Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Es blieb ihm aber nur wenig Zeit, das zu beobachten, denn im nächsten Augenblicke schon warf sein gastlicher Wirth die Thüre der Wohnstube auf, und Arnold sah sich in einem nicht hohen, aber breiten und geräumigen Zimmer, das frisch gelüftet, mit weißem Sand gestreut und mit dem großen, von schneeigen Linnen bedeckten Tisch in der Mitte, gar freundlich gegen die übrige etwas verwilderte Einrichtung des Hauses abstach. Außer der alten Frau, die jetzt das Fenster geschlossen hatte und ihren Stuhl zum Tisch rückte, saßen noch ein paar rothbäckige Kinder in der Ecke, und eine rüstige Bauerfrau -- aber auch in ganz anderer Tracht als die der Nachbardörfer -- öffnete eben der mit einer großen Schüssel hereinkommenden Magd die Thüre. Und jetzt dampften die Klöße auf dem Tische, und Alles drängte an die Stühle der willkommenen Mahlzeit entgegen; Keines aber setzte sich, und die Kinder schauten mit, wie es Arnold vorkam, fast ängstlichen Blicken auf den Vater. Dieser trat zu seinem Stuhle, lehnte sich mit dem Arm darauf und sah still und schweigend, ja finster vor sich nieder. -- Betete er? Arnold sah, daß er die Lippen fest zusammengepreßt hielt, während seine rechte Hand zusammengeballt an der Seite niederhing -- in diesen Zügen lag kein Gebet, nur starrer, und doch unschlüssiger Trotz. Gertrud ging da leise auf ihn zu und legte ihre Hand auf seine Schulter, und die alte Frau stand ihm Es blieb ihm aber nur wenig Zeit, das zu beobachten, denn im nächsten Augenblicke schon warf sein gastlicher Wirth die Thüre der Wohnstube auf, und Arnold sah sich in einem nicht hohen, aber breiten und geräumigen Zimmer, das frisch gelüftet, mit weißem Sand gestreut und mit dem großen, von schneeigen Linnen bedeckten Tisch in der Mitte, gar freundlich gegen die übrige etwas verwilderte Einrichtung des Hauses abstach. Außer der alten Frau, die jetzt das Fenster geschlossen hatte und ihren Stuhl zum Tisch rückte, saßen noch ein paar rothbäckige Kinder in der Ecke, und eine rüstige Bauerfrau — aber auch in ganz anderer Tracht als die der Nachbardörfer — öffnete eben der mit einer großen Schüssel hereinkommenden Magd die Thüre. Und jetzt dampften die Klöße auf dem Tische, und Alles drängte an die Stühle der willkommenen Mahlzeit entgegen; Keines aber setzte sich, und die Kinder schauten mit, wie es Arnold vorkam, fast ängstlichen Blicken auf den Vater. Dieser trat zu seinem Stuhle, lehnte sich mit dem Arm darauf und sah still und schweigend, ja finster vor sich nieder. — Betete er? Arnold sah, daß er die Lippen fest zusammengepreßt hielt, während seine rechte Hand zusammengeballt an der Seite niederhing — in diesen Zügen lag kein Gebet, nur starrer, und doch unschlüssiger Trotz. Gertrud ging da leise auf ihn zu und legte ihre Hand auf seine Schulter, und die alte Frau stand ihm <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <pb facs="#f0023"/> <p>Es blieb ihm aber nur wenig Zeit, das zu beobachten, denn im nächsten Augenblicke schon warf sein gastlicher Wirth die Thüre der Wohnstube auf, und Arnold sah sich in einem nicht hohen, aber breiten und geräumigen Zimmer, das frisch gelüftet, mit weißem Sand gestreut und mit dem großen, von schneeigen Linnen bedeckten Tisch in der Mitte, gar freundlich gegen die übrige etwas verwilderte Einrichtung des Hauses abstach.</p><lb/> <p>Außer der alten Frau, die jetzt das Fenster geschlossen hatte und ihren Stuhl zum Tisch rückte, saßen noch ein paar rothbäckige Kinder in der Ecke, und eine rüstige Bauerfrau — aber auch in ganz anderer Tracht als die der Nachbardörfer — öffnete eben der mit einer großen Schüssel hereinkommenden Magd die Thüre. Und jetzt dampften die Klöße auf dem Tische, und Alles drängte an die Stühle der willkommenen Mahlzeit entgegen; Keines aber setzte sich, und die Kinder schauten mit, wie es Arnold vorkam, fast ängstlichen Blicken auf den Vater.</p><lb/> <p>Dieser trat zu seinem Stuhle, lehnte sich mit dem Arm darauf und sah still und schweigend, ja finster vor sich nieder. — Betete er? Arnold sah, daß er die Lippen fest zusammengepreßt hielt, während seine rechte Hand zusammengeballt an der Seite niederhing — in diesen Zügen lag kein Gebet, nur starrer, und doch unschlüssiger Trotz.</p><lb/> <p>Gertrud ging da leise auf ihn zu und legte ihre Hand auf seine Schulter, und die alte Frau stand ihm<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
Es blieb ihm aber nur wenig Zeit, das zu beobachten, denn im nächsten Augenblicke schon warf sein gastlicher Wirth die Thüre der Wohnstube auf, und Arnold sah sich in einem nicht hohen, aber breiten und geräumigen Zimmer, das frisch gelüftet, mit weißem Sand gestreut und mit dem großen, von schneeigen Linnen bedeckten Tisch in der Mitte, gar freundlich gegen die übrige etwas verwilderte Einrichtung des Hauses abstach.
Außer der alten Frau, die jetzt das Fenster geschlossen hatte und ihren Stuhl zum Tisch rückte, saßen noch ein paar rothbäckige Kinder in der Ecke, und eine rüstige Bauerfrau — aber auch in ganz anderer Tracht als die der Nachbardörfer — öffnete eben der mit einer großen Schüssel hereinkommenden Magd die Thüre. Und jetzt dampften die Klöße auf dem Tische, und Alles drängte an die Stühle der willkommenen Mahlzeit entgegen; Keines aber setzte sich, und die Kinder schauten mit, wie es Arnold vorkam, fast ängstlichen Blicken auf den Vater.
Dieser trat zu seinem Stuhle, lehnte sich mit dem Arm darauf und sah still und schweigend, ja finster vor sich nieder. — Betete er? Arnold sah, daß er die Lippen fest zusammengepreßt hielt, während seine rechte Hand zusammengeballt an der Seite niederhing — in diesen Zügen lag kein Gebet, nur starrer, und doch unschlüssiger Trotz.
Gertrud ging da leise auf ihn zu und legte ihre Hand auf seine Schulter, und die alte Frau stand ihm
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