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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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V. Buch/ Cap. VIII.
ein Stummer zu befragen/ soll man solchen gemeine Zeichen darzu
brauchen/ und Leute darbey nehmen/ die dessen Bedeutung aus gemei-
nem Umgang vernünfftig anzeigen können/ welches hernach stets aus
Protocollen zu erweisen/ wann aber ein Tauber und Stummer schrei-
ben kan/ mag er schrifftlich zeugen.

Zur Peinbanck
rechtliche An-
zeig-Ursachen.

§. 13. Ehe und bevor man nun zur Pein-Banck schreiten kan/
sollen sich gewisse und wahrscheinliche Anzeigen erfinden/ die bey kei-
nem Unschuldigen seyn mögen/ als insgemein: Eines glaubhafften un-
verwerfflichen Zeugen Sage/ von gewissen unmittelbaren Geschich-
ten/ vorhero geführter Lebens-Art/ und böses Gerüchte so erweißlich/
dieser verdächtigen Person halben/ vor dem Proceß/ wegen der Ubel-
that und sonsten nicht von geringen Leuten her entstanden/ deßgleichen
einer Beklagten zuständigen Sachen Erfindung/ an Verbrechen Ort
und Stelle/ oder Thäters Betretung/ welches in der That geschehen/
oder aus dessen Kleidung und Fußtapffen Nachspuhr würcklich zu er-
kennen. Jtem/ ein gemachter Vergleich/ wegen eines Haupt-Ver-
brechen Mitbeklagten Mit-Gesellen Benennung/ wann er insgemein
deßfalls befraget/ und zwar peinlich/ mit allen Umständen/ daß keine
Feindschafft unter ihnen zu vermuthen/ und Besagter verdächtig/ auch
der Angeber beständig bleibet/ worzu gehörig/ wann einer bekennet und
gar überwunden/ als Befehlshaber den Urheber meldet; Also auch
Umgang mit bösen Leuten/ die schon vorhin dergleichen Ubelthat be-
gangen/ er habe denn andere erweißliche Ursachen/ oder mehr Arg-
wohn zu hülffe käme. Jtem/ Haupt-Feindschafft durch Beklagten
Peinl. Frage
worauff zu er-
kennen.
verursachet/ ob schon neulich versühnet/ wie auch Genusses Hoffnung/
angefangene Flucht für Proceß Eingang/ Veränderung und Lügen/
Wanckelmuth und Erzittern/ es wäre denn von Natur ein furchtsa-
mer Mensch/ oder daß ihm sonst etwas anders hilfft; Also/ wann je-
mand befraget oder schrifftlich überzeuget/ und darzu still schweiget/
oder wann jemand mit einem Verdächtigen heimlich ins Ohr geredt/
und That erfolget/ oder so einer argwöhnisch gedräuet/ und Würckung
folgends geschehen.

P. H. O. art. 25. 27. 29. 30. 31. & 32. L. 5. §. 6. ff. de re milit. L. ult. C. de accus.
L. 16. §. 1. de quaest. L. 29. ff. de poen.
Richters
Pflicht bey Be
klagten läug-
neu.

§. 14. Wann nun Beklagter auff ordentlichem Rechts-Tag
die vormahls beständiger Weise bekannte Missethat läugnet/ und der
Richter aus solcher Bekäntniß in allerhand Umständen Erfahrung
so viel befunden/ daß Beklagtens Läugnen allein zu Rechts Verhinde-

rung

V. Buch/ Cap. VIII.
ein Stummer zu befragen/ ſoll man ſolchen gemeine Zeichen darzu
brauchen/ und Leute darbey nehmen/ die deſſen Bedeutung aus gemei-
nem Umgang vernuͤnfftig anzeigen koͤnnen/ welches hernach ſtets aus
Protocollen zu erweiſen/ wann aber ein Tauber und Stummer ſchrei-
ben kan/ mag er ſchrifftlich zeugen.

Zur Peinbanck
rechtliche An-
zeig-Urſachen.

§. 13. Ehe und bevor man nun zur Pein-Banck ſchreiten kan/
ſollen ſich gewiſſe und wahrſcheinliche Anzeigen erfinden/ die bey kei-
nem Unſchuldigen ſeyn moͤgen/ als insgemein: Eines glaubhafften un-
verwerfflichen Zeugen Sage/ von gewiſſen unmittelbaren Geſchich-
ten/ vorhero gefuͤhrter Lebens-Art/ und boͤſes Geruͤchte ſo erweißlich/
dieſer verdaͤchtigen Perſon halben/ vor dem Proceß/ wegen der Ubel-
that und ſonſten nicht von geringen Leuten her entſtanden/ deßgleichen
einer Beklagten zuſtaͤndigen Sachen Erfindung/ an Verbrechen Ort
und Stelle/ oder Thaͤters Betretung/ welches in der That geſchehen/
oder aus deſſen Kleidung und Fußtapffen Nachſpuhr wuͤrcklich zu er-
kennen. Jtem/ ein gemachter Vergleich/ wegen eines Haupt-Ver-
brechen Mitbeklagten Mit-Geſellen Benennung/ wann er insgemein
deßfalls befraget/ und zwar peinlich/ mit allen Umſtaͤnden/ daß keine
Feindſchafft unter ihnen zu vermuthen/ und Beſagter verdaͤchtig/ auch
der Angeber beſtaͤndig bleibet/ worzu gehoͤrig/ wann einer bekennet und
gar uͤberwunden/ als Befehlshaber den Urheber meldet; Alſo auch
Umgang mit boͤſen Leuten/ die ſchon vorhin dergleichen Ubelthat be-
gangen/ er habe denn andere erweißliche Urſachen/ oder mehr Arg-
wohn zu huͤlffe kaͤme. Jtem/ Haupt-Feindſchafft durch Beklagten
Peinl. Frage
worauff zu er-
kennen.
verurſachet/ ob ſchon neulich verſuͤhnet/ wie auch Genuſſes Hoffnung/
angefangene Flucht fuͤr Proceß Eingang/ Veraͤnderung und Luͤgen/
Wanckelmuth und Erzittern/ es waͤre denn von Natur ein furchtſa-
mer Menſch/ oder daß ihm ſonſt etwas anders hilfft; Alſo/ wann je-
mand befraget oder ſchrifftlich uͤberzeuget/ und darzu ſtill ſchweiget/
oder wann jemand mit einem Verdaͤchtigen heimlich ins Ohr geredt/
und That erfolget/ oder ſo einer argwoͤhniſch gedraͤuet/ und Wuͤrckung
folgends geſchehen.

