Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Gräfinn von G **
heyrathet hätte. Von ihrem Stande
könnte er uns nichts sagen, weil sie in
dem sechsten Jahre in das Kloster ge-
kommen, und darinnen bloß unter dem
Namen Mariane bekannt gewesen wäre.
Sie möchte indessen von dem niedrig-
sten Herkommen seyn; so wäre sie doch
so liebenswürdig, daß er sich nur einen
hohen Stand wünschen wollte, um seine
Geliebte darein setzen zu können. Denn
Carlson wußte nichts weiter von seiner
Geburt, als daß sein Vater ein Auf-
seher auf den Gütern meines ersten
Gemahls gewesen und ihm jung gestor-
ben wäre. Er bat uns unbeschreiblich,
daß wir nach dem Haag kommen sollten,
von welchem Orte er itzt nur etliche
Meilen weit in dem Quartiere stünde.
Diese Nachricht erschreckte uns fast
mehr, als sie uns erfreuete. Wir ver-
mutheten bey dieser Ehe zwar genug
Liebe, aber nicht genug Ueberlegung.
Jndessen schickten wir ihm etliche hun-

dert
Erster Theil. F

Gräfinn von G **
heyrathet hätte. Von ihrem Stande
könnte er uns nichts ſagen, weil ſie in
dem ſechſten Jahre in das Kloſter ge-
kommen, und darinnen bloß unter dem
Namen Mariane bekannt geweſen wäre.
Sie möchte indeſſen von dem niedrig-
ſten Herkommen ſeyn; ſo wäre ſie doch
ſo liebenswürdig, daß er ſich nur einen
hohen Stand wünſchen wollte, um ſeine
Geliebte darein ſetzen zu können. Denn
Carlſon wußte nichts weiter von ſeiner
Geburt, als daß ſein Vater ein Auf-
ſeher auf den Gütern meines erſten
Gemahls geweſen und ihm jung geſtor-
ben wäre. Er bat uns unbeſchreiblich,
daß wir nach dem Haag kommen ſollten,
von welchem Orte er itzt nur etliche
Meilen weit in dem Quartiere ſtünde.
Dieſe Nachricht erſchreckte uns faſt
mehr, als ſie uns erfreuete. Wir ver-
mutheten bey dieſer Ehe zwar genug
Liebe, aber nicht genug Ueberlegung.
Jndeſſen ſchickten wir ihm etliche hun-

dert
Erſter Theil. F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0081" n="81"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gräfinn von G **</hi></fw><lb/>
heyrathet hätte. Von ihrem Stande<lb/>
könnte er uns nichts &#x017F;agen, weil &#x017F;ie in<lb/>
dem &#x017F;ech&#x017F;ten Jahre in das Klo&#x017F;ter ge-<lb/>
kommen, und darinnen bloß unter dem<lb/>
Namen Mariane bekannt gewe&#x017F;en wäre.<lb/>
Sie möchte inde&#x017F;&#x017F;en von dem niedrig-<lb/>
&#x017F;ten Herkommen &#x017F;eyn; &#x017F;o wäre &#x017F;ie doch<lb/>
&#x017F;o liebenswürdig, daß er &#x017F;ich nur einen<lb/>
hohen Stand wün&#x017F;chen wollte, um &#x017F;eine<lb/>
Geliebte darein &#x017F;etzen zu können. Denn<lb/>
Carl&#x017F;on wußte nichts weiter von &#x017F;einer<lb/>
Geburt, als daß &#x017F;ein Vater ein Auf-<lb/>
&#x017F;eher auf den Gütern meines er&#x017F;ten<lb/>
Gemahls gewe&#x017F;en und ihm jung ge&#x017F;tor-<lb/>
ben wäre. Er bat uns unbe&#x017F;chreiblich,<lb/>
daß wir nach dem Haag kommen &#x017F;ollten,<lb/>
von welchem Orte er itzt nur etliche<lb/>
Meilen weit in dem Quartiere &#x017F;tünde.<lb/>
Die&#x017F;e Nachricht er&#x017F;chreckte uns fa&#x017F;t<lb/>
mehr, als &#x017F;ie uns erfreuete. Wir ver-<lb/>
mutheten bey die&#x017F;er Ehe zwar genug<lb/>
Liebe, aber nicht genug Ueberlegung.<lb/>
Jnde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chickten wir ihm etliche hun-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Er&#x017F;ter Theil.</hi> F</fw><fw place="bottom" type="catch">dert</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0081] Gräfinn von G ** heyrathet hätte. Von ihrem Stande könnte er uns nichts ſagen, weil ſie in dem ſechſten Jahre in das Kloſter ge- kommen, und darinnen bloß unter dem Namen Mariane bekannt geweſen wäre. Sie möchte indeſſen von dem niedrig- ſten Herkommen ſeyn; ſo wäre ſie doch ſo liebenswürdig, daß er ſich nur einen hohen Stand wünſchen wollte, um ſeine Geliebte darein ſetzen zu können. Denn Carlſon wußte nichts weiter von ſeiner Geburt, als daß ſein Vater ein Auf- ſeher auf den Gütern meines erſten Gemahls geweſen und ihm jung geſtor- ben wäre. Er bat uns unbeſchreiblich, daß wir nach dem Haag kommen ſollten, von welchem Orte er itzt nur etliche Meilen weit in dem Quartiere ſtünde. Dieſe Nachricht erſchreckte uns faſt mehr, als ſie uns erfreuete. Wir ver- mutheten bey dieſer Ehe zwar genug Liebe, aber nicht genug Ueberlegung. Jndeſſen ſchickten wir ihm etliche hun- dert Erſter Theil. F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/81
Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/81>, abgerufen am 03.05.2024.