Spannung oder den Bruch der Körper durch
angehängte Gewichte gelten nur unter der Voraussetzung, dass der betrachtete Körper
bloss ausdehnbar und nicht auch zusammendrückbar ist. Alle Körper, die ausdehnbar
sind, sind aber auch zusammendrückbar; wir wollen daher gegenwärtig auch auf die Zu-
sammendrückbarkeit der Theile mit Rücksicht nehmen, und das Tragungsvermögen eines Bal-
kens unter der Voraussetzung suchen, dass seine obern Theile ausgedehnt, seine untern
zusammengedrückt seyen, und daher in irgend einem Punkte der Höhe ein Cohaesions-
band liege, welches weder ausgedehnt noch zusammengedrückt wird.

Fig.
14.

Es sey bei dem Balken A B (Fig. 14.), der durch das Gewicht Q gebogen wurde,
die Linie O P in irgend einem Punkte O der Höhe derjenige Cohaesionsfaden der we-
der ausgedehnt, noch zusammengedrückt wird; die überliegenden Bänder werden aus-

Relative Festigkeit der Körper.
§. 285.

Aus der letzten Proportion folgt Q = [Formel 1] . Um diese Gleichung für die
Anwendung brauchbar zu machen, muss man die Grössen q, l, b und h vorläufig
durch einen Versuch mit einem gleichartigen Körper bestimmen. Nennen wir den
Coeffizienten, welcher sich aus dem Versuche ergibt [Formel 2] = μ, so erhalten wir die Glei-
chung Q = [Formel 3] oder auch [Formel 4] , wenn wir die Querschnittsfläche B . H mit F
bezeichnen.

Diese Gleichung zeigt, dass ein Balken eine um so grössere Last zu tragen im Stan-
de sey, je grösser μ ist, d. i. je grösser durch einen Versuch die Cohaesionskraft der
Materie gefunden wird; ferner wächst das Tragungsvermögen mit dem Querschnitte B . H,
und zugleich mit der Höhe H, nimmt aber mit der Länge L des Balkens ab.

§. 286.

Für einen gegebenen Balken ist das Produkt F . H besonders merkwürdig; denn
Fig.
13.
Tab.
14.
derselbe Balken hat in der Lage I (Fig. 13) das Tragungsvermögen Q = [Formel 5] , in der
Lage II aber Q' = [Formel 6] , wenn A und D die Dimensionen der Querschnittsfläche F sind
und einmal A, das anderemal D als Höhe angesehen wird.

Es ist also Q : Q' = A : D, d. h. das Tragungsvermögen eines und desselben Bal-
kens, dessen Querschnitt ein Rechteck ist, ist grösser oder kleiner, je nachdem man die
grössere oder kleinere Seite zur Höhe nimmt, und steht mit diesen Höhen im geraden
Verhältnisse. Z. B. ist A = 2 D und es wird A zur Höhe genommen, so ist das Tra-
gungsvermögen zweimal so gross, als in dem Falle, wenn D die Höhe ist. Daraus folgt
die wichtige Regel für das Bauwesen, dass man jedem zum Tragen bestimm-
ten parallelopipedischen Körper ungleiche Dimensionen zu sei-
nem Querschnitte geben, und die grössere Dimension zur Höhe neh-
men solle
.

§. 287.

Die eben aufgestellten Resultate für die Spannung oder den Bruch der Körper durch
angehängte Gewichte gelten nur unter der Voraussetzung, dass der betrachtete Körper
bloss ausdehnbar und nicht auch zusammendrückbar ist. Alle Körper, die ausdehnbar
sind, sind aber auch zusammendrückbar; wir wollen daher gegenwärtig auch auf die Zu-
sammendrückbarkeit der Theile mit Rücksicht nehmen, und das Tragungsvermögen eines Bal-
kens unter der Voraussetzung suchen, dass seine obern Theile ausgedehnt, seine untern
zusammengedrückt seyen, und daher in irgend einem Punkte der Höhe ein Cohaesions-
band liege, welches weder ausgedehnt noch zusammengedrückt wird.

Fig.
14.

Es sey bei dem Balken A B (Fig. 14.), der durch das Gewicht Q gebogen wurde,
die Linie O P in irgend einem Punkte O der Höhe derjenige Cohaesionsfaden der we-
der ausgedehnt, noch zusammengedrückt wird; die überliegenden Bänder werden aus-

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[294/0324] Relative Festigkeit der Körper. §. 285. Aus der letzten Proportion folgt Q = [FORMEL]. Um diese Gleichung für die Anwendung brauchbar zu machen, muss man die Grössen q, l, b und h vorläufig durch einen Versuch mit einem gleichartigen Körper bestimmen. Nennen wir den Coeffizienten, welcher sich aus dem Versuche ergibt [FORMEL] = μ, so erhalten wir die Glei- chung Q = [FORMEL] oder auch [FORMEL], wenn wir die Querschnittsfläche B . H mit F bezeichnen. Diese Gleichung zeigt, dass ein Balken eine um so grössere Last zu tragen im Stan- de sey, je grösser μ ist, d. i. je grösser durch einen Versuch die Cohaesionskraft der Materie gefunden wird; ferner wächst das Tragungsvermögen mit dem Querschnitte B . H, und zugleich mit der Höhe H, nimmt aber mit der Länge L des Balkens ab. §. 286. Für einen gegebenen Balken ist das Produkt F . H besonders merkwürdig; denn derselbe Balken hat in der Lage I (Fig. 13) das Tragungsvermögen Q = [FORMEL], in der Lage II aber Q' = [FORMEL], wenn A und D die Dimensionen der Querschnittsfläche F sind und einmal A, das anderemal D als Höhe angesehen wird. Fig. 13. Tab. 14. Es ist also Q : Q' = A : D, d. h. das Tragungsvermögen eines und desselben Bal- kens, dessen Querschnitt ein Rechteck ist, ist grösser oder kleiner, je nachdem man die grössere oder kleinere Seite zur Höhe nimmt, und steht mit diesen Höhen im geraden Verhältnisse. Z. B. ist A = 2 D und es wird A zur Höhe genommen, so ist das Tra- gungsvermögen zweimal so gross, als in dem Falle, wenn D die Höhe ist. Daraus folgt die wichtige Regel für das Bauwesen, dass man jedem zum Tragen bestimm- ten parallelopipedischen Körper ungleiche Dimensionen zu sei- nem Querschnitte geben, und die grössere Dimension zur Höhe neh- men solle. §. 287. Die eben aufgestellten Resultate für die Spannung oder den Bruch der Körper durch angehängte Gewichte gelten nur unter der Voraussetzung, dass der betrachtete Körper bloss ausdehnbar und nicht auch zusammendrückbar ist. Alle Körper, die ausdehnbar sind, sind aber auch zusammendrückbar; wir wollen daher gegenwärtig auch auf die Zu- sammendrückbarkeit der Theile mit Rücksicht nehmen, und das Tragungsvermögen eines Bal- kens unter der Voraussetzung suchen, dass seine obern Theile ausgedehnt, seine untern zusammengedrückt seyen, und daher in irgend einem Punkte der Höhe ein Cohaesions- band liege, welches weder ausgedehnt noch zusammengedrückt wird. Es sey bei dem Balken A B (Fig. 14.), der durch das Gewicht Q gebogen wurde, die Linie O P in irgend einem Punkte O der Höhe derjenige Cohaesionsfaden der we- der ausgedehnt, noch zusammengedrückt wird; die überliegenden Bänder werden aus-

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/324>, abgerufen am 28.11.2024.