George, Stefan: Das Jahr der Seele. Berlin, 1897.Nicht vor der eisigen firnen Drohendem rätsel erschrick Und zu den ernsten gestirnen Hebe den suchenden blick! Die wachen auen lockten wonnesam Im veilchenteppich kam sie an das gitter Geschmückt wie jährig für den bräutigam Und dachte sein bis nach dem fest der schnitter Nur eine lerche die im haine schlug Bemerkte ihr erröten und erschrecken Und wie in sommer-langer tage zug Sie sann und welkte bei den eiben-hecken Von ihrer schlanken anmut spricht allein Bei perlen-schnüren eine seidne locke Die eine fromme freundin birgt im schrein Und schlichtes gras mit einem marmorblocke. Da kaum noch sand im stundenglase läuft So zieh ihm nach dem wandrer tau-beträuft Die heisse luft verwehte ihn geschwind Den freund der blumen und der sterne kind Der eines morgens vor dem schnitt der saat Die hände traurig vor die stirne that Und durch wer weiss welch frühen fluch gemahnt Im heut den lezten jugendtag geahnt Nicht vor der eisigen firnen Drohendem rätsel erschrick Und zu den ernsten gestirnen Hebe den suchenden blick! Die wachen auen lockten wonnesam Im veilchenteppich kam sie an das gitter Geschmückt wie jährig für den bräutigam Und dachte sein bis nach dem fest der schnitter Nur eine lerche die im haine schlug Bemerkte ihr erröten und erschrecken Und wie in sommer-langer tage zug Sie sann und welkte bei den eiben-hecken Von ihrer schlanken anmut spricht allein Bei perlen-schnüren eine seidne locke Die eine fromme freundin birgt im schrein Und schlichtes gras mit einem marmorblocke. Da kaum noch sand im stundenglase läuft So zieh ihm nach dem wandrer tau-beträuft Die heisse luft verwehte ihn geschwind Den freund der blumen und der sterne kind Der eines morgens vor dem schnitt der saat Die hände traurig vor die stirne that Und durch wer weiss welch frühen fluch gemahnt Im heut den lezten jugendtag geahnt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0045"/> <lg n="3"> <l><hi rendition="#blue">N</hi>icht vor der eisigen firnen</l><lb/> <l><hi rendition="#red">D</hi>rohendem rätsel erschrick</l><lb/> <l><hi rendition="#red">U</hi>nd zu den ernsten gestirnen</l><lb/> <l><hi rendition="#red">H</hi>ebe den suchenden blick!</l> </lg><lb/> <l/> </lg> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in #red">D</hi>ie wachen auen lockten wonnesam</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">I</hi>m veilchenteppich kam sie an das gitter</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">G</hi>eschmückt wie jährig für den bräutigam</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">U</hi>nd dachte sein bis nach dem fest der schnitter</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l><hi rendition="#red">N</hi>ur eine lerche die im haine schlug</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">B</hi>emerkte ihr erröten und erschrecken</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">U</hi>nd wie in sommer-langer tage zug</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">S</hi>ie sann und welkte bei den eiben-hecken</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l><hi rendition="#red">V</hi>on ihrer schlanken anmut spricht allein</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">B</hi>ei perlen-schnüren eine seidne locke</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">D</hi>ie eine fromme freundin birgt im schrein</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">U</hi>nd schlichtes gras mit einem marmorblocke.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#blue #in">D</hi>a kaum noch sand im stundenglase läuft</l><lb/> <l><hi rendition="#red">S</hi>o zieh ihm nach dem wandrer tau-beträuft</l><lb/> <l><hi rendition="#red">D</hi>ie heisse luft verwehte ihn geschwind</l><lb/> <l><hi rendition="#red">D</hi>en freund der blumen und der sterne kind</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l><hi rendition="#blue">D</hi>er eines morgens vor dem schnitt der saat</l><lb/> <l><hi rendition="#red">D</hi>ie hände traurig vor die stirne that</l><lb/> <l><hi rendition="#red">U</hi>nd durch wer weiss welch frühen fluch gemahnt</l><lb/> <l><hi rendition="#red">I</hi>m heut den lezten jugendtag geahnt</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0045]
Nicht vor der eisigen firnen
Drohendem rätsel erschrick
Und zu den ernsten gestirnen
Hebe den suchenden blick!
Die wachen auen lockten wonnesam
Im veilchenteppich kam sie an das gitter
Geschmückt wie jährig für den bräutigam
Und dachte sein bis nach dem fest der schnitter
Nur eine lerche die im haine schlug
Bemerkte ihr erröten und erschrecken
Und wie in sommer-langer tage zug
Sie sann und welkte bei den eiben-hecken
Von ihrer schlanken anmut spricht allein
Bei perlen-schnüren eine seidne locke
Die eine fromme freundin birgt im schrein
Und schlichtes gras mit einem marmorblocke.
Da kaum noch sand im stundenglase läuft
So zieh ihm nach dem wandrer tau-beträuft
Die heisse luft verwehte ihn geschwind
Den freund der blumen und der sterne kind
Der eines morgens vor dem schnitt der saat
Die hände traurig vor die stirne that
Und durch wer weiss welch frühen fluch gemahnt
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