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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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oder aber, dass bestimmte Racen, auch wenn sie sich wirklich über das Niveau der gewöhnlichen "Wilden" erhoben hätten, dennoch einem frühen Tode entgegengingen, weil sie nun eben von der Natur zum Aussterben bestimmt seien, weil es ihnen eben, in Folge ihrer Raceneigenthümlichkeit, an Lebensfähigkeit fehle, welche keine Kultur ersetzen könne: vielmehr decke jede Art von Kultur diesen Mangel nur um so mitleidsloser auf. Allerdings gibt es auch farbige Racen und Naturvölker, bei welchen an ein Aussterben nicht zu denken ist; und andererseits sind auch Theile von Kulturvölkern, indogermanische, semitische Stämme verschwunden und ausgestorben. Allein bei letzteren redet man nicht von einer geringeren Lebensfähigkeit, einmal wegen der Verwandtschaft dieser Stämme mit den anerkannt lebensfähigsten Völkern der Welt; andererseits auch wegen der Art ihres Verschwindens. Denn der Grund, warum sie aufgehört haben zu existiren, liegt klar auf der Hand; theils sind sie durch Krieg vernichtet, wie so viele Völker, welche mit dem alten Rom kämpften, theils sind sie mit anderen Kulturvölkern, die sie rings umgaben, verschmolzen, wie die Gothen, die Vandalen, theils trat beides zugleich ein: die höhere Kulturstufe, welche sie besiegte, nahm die besiegten Reste in sich auf, wie die alten Preussen, die Wenden und so viele slavische Völkerschaften durch und in Deutschland, die Iberer, die Kelten durch und in das römische Wesen verschwanden. So war auch zweifelsohne das Loos der Völker, welche vor der Einwanderung der Indogermanen Europa inne hatten. Anders aber ist das Hinschwinden der Naturvölker: wo sie mit höherer Kultur zusammenkommen, auch da, wo diese letztere sich friedlich gegen sie verhält, sehen wir sie von Krankheiten ergriffen werden, ihr physisches und psychisches Vermögen versiechen, und ihre Zahl, oft ausserordentlich rasch, sich vermindern. Allerdings sind auch einzelne Naturvölker aufgerieben oder doch stark vermindert durch ganz äusserliche und leicht begreifliche Gründe: so namentlich viele malaiische Stämme, welche durch nachrückende verwandte Völker ins Gebirge zurückgedrängt und dabei gewiss ebenso so stark vermindert worden sind, als durch ihr gleiches Schicksal die Basken in Europa, während sie in ihren Bergen sich in ziemlich gleichbleibender Anzahl halten; so die Bewohner der Warekauri-(Chatam-) Inseln bei Neu-Seeland, die Moreore. welche 1832-35 noch 1500 etwa betrugen, durch die Neu-Seeländer aber, die in jenen Jahren einen Zug nach den Warekauriinseln unternahmen, fast ganz ausgerottet sind, so dass ihre Zahl jetzt nur noch 200 beträgt: und auch diese nehmen, durch Assimilation an die eingewanderten Maoris rasch ab (Travers bei Peterm. 1866, 62). Auch müssen wir hier die schwarze Urbevölkerung Vorderindiens, die dekhanischen und Vindhyavölker erwähnen, weil auch sie nach Lassen (ind. Alterthumskunde 1, 390) allmählich abnehmen. Früher waren sie weiter ausgebreitet und

oder aber, dass bestimmte Raçen, auch wenn sie sich wirklich über das Niveau der gewöhnlichen »Wilden« erhoben hätten, dennoch einem frühen Tode entgegengingen, weil sie nun eben von der Natur zum Aussterben bestimmt seien, weil es ihnen eben, in Folge ihrer Raçeneigenthümlichkeit, an Lebensfähigkeit fehle, welche keine Kultur ersetzen könne: vielmehr decke jede Art von Kultur diesen Mangel nur um so mitleidsloser auf. Allerdings gibt es auch farbige Raçen und Naturvölker, bei welchen an ein Aussterben nicht zu denken ist; und andererseits sind auch Theile von Kulturvölkern, indogermanische, semitische Stämme verschwunden und ausgestorben. Allein bei letzteren redet man nicht von einer geringeren Lebensfähigkeit, einmal wegen der Verwandtschaft dieser Stämme mit den anerkannt lebensfähigsten Völkern der Welt; andererseits auch wegen der Art ihres Verschwindens. Denn der Grund, warum sie aufgehört haben zu existiren, liegt klar auf der Hand; theils sind sie durch Krieg vernichtet, wie so viele Völker, welche mit dem alten Rom kämpften, theils sind sie mit anderen Kulturvölkern, die sie rings umgaben, verschmolzen, wie die Gothen, die Vandalen, theils trat beides zugleich ein: die höhere Kulturstufe, welche sie besiegte, nahm die besiegten Reste in sich auf, wie die alten Preussen, die Wenden und so viele slavische Völkerschaften durch und in Deutschland, die Iberer, die Kelten durch und in das römische Wesen verschwanden. So