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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Leben der Schwedischen
ihn in das Zimmer, das für ihn zu bereitet
war. Seht ihr, sprach er, meine Gemahlinn
giebt euch ihr bestes Zimmer ein. Glaubt
ihr nun wohl, daß ihr uns angenehm seyd?
Jhr dürft nicht daran denken, uns unter acht
Tagen zu verlassen. Nicht wahr, ich woh-
ne hier besser, als in Siberien? dort habt ihr
mich bedienet, und hier wollen ich und meine
Gemahlinn euch bedienen. Wir thaten es,
und wir alle, Caroline sowohl als R** be-
strebten uns recht, diese acht Tage unserm Ga-
ste zu Tagen des Vergnügens zu machen.
Wenn die Sonne untergieng, schlich er sich in
sein Zimmer und blieb meistens eine halbe
Stunde aus. Wir fragten ihn, als dieses
etlichemal geschah, um die Ursache und er
wandte allerhand kleine Verrichtungen vor,
bis ihn endlich Herr R** einmahl überraschte
und auf den Knien betend fand. Als diese
acht Tage unter tausend kleinen Vergnügun-
gen verstrichen waren: so bat er uns, unsere
Wohlthaten einzuschränken und ihn wieder
fortreisen zu lassen. Er verließ uns einen
Tag, um seine Geschäfte zu besorgen, und
kam den andern wieder, um Abschied von uns
zu nehmen. Nun, sprach er, will ich mit
Freuden fortreisen, Herr Graf, und Gott auf
meiner Reise danken, daß ich sie angetroffen

ha-

Leben der Schwediſchen
ihn in das Zimmer, das fuͤr ihn zu bereitet
war. Seht ihr, ſprach er, meine Gemahlinn
giebt euch ihr beſtes Zimmer ein. Glaubt
ihr nun wohl, daß ihr uns angenehm ſeyd?
Jhr duͤrft nicht daran denken, uns unter acht
Tagen zu verlaſſen. Nicht wahr, ich woh-
ne hier beſſer, als in Siberien? dort habt ihr
mich bedienet, und hier wollen ich und meine
Gemahlinn euch bedienen. Wir thaten es,
und wir alle, Caroline ſowohl als R** be-
ſtrebten uns recht, dieſe acht Tage unſerm Ga-
ſte zu Tagen des Vergnuͤgens zu machen.
Wenn die Sonne untergieng, ſchlich er ſich in
ſein Zimmer und blieb meiſtens eine halbe
Stunde aus. Wir fragten ihn, als dieſes
etlichemal geſchah, um die Urſache und er
wandte allerhand kleine Verrichtungen vor,
bis ihn endlich Herr R** einmahl uͤberraſchte
und auf den Knien betend fand. Als dieſe
acht Tage unter tauſend kleinen Vergnuͤgun-
gen verſtrichen waren: ſo bat er uns, unſere
Wohlthaten einzuſchraͤnken und ihn wieder
fortreiſen zu laſſen. Er verließ uns einen
Tag, um ſeine Geſchaͤfte zu beſorgen, und
kam den andern wieder, um Abſchied von uns
zu nehmen. Nun, ſprach er, will ich mit
Freuden fortreiſen, Herr Graf, und Gott auf
meiner Reiſe danken, daß ich ſie angetroffen

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[78/0078] Leben der Schwediſchen ihn in das Zimmer, das fuͤr ihn zu bereitet war. Seht ihr, ſprach er, meine Gemahlinn giebt euch ihr beſtes Zimmer ein. Glaubt ihr nun wohl, daß ihr uns angenehm ſeyd? Jhr duͤrft nicht daran denken, uns unter acht Tagen zu verlaſſen. Nicht wahr, ich woh- ne hier beſſer, als in Siberien? dort habt ihr mich bedienet, und hier wollen ich und meine Gemahlinn euch bedienen. Wir thaten es, und wir alle, Caroline ſowohl als R** be- ſtrebten uns recht, dieſe acht Tage unſerm Ga- ſte zu Tagen des Vergnuͤgens zu machen. Wenn die Sonne untergieng, ſchlich er ſich in ſein Zimmer und blieb meiſtens eine halbe Stunde aus. Wir fragten ihn, als dieſes etlichemal geſchah, um die Urſache und er wandte allerhand kleine Verrichtungen vor, bis ihn endlich Herr R** einmahl uͤberraſchte und auf den Knien betend fand. Als dieſe acht Tage unter tauſend kleinen Vergnuͤgun- gen verſtrichen waren: ſo bat er uns, unſere Wohlthaten einzuſchraͤnken und ihn wieder fortreiſen zu laſſen. Er verließ uns einen Tag, um ſeine Geſchaͤfte zu beſorgen, und kam den andern wieder, um Abſchied von uns zu nehmen. Nun, ſprach er, will ich mit Freuden fortreiſen, Herr Graf, und Gott auf meiner Reiſe danken, daß ich ſie angetroffen ha-

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/78>, abgerufen am 24.11.2024.