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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Leben der Schwedischen
fehlt. Hierauf gieng unsere Freude, wie
von neuem, an.

Unser stürmischer Wirth nöthigte uns
alsbald zur Mahlzeit. Ein jedes Wort von
uns war eine Liebkosung, und an Statt zu
essen, sahen wir einander an. Madam, fieng
endlich Steeley zu mir an, ihre Augen fra-
gen mich alle Augenblicke etwas. Beneiden
sie mich etwan wegen meiner liebenswürdigen
Reisegefährtinn? Oder wollen sie wissen,
warum sie nach Holland gegangen ist? Sie
will die Juwelen wieder holen, die sie dem
Herrn Grafen in Siberien gegeben hat. Wir
erfuhren in Moskau, daß wir ihn hier finden
würden, und sie wird so lange bey ihnen blei-
ben, bis sie ersetzt sind. Ja, sprach ich, wir
sind dazu verbunden; aber warum nehmen
sie sich der Madam so eifrig an? Erfodert die-
ses die Pflicht der Reisegesellschaft? Sie hö-
ren wohl, versetzte sie, daß er das Geheimniß
meiner Reise gern entdeckt wissen will. Jch
soll ihnen sagen, daß ich ihn liebe, und daß ich
ihn aus Liebe hieher begleitet habe. Er ver-
dient und besitzt mein Herz, und ihm meine
Hand zu geben, habe ich bloß auf ihre Gegen-
wart verspart. Steeley stund auf und um-

arm-

Leben der Schwediſchen
fehlt. Hierauf gieng unſere Freude, wie
von neuem, an.

Unſer ſtuͤrmiſcher Wirth noͤthigte uns
alsbald zur Mahlzeit. Ein jedes Wort von
uns war eine Liebkoſung, und an Statt zu
eſſen, ſahen wir einander an. Madam, fieng
endlich Steeley zu mir an, ihre Augen fra-
gen mich alle Augenblicke etwas. Beneiden
ſie mich etwan wegen meiner liebenswuͤrdigen
Reiſegefaͤhrtinn? Oder wollen ſie wiſſen,
warum ſie nach Holland gegangen iſt? Sie
will die Juwelen wieder holen, die ſie dem
Herrn Grafen in Siberien gegeben hat. Wir
erfuhren in Moskau, daß wir ihn hier finden
wuͤrden, und ſie wird ſo lange bey ihnen blei-
ben, bis ſie erſetzt ſind. Ja, ſprach ich, wir
ſind dazu verbunden; aber warum nehmen
ſie ſich der Madam ſo eifrig an? Erfodert die-
ſes die Pflicht der Reiſegeſellſchaft? Sie hoͤ-
ren wohl, verſetzte ſie, daß er das Geheimniß
meiner Reiſe gern entdeckt wiſſen will. Jch
ſoll ihnen ſagen, daß ich ihn liebe, und daß ich
ihn aus Liebe hieher begleitet habe. Er ver-
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Hand zu geben, habe ich bloß auf ihre Gegen-
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[88/0088] Leben der Schwediſchen fehlt. Hierauf gieng unſere Freude, wie von neuem, an. Unſer ſtuͤrmiſcher Wirth noͤthigte uns alsbald zur Mahlzeit. Ein jedes Wort von uns war eine Liebkoſung, und an Statt zu eſſen, ſahen wir einander an. Madam, fieng endlich Steeley zu mir an, ihre Augen fra- gen mich alle Augenblicke etwas. Beneiden ſie mich etwan wegen meiner liebenswuͤrdigen Reiſegefaͤhrtinn? Oder wollen ſie wiſſen, warum ſie nach Holland gegangen iſt? Sie will die Juwelen wieder holen, die ſie dem Herrn Grafen in Siberien gegeben hat. Wir erfuhren in Moskau, daß wir ihn hier finden wuͤrden, und ſie wird ſo lange bey ihnen blei- ben, bis ſie erſetzt ſind. Ja, ſprach ich, wir ſind dazu verbunden; aber warum nehmen ſie ſich der Madam ſo eifrig an? Erfodert die- ſes die Pflicht der Reiſegeſellſchaft? Sie hoͤ- ren wohl, verſetzte ſie, daß er das Geheimniß meiner Reiſe gern entdeckt wiſſen will. Jch ſoll ihnen ſagen, daß ich ihn liebe, und daß ich ihn aus Liebe hieher begleitet habe. Er ver- dient und beſitzt mein Herz, und ihm meine Hand zu geben, habe ich bloß auf ihre Gegen- wart verſpart. Steeley ſtund auf und um- arm-

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/88>, abgerufen am 21.11.2024.