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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Leben der Schwedischen
mit denen um, die das Unglück haben, nach
Siberien bestimmt zu seyn. Wir hatten nichts
als trocknes Brodt, und auch damit waren wir
zufrieden. Die Kälte quälte uns am meisten.
Niemand empfand sie mehr als der arme Stee-
ley an seinem mißhandelten Körper. Nach
ungefehr sechs oder sieben Wochen kamen wir
in Tobolskoy an, wohin wir verwiesen wa-
ren. Wir fanden, daß ichs kurz sage, hier
alles, was eine Gegend fürchterlich und das
Leben eines ins Elend Verwiesenen traurig
machen kann. Wir wurden dem Gouver-
neur vorgestellt und ich hatte das Unglück von
meinem lieben Steeley getrennt zu werden;
doch blieb mir Remour. Der Gouverneur
legte uns allen nach der eingeführten Gewohn-
heit einerley Schicksal auf, nämlich die elende
Beschäftigung, Zobel zu fangen, deren Felle an
den Russischen Hof geliefert werden. Stellt euch
vor, was ein Mann von meinem Stande und
von meiner Gemüthsart fühlen muß, der sich zu
der niedrigsten Verrichtung verdammet sieht,
der mit stumpfen Pfeilen in den Wäldern her-
umirren und Zobel erlegen, oder sie mit Fal-
len fangen, und unter den Befehlen solcher
Menschen stehen muß, die nicht viel vernünfti-
ger, und oft grausamer, als Thiere sind.

Wenn

Leben der Schwediſchen
mit denen um, die das Ungluͤck haben, nach
Siberien beſtimmt zu ſeyn. Wir hatten nichts
als trocknes Brodt, und auch damit waren wir
zufrieden. Die Kaͤlte quaͤlte uns am meiſten.
Niemand empfand ſie mehr als der arme Stee-
ley an ſeinem mißhandelten Koͤrper. Nach
ungefehr ſechs oder ſieben Wochen kamen wir
in Tobolskoy an, wohin wir verwieſen wa-
ren. Wir fanden, daß ichs kurz ſage, hier
alles, was eine Gegend fuͤrchterlich und das
Leben eines ins Elend Verwieſenen traurig
machen kann. Wir wurden dem Gouver-
neur vorgeſtellt und ich hatte das Ungluͤck von
meinem lieben Steeley getrennt zu werden;
doch blieb mir Remour. Der Gouverneur
legte uns allen nach der eingefuͤhrten Gewohn-
heit einerley Schickſal auf, naͤmlich die elende
Beſchaͤftigung, Zobel zu fangen, deren Felle an
den Ruſſiſchen Hof geliefert werden. Stellt euch
vor, was ein Mann von meinem Stande und
von meiner Gemuͤthsart fuͤhlen muß, der ſich zu
der niedrigſten Verrichtung verdammet ſieht,
der mit ſtumpfen Pfeilen in den Waͤldern her-
umirren und Zobel erlegen, oder ſie mit Fal-
len fangen, und unter den Befehlen ſolcher
Menſchen ſtehen muß, die nicht viel vernuͤnfti-
ger, und oft grauſamer, als Thiere ſind.

Wenn
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[34/0034] Leben der Schwediſchen mit denen um, die das Ungluͤck haben, nach Siberien beſtimmt zu ſeyn. Wir hatten nichts als trocknes Brodt, und auch damit waren wir zufrieden. Die Kaͤlte quaͤlte uns am meiſten. Niemand empfand ſie mehr als der arme Stee- ley an ſeinem mißhandelten Koͤrper. Nach ungefehr ſechs oder ſieben Wochen kamen wir in Tobolskoy an, wohin wir verwieſen wa- ren. Wir fanden, daß ichs kurz ſage, hier alles, was eine Gegend fuͤrchterlich und das Leben eines ins Elend Verwieſenen traurig machen kann. Wir wurden dem Gouver- neur vorgeſtellt und ich hatte das Ungluͤck von meinem lieben Steeley getrennt zu werden; doch blieb mir Remour. Der Gouverneur legte uns allen nach der eingefuͤhrten Gewohn- heit einerley Schickſal auf, naͤmlich die elende Beſchaͤftigung, Zobel zu fangen, deren Felle an den Ruſſiſchen Hof geliefert werden. Stellt euch vor, was ein Mann von meinem Stande und von meiner Gemuͤthsart fuͤhlen muß, der ſich zu der niedrigſten Verrichtung verdammet ſieht, der mit ſtumpfen Pfeilen in den Waͤldern her- umirren und Zobel erlegen, oder ſie mit Fal- len fangen, und unter den Befehlen ſolcher Menſchen ſtehen muß, die nicht viel vernuͤnfti- ger, und oft grauſamer, als Thiere ſind. Wenn

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/34>, abgerufen am 24.11.2024.