Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben der Schwedischen
barer Seelen. Und die geistige Liebe,
die sich nur mit den Eigenschaften der
Seele gattet, ist ein Hirngespinste hochmü-
thiger Schulweisen, die sich schämen,
daß ihnen der Himmel einen Körper
gegeben hat, den sie doch, wenn es von
den Reden zur That käme, um zehen
Seelen nicht würden fahren lassen.

Jch komme wieder zu meiner Ge-
schichte. Wir lebten, wie ich gesagt
habe, so vergnügt, als man nur le-
ben kann. Wir meldeten Carlso-
nen, so hieß Carolinens Sohn, der
Fähndrich, unsere Heirath, und baten
ihn, daß er uns besuchen sollte, wenn
es möglich wäre; denn wir hatten ihn
nun wohl in vier Jahren nicht gesehen.
Er schrieb uns, daß er Lieutenant wor-
den wäre, daß es ihm sehr wohl gienge,
und daß er sich vor wenig Wochen mit
einem Frauenzimmer, die ihm zu gefal-
len das Kloster heimlich verlassen, ver-

heirathet

Leben der Schwediſchen
barer Seelen. Und die geiſtige Liebe,
die ſich nur mit den Eigenſchaften der
Seele gattet, iſt ein Hirngeſpinſte hochmü-
thiger Schulweiſen, die ſich ſchämen,
daß ihnen der Himmel einen Körper
gegeben hat, den ſie doch, wenn es von
den Reden zur That käme, um zehen
Seelen nicht würden fahren laſſen.

Jch komme wieder zu meiner Ge-
ſchichte. Wir lebten, wie ich geſagt
habe, ſo vergnügt, als man nur le-
ben kann. Wir meldeten Carlſo-
nen, ſo hieß Carolinens Sohn, der
Fähndrich, unſere Heirath, und baten
ihn, daß er uns beſuchen ſollte, wenn
es möglich wäre; denn wir hatten ihn
nun wohl in vier Jahren nicht geſehen.
Er ſchrieb uns, daß er Lieutenant wor-
den wäre, daß es ihm ſehr wohl gienge,
und daß er ſich vor wenig Wochen mit
einem Frauenzimmer, die ihm zu gefal-
len das Kloſter heimlich verlaſſen, ver-

heirathet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0080" n="80"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben der Schwedi&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
barer Seelen. Und die gei&#x017F;tige Liebe,<lb/>
die &#x017F;ich nur mit den Eigen&#x017F;chaften der<lb/>
Seele gattet, i&#x017F;t ein Hirnge&#x017F;pin&#x017F;te hochmü-<lb/>
thiger Schulwei&#x017F;en, die &#x017F;ich &#x017F;chämen,<lb/>
daß ihnen der Himmel einen Körper<lb/>
gegeben hat, den &#x017F;ie doch, wenn es von<lb/>
den Reden zur That käme, um zehen<lb/>
Seelen nicht würden fahren la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Jch komme wieder zu meiner Ge-<lb/>
&#x017F;chichte. Wir lebten, wie ich ge&#x017F;agt<lb/>
habe, &#x017F;o vergnügt, als man nur le-<lb/>
ben kann. Wir meldeten Carl&#x017F;o-<lb/>
nen, &#x017F;o hieß Carolinens Sohn, der<lb/>
Fähndrich, un&#x017F;ere Heirath, und baten<lb/>
ihn, daß er uns be&#x017F;uchen &#x017F;ollte, wenn<lb/>
es möglich wäre; denn wir hatten ihn<lb/>
nun wohl in vier Jahren nicht ge&#x017F;ehen.<lb/>
Er &#x017F;chrieb uns, daß er Lieutenant wor-<lb/>
den wäre, daß es ihm &#x017F;ehr wohl gienge,<lb/>
und daß er &#x017F;ich vor wenig Wochen mit<lb/>
einem Frauenzimmer, die ihm zu gefal-<lb/>
len das Klo&#x017F;ter heimlich verla&#x017F;&#x017F;en, ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">heirathet</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0080] Leben der Schwediſchen barer Seelen. Und die geiſtige Liebe, die ſich nur mit den Eigenſchaften der Seele gattet, iſt ein Hirngeſpinſte hochmü- thiger Schulweiſen, die ſich ſchämen, daß ihnen der Himmel einen Körper gegeben hat, den ſie doch, wenn es von den Reden zur That käme, um zehen Seelen nicht würden fahren laſſen. Jch komme wieder zu meiner Ge- ſchichte. Wir lebten, wie ich geſagt habe, ſo vergnügt, als man nur le- ben kann. Wir meldeten Carlſo- nen, ſo hieß Carolinens Sohn, der Fähndrich, unſere Heirath, und baten ihn, daß er uns beſuchen ſollte, wenn es möglich wäre; denn wir hatten ihn nun wohl in vier Jahren nicht geſehen. Er ſchrieb uns, daß er Lieutenant wor- den wäre, daß es ihm ſehr wohl gienge, und daß er ſich vor wenig Wochen mit einem Frauenzimmer, die ihm zu gefal- len das Kloſter heimlich verlaſſen, ver- heirathet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/80
Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/80>, abgerufen am 03.05.2024.