P. H. O. art. 25. 27. 29. 30. 31. & 32. L. 5. §. 6. ff. de re milit. L. ult. C. de accuſ.
L. 16. §. 1. de quæſt. L. 29. ff. de pœn.
Richters
Pflicht bey Be
klagten laͤug-
neu.

§. 14. Wann nun Beklagter auff ordentlichem Rechts-Tag
die vormahls beſtaͤndiger Weiſe bekannte Miſſethat laͤugnet/ und der
Richter aus ſolcher Bekaͤntniß in allerhand Umſtaͤnden Erfahrung
ſo viel befunden/ daß Beklagtens Laͤugnen allein zu Rechts Verhinde-

rung
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[686/0693] V. Buch/ Cap. VIII. ein Stummer zu befragen/ ſoll man ſolchen gemeine Zeichen darzu brauchen/ und Leute darbey nehmen/ die deſſen Bedeutung aus gemei- nem Umgang vernuͤnfftig anzeigen koͤnnen/ welches hernach ſtets aus Protocollen zu erweiſen/ wann aber ein Tauber und Stummer ſchrei- ben kan/ mag er ſchrifftlich zeugen. §. 13. Ehe und bevor man nun zur Pein-Banck ſchreiten kan/ ſollen ſich gewiſſe und wahrſcheinliche Anzeigen erfinden/ die bey kei- nem Unſchuldigen ſeyn moͤgen/ als insgemein: Eines glaubhafften un- verwerfflichen Zeugen Sage/ von gewiſſen unmittelbaren Geſchich- ten/ vorhero gefuͤhrter Lebens-Art/ und boͤſes Geruͤchte ſo erweißlich/ dieſer verdaͤchtigen Perſon halben/ vor dem Proceß/ wegen der Ubel- that und ſonſten nicht von geringen Leuten her entſtanden/ deßgleichen einer Beklagten zuſtaͤndigen Sachen Erfindung/ an Verbrechen Ort und Stelle/ oder Thaͤters Betretung/ welches in der That geſchehen/ oder aus deſſen Kleidung und Fußtapffen Nachſpuhr wuͤrcklich zu er- kennen. Jtem/ ein gemachter Vergleich/ wegen eines Haupt-Ver- brechen Mitbeklagten Mit-Geſellen Benennung/ wann er insgemein deßfalls befraget/ und zwar peinlich/ mit allen Umſtaͤnden/ daß keine Feindſchafft unter ihnen zu vermuthen/ und Beſagter verdaͤchtig/ auch der Angeber beſtaͤndig bleibet/ worzu gehoͤrig/ wann einer bekennet und gar uͤberwunden/ als Befehlshaber den Urheber meldet; Alſo auch Umgang mit boͤſen Leuten/ die ſchon vorhin dergleichen Ubelthat be- gangen/ er habe denn andere erweißliche Urſachen/ oder mehr Arg- wohn zu huͤlffe kaͤme. Jtem/ Haupt-Feindſchafft durch Beklagten verurſachet/ ob ſchon neulich verſuͤhnet/ wie auch Genuſſes Hoffnung/ angefangene Flucht fuͤr Proceß Eingang/ Veraͤnderung und Luͤgen/ Wanckelmuth und Erzittern/ es waͤre denn von Natur ein furchtſa- mer Menſch/ oder daß ihm ſonſt etwas anders hilfft; Alſo/ wann je- mand befraget oder ſchrifftlich uͤberzeuget/ und darzu ſtill ſchweiget/ oder wann jemand mit einem Verdaͤchtigen heimlich ins Ohr geredt/ und That erfolget/ oder ſo einer argwoͤhniſch gedraͤuet/ und Wuͤrckung folgends geſchehen. Peinl. Frage worauff zu er- kennen. P. H. O. art. 25. 27. 29. 30. 31. & 32. L. 5. §. 6. ff. de re milit. L. ult. C. de accuſ. L. 16. §. 1. de quæſt. L. 29. ff. de pœn. §. 14. Wann nun Beklagter auff ordentlichem Rechts-Tag die vormahls beſtaͤndiger Weiſe bekannte Miſſethat laͤugnet/ und der Richter aus ſolcher Bekaͤntniß in allerhand Umſtaͤnden Erfahrung ſo viel befunden/ daß Beklagtens Laͤugnen allein zu Rechts Verhinde- rung

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/693>, abgerufen am 22.11.2024.