[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.Leben der Schwedischen nate um meines Freundes Befreyung angehal-ten, und versicherte mich, daß er sie bey der Zurückkunft des Zaars, die bald erfolgen soll- te, gewiß auszuwirken hoffte. Der Engli- sche Gesandte in Schweden hatte ebenfalls an ihn geschrieben und ihn gebeten, alles zu Stee- leyns Befreyung beyzutragen. Er gab mir die Briefe, die er aus London an ihn erhalten hatte, und Tompson führte mich nunmehr zu den Juden, um meine Wechsel zu heben. Jch bekam binneu zehn Tagen mein Geld, zu dem mir Tompson doch wenig Hoffnung gemacht hatte, und büßte nicht mehr, als einen Wech- sel von hundert und funfzig Rubeln ein. Der Jude, der mir ihn bezahlen sollte, war in die elendesten Umstände gerathen, und seine Mit- brüder versicherten mich, daß sie binnen einem Jahre das Geld für ihn erlegen wollten, wenn ers nicht |thun könnte. Jch zerriß darauf den Wechsel, und gab dem armen Juden noch zehn Thaler von dem übrigen Gelde. Jch hat sie, daß sie mir etliche Briefe an ihren Corre- spondente nach Siberien, von dem ich die Wech- sel empfangen, bestellen sollten. Sie sagten mir, daß drey von ihnen ihrer Geschäfte wegen selbst nach Tobolskoy reisen würden, und wenn ich mich zween Monate hier aufhalten könnte: so wollten sie mir durch die Antwort beweisen, ob sie
Leben der Schwediſchen nate um meines Freundes Befreyung angehal-ten, und verſicherte mich, daß er ſie bey der Zuruͤckkunft des Zaars, die bald erfolgen ſoll- te, gewiß auszuwirken hoffte. Der Engli- ſche Geſandte in Schweden hatte ebenfalls an ihn geſchrieben und ihn gebeten, alles zu Stee- leyns Befreyung beyzutragen. Er gab mir die Briefe, die er aus London an ihn erhalten hatte, und Tompſon fuͤhrte mich nunmehr zu den Juden, um meine Wechſel zu heben. Jch bekam binneu zehn Tagen mein Geld, zu dem mir Tompſon doch wenig Hoffnung gemacht hatte, und buͤßte nicht mehr, als einen Wech- ſel von hundert und funfzig Rubeln ein. Der Jude, der mir ihn bezahlen ſollte, war in die elendeſten Umſtaͤnde gerathen, und ſeine Mit- bruͤder verſicherten mich, daß ſie binnen einem Jahre das Geld fuͤr ihn erlegen wollten, wenn ers nicht |thun koͤnnte. Jch zerriß darauf den Wechſel, und gab dem armen Juden noch zehn Thaler von dem uͤbrigen Gelde. Jch hat ſie, daß ſie mir etliche Briefe an ihren Corre- ſpondentē nach Siberien, von dem ich die Wech- ſel empfangen, beſtellen ſollten. Sie ſagten mir, daß drey von ihnen ihrer Geſchaͤfte wegen ſelbſt nach Tobolskoy reiſen wuͤrden, und wenn ich mich zween Monate hier aufhalten koͤnnte: ſo wollten ſie mir durch die Antwort beweiſen, ob ſie
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Leben der Schwediſchen
nate um meines Freundes Befreyung angehal-
ten, und verſicherte mich, daß er ſie bey der
Zuruͤckkunft des Zaars, die bald erfolgen ſoll-
te, gewiß auszuwirken hoffte. Der Engli-
ſche Geſandte in Schweden hatte ebenfalls an
ihn geſchrieben und ihn gebeten, alles zu Stee-
leyns Befreyung beyzutragen. Er gab mir
die Briefe, die er aus London an ihn erhalten
hatte, und Tompſon fuͤhrte mich nunmehr zu
den Juden, um meine Wechſel zu heben. Jch
bekam binneu zehn Tagen mein Geld, zu dem
mir Tompſon doch wenig Hoffnung gemacht
hatte, und buͤßte nicht mehr, als einen Wech-
ſel von hundert und funfzig Rubeln ein. Der
Jude, der mir ihn bezahlen ſollte, war in die
elendeſten Umſtaͤnde gerathen, und ſeine Mit-
bruͤder verſicherten mich, daß ſie binnen einem
Jahre das Geld fuͤr ihn erlegen wollten, wenn
ers nicht |thun koͤnnte. Jch zerriß darauf
den Wechſel, und gab dem armen Juden noch
zehn Thaler von dem uͤbrigen Gelde. Jch
hat ſie, daß ſie mir etliche Briefe an ihren Corre-
ſpondentē nach Siberien, von dem ich die Wech-
ſel empfangen, beſtellen ſollten. Sie ſagten mir,
daß drey von ihnen ihrer Geſchaͤfte wegen ſelbſt
nach Tobolskoy reiſen wuͤrden, und wenn ich
mich zween Monate hier aufhalten koͤnnte: ſo
wollten ſie mir durch die Antwort beweiſen, ob
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