[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.Gräfinn von G** ne Sauberkeit darinn zu finden wäre. MeinFreund gab es gern zu, und entschuldigte sich, daß er keine Jnstrumente gehabt hätte. Aber das half alles nicht. Wenn sie recht schön seyn sollten, sprach der Gouverneur: so müß- ten sie seyn, als wenn sie gedrechselt wären, und ihr seht doch wohl, daß sie nicht so sind, daß sie hier zu viel, dort zu wenig, mit einem Worte, grob und schlecht geschnitten sind. Dergleichen Anmerkungen konnte er ganze Stunden fortsetzen, und Steeley zitterte auf die letzt vor dem Besuche dieses gebietrischen Pedanten. Er setzte sich oft, wenn wir zeich- neten, neben uns, und stopfte sich eine Pfeife von unserm Tabacke ein. Wenn er ihn end- lich mit vielem Appetite aufgeraucht hatte: so warf er die Pfeife hin, und that einen gros- sen Schwur, daß unser Taback nicht das ge- ringste taugte. Zuweilen pries er uns seine Wohlthat, daß er uns die ordentlichen Arbei- ten erlassen hätte, und nöthigte uns dadurch, ihn demüthig zu bitten, daß er uns nicht wie- der den andern Sclaven gleich machen möchte. Oft kam er in dem größten Zorne zu uns und fluchte auf die Gefaugnen, ohne zu sagen, was geschehen war, und wir mußten seine unsin- nige Hitze mit Ehrerbietung anhören. Ob wir ihm nun gleich unsere verbesserten Umstän- de D 5
Graͤfinn von G** ne Sauberkeit darinn zu finden waͤre. MeinFreund gab es gern zu, und entſchuldigte ſich, daß er keine Jnſtrumente gehabt haͤtte. Aber das half alles nicht. Wenn ſie recht ſchoͤn ſeyn ſollten, ſprach der Gouverneur: ſo muͤß- ten ſie ſeyn, als wenn ſie gedrechſelt waͤren, und ihr ſeht doch wohl, daß ſie nicht ſo ſind, daß ſie hier zu viel, dort zu wenig, mit einem Worte, grob und ſchlecht geſchnitten ſind. Dergleichen Anmerkungen konnte er ganze Stunden fortſetzen, und Steeley zitterte auf die letzt vor dem Beſuche dieſes gebietriſchen Pedanten. Er ſetzte ſich oft, wenn wir zeich- neten, neben uns, und ſtopfte ſich eine Pfeife von unſerm Tabacke ein. Wenn er ihn end- lich mit vielem Appetite aufgeraucht hatte: ſo warf er die Pfeife hin, und that einen groſ- ſen Schwur, daß unſer Taback nicht das ge- ringſte taugte. Zuweilen pries er uns ſeine Wohlthat, daß er uns die ordentlichen Arbei- ten erlaſſen haͤtte, und noͤthigte uns dadurch, ihn demuͤthig zu bitten, daß er uns nicht wie- der den andern Sclaven gleich machen moͤchte. Oft kam er in dem groͤßten Zorne zu uns und fluchte auf die Gefaugnen, ohne zu ſagen, was geſchehen war, und wir mußten ſeine unſin- nige Hitze mit Ehrerbietung anhoͤren. Ob wir ihm nun gleich unſere verbeſſerten Umſtaͤn- de D 5
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Graͤfinn von G**
ne Sauberkeit darinn zu finden waͤre. Mein
Freund gab es gern zu, und entſchuldigte ſich,
daß er keine Jnſtrumente gehabt haͤtte. Aber
das half alles nicht. Wenn ſie recht ſchoͤn
ſeyn ſollten, ſprach der Gouverneur: ſo muͤß-
ten ſie ſeyn, als wenn ſie gedrechſelt waͤren,
und ihr ſeht doch wohl, daß ſie nicht ſo ſind,
daß ſie hier zu viel, dort zu wenig, mit einem
Worte, grob und ſchlecht geſchnitten ſind.
Dergleichen Anmerkungen konnte er ganze
Stunden fortſetzen, und Steeley zitterte auf
die letzt vor dem Beſuche dieſes gebietriſchen
Pedanten. Er ſetzte ſich oft, wenn wir zeich-
neten, neben uns, und ſtopfte ſich eine Pfeife
von unſerm Tabacke ein. Wenn er ihn end-
lich mit vielem Appetite aufgeraucht hatte:
ſo warf er die Pfeife hin, und that einen groſ-
ſen Schwur, daß unſer Taback nicht das ge-
ringſte taugte. Zuweilen pries er uns ſeine
Wohlthat, daß er uns die ordentlichen Arbei-
ten erlaſſen haͤtte, und noͤthigte uns dadurch,
ihn demuͤthig zu bitten, daß er uns nicht wie-
der den andern Sclaven gleich machen moͤchte.
Oft kam er in dem groͤßten Zorne zu uns und
fluchte auf die Gefaugnen, ohne zu ſagen, was
geſchehen war, und wir mußten ſeine unſin-
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Zitationshilfe: | [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/57>, abgerufen am 16.02.2025. |