Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.die Worte zu dem Ohre seiner Begleiterin gedrungen, und sie sagte lächelnd: Sorgt Euch nicht um das -- wir bleiben länger zusammen -- länger vielleicht als Euch lieb ist. Und würdest du es gerne sehen, Gertrud, wenn ich bei euch bliebe? frug Arnold, und er fühlte dabei, wie ihm das Blut mit voller Gewalt in Stirn und Schläfe schoß. Gewiß, sagte das junge Mädchen unbefangen, Ihr seid gut und freundlich -- mein Vater hat Euch auch gern, ich weiß es, und -- Heinrich ist doch nicht gekommen! setzte sie leise und wie zürnend hinzu. Und wenn er nun morgen käme? Morgen? sagte Gertrud und sah ihn mit ihren großen, dunklen Augen ernst an -- dazwischen liegt eine lange -- lange Nacht. Morgen! Ihr werdet morgen begreifen, was das Wort bedeutet. Aber heint sprechen wir nicht davon, brach sie kurz und freundlich ab, heint ist das frohe Fest, auf das wir uns so lange, so sehr sehr lange gefreut, und das wollen wir uns ja nicht durch trübe Gedanken verkümmern. Und hier sind wir auch am Orte -- die Burschen werden nicht schlecht schauen, wenn ich mir einen neuen Tänzer mitbringe. Arnold wollte ihr etwas darauf erwidern, aber lärmende Musik, die von innen heraustönte, übertäubte seine Worte. Wunderliche Weisen spielten auch die Musikanten auf -- er kannte keine einzige davon und ward durch den Glanz der vielen Lichter, die ihm ent- die Worte zu dem Ohre seiner Begleiterin gedrungen, und sie sagte lächelnd: Sorgt Euch nicht um das — wir bleiben länger zusammen — länger vielleicht als Euch lieb ist. Und würdest du es gerne sehen, Gertrud, wenn ich bei euch bliebe? frug Arnold, und er fühlte dabei, wie ihm das Blut mit voller Gewalt in Stirn und Schläfe schoß. Gewiß, sagte das junge Mädchen unbefangen, Ihr seid gut und freundlich — mein Vater hat Euch auch gern, ich weiß es, und — Heinrich ist doch nicht gekommen! setzte sie leise und wie zürnend hinzu. Und wenn er nun morgen käme? Morgen? sagte Gertrud und sah ihn mit ihren großen, dunklen Augen ernst an — dazwischen liegt eine lange — lange Nacht. Morgen! Ihr werdet morgen begreifen, was das Wort bedeutet. Aber heint sprechen wir nicht davon, brach sie kurz und freundlich ab, heint ist das frohe Fest, auf das wir uns so lange, so sehr sehr lange gefreut, und das wollen wir uns ja nicht durch trübe Gedanken verkümmern. Und hier sind wir auch am Orte — die Burschen werden nicht schlecht schauen, wenn ich mir einen neuen Tänzer mitbringe. Arnold wollte ihr etwas darauf erwidern, aber lärmende Musik, die von innen heraustönte, übertäubte seine Worte. Wunderliche Weisen spielten auch die Musikanten auf — er kannte keine einzige davon und ward durch den Glanz der vielen Lichter, die ihm ent- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0035"/> die Worte zu dem Ohre seiner Begleiterin gedrungen, und sie sagte lächelnd:</p><lb/> <p>Sorgt Euch nicht um das — wir bleiben länger zusammen — länger vielleicht als Euch lieb ist.</p><lb/> <p>Und würdest du es gerne sehen, Gertrud, wenn ich bei euch bliebe? frug Arnold, und er fühlte dabei, wie ihm das Blut mit voller Gewalt in Stirn und Schläfe schoß.</p><lb/> <p>Gewiß, sagte das junge Mädchen unbefangen, Ihr seid gut und freundlich — mein Vater hat Euch auch gern, ich weiß es, und — Heinrich ist doch nicht gekommen! setzte sie leise und wie zürnend hinzu.</p><lb/> <p>Und wenn er nun morgen käme?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Morgen</hi>? sagte Gertrud und sah ihn mit ihren großen, dunklen Augen ernst an — dazwischen liegt eine lange — lange Nacht. <hi rendition="#g">Morgen</hi>! Ihr werdet <hi rendition="#g">morgen</hi> begreifen, was das Wort bedeutet. Aber heint sprechen wir nicht davon, brach sie kurz und freundlich ab, heint ist das frohe Fest, auf das wir uns so lange, so sehr sehr lange gefreut, und das wollen wir uns ja nicht durch trübe Gedanken verkümmern. Und hier sind wir auch am Orte — die Burschen werden nicht schlecht schauen, wenn ich mir einen neuen Tänzer mitbringe.</p><lb/> <p>Arnold wollte ihr etwas darauf erwidern, aber lärmende Musik, die von innen heraustönte, übertäubte seine Worte. Wunderliche Weisen spielten auch die Musikanten auf — er kannte keine einzige davon und ward durch den Glanz der vielen Lichter, die ihm ent-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
die Worte zu dem Ohre seiner Begleiterin gedrungen, und sie sagte lächelnd:
Sorgt Euch nicht um das — wir bleiben länger zusammen — länger vielleicht als Euch lieb ist.
Und würdest du es gerne sehen, Gertrud, wenn ich bei euch bliebe? frug Arnold, und er fühlte dabei, wie ihm das Blut mit voller Gewalt in Stirn und Schläfe schoß.
Gewiß, sagte das junge Mädchen unbefangen, Ihr seid gut und freundlich — mein Vater hat Euch auch gern, ich weiß es, und — Heinrich ist doch nicht gekommen! setzte sie leise und wie zürnend hinzu.
Und wenn er nun morgen käme?
Morgen? sagte Gertrud und sah ihn mit ihren großen, dunklen Augen ernst an — dazwischen liegt eine lange — lange Nacht. Morgen! Ihr werdet morgen begreifen, was das Wort bedeutet. Aber heint sprechen wir nicht davon, brach sie kurz und freundlich ab, heint ist das frohe Fest, auf das wir uns so lange, so sehr sehr lange gefreut, und das wollen wir uns ja nicht durch trübe Gedanken verkümmern. Und hier sind wir auch am Orte — die Burschen werden nicht schlecht schauen, wenn ich mir einen neuen Tänzer mitbringe.
Arnold wollte ihr etwas darauf erwidern, aber lärmende Musik, die von innen heraustönte, übertäubte seine Worte. Wunderliche Weisen spielten auch die Musikanten auf — er kannte keine einzige davon und ward durch den Glanz der vielen Lichter, die ihm ent-
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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