war auch zweifelsohne das Loos der Völker, welche vor der Einwanderung der Indogermanen Europa inne hatten. Anders aber ist das Hinschwinden der Naturvölker: wo sie mit höherer Kultur zusammenkommen, auch da, wo diese letztere sich friedlich gegen sie verhält, sehen wir sie von Krankheiten ergriffen werden, ihr physisches und psychisches Vermögen versiechen, und ihre Zahl, oft ausserordentlich rasch, sich vermindern. Allerdings sind auch einzelne Naturvölker aufgerieben oder doch stark vermindert durch ganz äusserliche und leicht begreifliche Gründe: so namentlich viele malaiische Stämme, welche durch nachrückende verwandte Völker ins Gebirge zurückgedrängt und dabei gewiss ebenso so stark vermindert worden sind, als durch ihr gleiches Schicksal die Basken in Europa, während sie in ihren Bergen sich in ziemlich gleichbleibender Anzahl halten; so die Bewohner der Warekauri-(Chatam-) Inseln bei Neu-Seeland, die Moreore. welche 1832-35 noch 1500 etwa betrugen, durch die Neu-Seeländer aber, die in jenen Jahren einen Zug nach den Warekauriinseln unternahmen, fast ganz ausgerottet sind, so dass ihre Zahl jetzt nur noch 200 beträgt: und auch diese nehmen, durch Assimilation an die eingewanderten Maoris rasch ab (Travers bei Peterm. 1866, 62). Auch müssen wir hier die schwarze Urbevölkerung Vorderindiens, die dekhanischen und Vindhyavölker erwähnen, weil auch sie nach Lassen (ind. Alterthumskunde 1, 390) allmählich abnehmen. Früher waren sie weiter ausgebreitet und

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 Raçen, auch wenn sie sich wirklich über das Niveau der
 gewöhnlichen »Wilden« erhoben hätten, dennoch
 einem frühen Tode entgegengingen, weil sie nun eben von der
 Natur zum Aussterben bestimmt seien, weil es ihnen eben, in Folge
 ihrer Raçeneigenthümlichkeit, an Lebensfähigkeit
 fehle, welche keine Kultur ersetzen könne: vielmehr decke jede
 Art von Kultur diesen Mangel nur um so mitleidsloser auf.
 Allerdings gibt es auch farbige Raçen und Naturvölker,
 bei welchen an ein Aussterben nicht zu denken ist; und andererseits
 sind auch Theile von Kulturvölkern, indogermanische,
 semitische Stämme verschwunden und ausgestorben. Allein bei
 letzteren redet man nicht von einer geringeren
 Lebensfähigkeit, einmal wegen der Verwandtschaft dieser
 Stämme mit den anerkannt lebensfähigsten Völkern der
 Welt; andererseits auch wegen der Art ihres Verschwindens. Denn der
 Grund, warum sie aufgehört haben zu existiren, liegt klar auf
 der Hand; theils sind sie durch Krieg vernichtet, wie so viele
 Völker, welche mit dem alten Rom kämpften, theils sind
 sie mit anderen Kulturvölkern, die sie rings umgaben,
 verschmolzen, wie die Gothen, die Vandalen, theils trat beides
 zugleich ein: die höhere Kulturstufe, welche sie besiegte,
 nahm die besiegten Reste in sich auf, wie die alten Preussen, die
 Wenden und so viele slavische Völkerschaften durch und in
 Deutschland, die Iberer, die Kelten durch und in das römische
 Wesen verschwanden. So war auch zweifelsohne das Loos der
 Völker, welche vor der Einwanderung der Indogermanen Europa
 inne hatten. Anders aber ist das Hinschwinden der Naturvölker:
 wo sie mit höherer Kultur zusammenkommen, auch da, wo diese
 letztere sich friedlich gegen sie verhält, sehen wir sie von
 Krankheiten ergriffen werden, ihr physisches und psychisches
 Vermögen versiechen, und ihre Zahl, oft ausserordentlich
 rasch, sich vermindern. Allerdings sind auch einzelne
 Naturvölker aufgerieben oder doch stark vermindert durch ganz
 äusserliche und leicht begreifliche Gründe: so namentlich
 viele malaiische Stämme, welche durch nachrückende
 verwandte Völker ins Gebirge zurückgedrängt und
 dabei gewiss ebenso so stark vermindert worden sind, als durch ihr
 gleiches Schicksal die Basken in Europa, während sie in ihren
 Bergen sich in ziemlich gleichbleibender Anzahl halten; so die
 Bewohner der Warekauri-(Chatam-) Inseln bei Neu-Seeland, die
 Moreore. welche 1832-35 noch 1500 etwa betrugen, durch die
 Neu-Seeländer aber, die in jenen Jahren einen Zug nach den
 Warekauriinseln unternahmen, fast ganz ausgerottet sind, so dass
 ihre Zahl jetzt nur noch 200 beträgt: und auch diese nehmen,
 durch Assimilation an die eingewanderten Maoris rasch ab (Travers
 bei Peterm. 1866, 62). Auch müssen wir hier die schwarze
 Urbevölkerung Vorderindiens, die dekhanischen und
 Vindhyavölker erwähnen, weil auch sie nach Lassen (ind.
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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/14>, abgerufen am 22.11.2024.