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Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Morgen. Ueberall standen lachende Gruppen von jungen Leuten; die Mädchen waren zu der Festlichkeit geschmückt und die Burschen ebenfalls in ihrem besten Staate, und an dem Wirthshause, an dem sie vorbeigingen, hingen Blatt-Guirlanden von einem Fenster zum anderen und zogen über der Thüre einen weiten Triumphbogen.

Arnold mochte sich, da er Alles aufs Beste herausgeputzt sah, nicht in seinen Reisekleidern zwischen die Festtägler mischen, schnallte deßhalb in des Schulzen Hause seinen Tornister auf, nahm seinen guten Anzug heraus und war eben mit seiner Toilette fertig, als Gertrud an die Thüre klopfte und ihn abrief. Und wie wunderbar schön sah das Mädchen jetzt in ihrem einfachen und doch so reichen Schmucke aus, und wie herzlich bat sie ihn, sie zu begleiten, da Vater und Mutter erst später nachfolgen würden!

Die Sehnsucht nach ihrem Heinrich kann ihr das Herz nicht besonders abdrücken, dachte der junge Mann freilich, als er ihren Arm in den seinen zog und mit ihr durch die jetzt einbrechende Dämmerung dem Tanzsaale zuschritt; aber er hütete sich wohl, einem derartigen Gedanken Worte zu geben, denn ein eigenes, wunderliches Gefühl durchzuckte seine Brust, und sein Herz klopfte ihm selber ungestüm, als er das der Jungfrau an seinem Arme pochen fühlte.

Und morgen muß ich wieder fort, seufzte er leise vor sich hin. Ohne daß er es selber wollte, waren aber

Morgen. Ueberall standen lachende Gruppen von jungen Leuten; die Mädchen waren zu der Festlichkeit geschmückt und die Burschen ebenfalls in ihrem besten Staate, und an dem Wirthshause, an dem sie vorbeigingen, hingen Blatt-Guirlanden von einem Fenster zum anderen und zogen über der Thüre einen weiten Triumphbogen.

Arnold mochte sich, da er Alles aufs Beste herausgeputzt sah, nicht in seinen Reisekleidern zwischen die Festtägler mischen, schnallte deßhalb in des Schulzen Hause seinen Tornister auf, nahm seinen guten Anzug heraus und war eben mit seiner Toilette fertig, als Gertrud an die Thüre klopfte und ihn abrief. Und wie wunderbar schön sah das Mädchen jetzt in ihrem einfachen und doch so reichen Schmucke aus, und wie herzlich bat sie ihn, sie zu begleiten, da Vater und Mutter erst später nachfolgen würden!

Die Sehnsucht nach ihrem Heinrich kann ihr das Herz nicht besonders abdrücken, dachte der junge Mann freilich, als er ihren Arm in den seinen zog und mit ihr durch die jetzt einbrechende Dämmerung dem Tanzsaale zuschritt; aber er hütete sich wohl, einem derartigen Gedanken Worte zu geben, denn ein eigenes, wunderliches Gefühl durchzuckte seine Brust, und sein Herz klopfte ihm selber ungestüm, als er das der Jungfrau an seinem Arme pochen fühlte.

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[0034] Morgen. Ueberall standen lachende Gruppen von jungen Leuten; die Mädchen waren zu der Festlichkeit geschmückt und die Burschen ebenfalls in ihrem besten Staate, und an dem Wirthshause, an dem sie vorbeigingen, hingen Blatt-Guirlanden von einem Fenster zum anderen und zogen über der Thüre einen weiten Triumphbogen. Arnold mochte sich, da er Alles aufs Beste herausgeputzt sah, nicht in seinen Reisekleidern zwischen die Festtägler mischen, schnallte deßhalb in des Schulzen Hause seinen Tornister auf, nahm seinen guten Anzug heraus und war eben mit seiner Toilette fertig, als Gertrud an die Thüre klopfte und ihn abrief. Und wie wunderbar schön sah das Mädchen jetzt in ihrem einfachen und doch so reichen Schmucke aus, und wie herzlich bat sie ihn, sie zu begleiten, da Vater und Mutter erst später nachfolgen würden! Die Sehnsucht nach ihrem Heinrich kann ihr das Herz nicht besonders abdrücken, dachte der junge Mann freilich, als er ihren Arm in den seinen zog und mit ihr durch die jetzt einbrechende Dämmerung dem Tanzsaale zuschritt; aber er hütete sich wohl, einem derartigen Gedanken Worte zu geben, denn ein eigenes, wunderliches Gefühl durchzuckte seine Brust, und sein Herz klopfte ihm selber ungestüm, als er das der Jungfrau an seinem Arme pochen fühlte. Und morgen muß ich wieder fort, seufzte er leise vor sich hin. Ohne daß er es selber wollte, waren aber

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:22:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:22:05Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/34>, abgerufen am 22.11.2024.