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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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Von der Heßischen Testamenten Form.
denn der Pfarrherr ein sonderlich Auffmercken zu haben schuldig/ für
kräfftig gehalten und erkennet werden soll.

§. 8. Dieweil aber offt einer an endlicher Verfertig- und Voll-Erinnerung
wegen Kranck-
heit zeitlich zu
testiren.

ziehung seines letzten Willens dadurch verhindert wird/ daß er solches
auffs äusserste/ und biß er von Kranckheit übereilet wird/ verzeucht; als-
dann er entweder von wegen obliegenden Leibes-Schmertzen seine
Nothdurfft nicht genungsam bedencken/ oder auch sonst des Abscheues
halber die Gelegenheit mit Notarien/ Schreibern und Zeugen nicht
haben kan/ daher denn allerhand Hadder und Zanck entstehet; So
wollen wir unsere Unterthanen insgemein gnädig erinnert und ver-
mahnet haben/ daß sie/ sonderlich aber die jenige/ denen an Auffrich-
tung ihrer Testamenten etwas gelegen ist/ dahin bedacht seyn/ damitUnterthanen
Pflicht zu te-
stir
en.

sie ihren letzten Willen bey gesundem Leibe und guter Vernunfft voll-
ziehen oder beschliessen/ und eben nicht auffs letzt- und äusserste warten.

§. 9. Die Eltern/ so eheleibliche Kinder/ oder ihrer zuvor verstor-
benen Kindes Kinder in absteigender Linie haben/ sie seyn männ- oder
weiblichen Geschlechts/ können nicht anders kräfftig testiren/ sie setzenEltern und
Kinder Testa-
menten Recht.

denn dieselben ihre Kinder oder derer abgestorbenen Kinds Kinder/ so
hinterlassen/ samt und sonders zu Erben wieder ein/ oder enterben sie
um genungsamer rechtmäßigen Ursachen willen/ und werden dißfalls
eines abgestorbenen Kindes nachgelassene Kinder/ deren seyen gleich
viel oder wenig/ an statt ihres abgestorbenen Vaters oder Mutter/
die sie repraesentiren/ für eine Person gerechnet.

§. 10. Wiewohl nun unter gemeinen Leuten die Ungleichheit/
wann einem für dem andern etwas mehr oder weniger/ bevorab umEltern Pflicht
Gleichheit
zwischen Kin-
dern zu halten.

ein nahmhafftes/ verlassen wird/ allerhand Unwillens verursachet;
hingegen die Gleichheit unter Geschwistern brüderliche Einigkeit er-
hält/ darum auch die Eltern sich gegen ihren Kindern/ vornehmlich die
sich alles kindlichen Gehorsams verhalten/ hinwieder der Gleichheit/
so viel müglich/ zu befleißigen nicht unterlassen werden; jedennoch wei-
len öffters Eltern durch allerhand Ursachen zur Ungleichheit bewogen
werden können/ daß sie einem Kinde diß/ dem andern das von ihren
Gütern/ und also einem eine grössere/ dem andern eine geringere Por-
tion
verschaffen/ darinn denn die Rechte/ wie auch wir denen Eltern
ihr Bedencken und Gutachten billig frey stellen; wofern dann ein Va-
ter oder Mutter eine solche Ungleichheit unter ihren Kindern vorzu-Eltern Pflicht
wegen Kinder
legitima.

nehmen bedacht wäre/ so soll einem jeden Kinde insonderheit weniger
nicht/ denn seine angehörige Legitima, und zwar dieselbe nicht anders/

denn
K k k 2

Von der Heßiſchen Teſtamenten Form.
denn der Pfarrherr ein ſonderlich Auffmercken zu haben ſchuldig/ fuͤr
kraͤfftig gehalten und erkennet werden ſoll.

§. 8. Dieweil aber offt einer an endlicher Verfertig- und Voll-Erinnerung
wegen Kranck-
heit zeitlich zu
teſtiren.

ziehung ſeines letzten Willens dadurch verhindert wird/ daß er ſolches
auffs aͤuſſerſte/ und biß er von Kranckheit uͤbereilet wird/ verzeucht; als-
dann er entweder von wegen obliegenden Leibes-Schmertzen ſeine
Nothdurfft nicht genungſam bedencken/ oder auch ſonſt des Abſcheues
halber die Gelegenheit mit Notarien/ Schreibern und Zeugen nicht
haben kan/ daher denn allerhand Hadder und Zanck entſtehet; So
wollen wir unſere Unterthanen insgemein gnaͤdig erinnert und ver-
mahnet haben/ daß ſie/ ſonderlich aber die jenige/ denen an Auffrich-
tung ihrer Teſtamenten etwas gelegen iſt/ dahin bedacht ſeyn/ damitUnterthanen
Pflicht zu te-
ſtir
en.

ſie ihren letzten Willen bey geſundem Leibe und guter Vernunfft voll-
ziehen oder beſchlieſſen/ und eben nicht auffs letzt- und aͤuſſerſte warten.

§. 9. Die Eltern/ ſo eheleibliche Kinder/ oder ihrer zuvor verſtor-
benen Kindes Kinder in abſteigender Linie haben/ ſie ſeyn maͤnn- oder
weiblichen Geſchlechts/ koͤnnen nicht anders kraͤfftig teſtiren/ ſie ſetzenEltern und
Kinder Teſta-
menten Recht.

denn dieſelben ihre Kinder oder derer abgeſtorbenen Kinds Kinder/ ſo
hinterlaſſen/ ſamt und ſonders zu Erben wieder ein/ oder enterben ſie
um genungſamer rechtmaͤßigen Urſachen willen/ und werden dißfalls
eines abgeſtorbenen Kindes nachgelaſſene Kinder/ deren ſeyen gleich
viel oder wenig/ an ſtatt ihres abgeſtorbenen Vaters oder Mutter/
die ſie repræſentiren/ fuͤr eine Perſon gerechnet.

§. 10. Wiewohl nun unter gemeinen Leuten die Ungleichheit/
wann einem fuͤr dem andern etwas mehr oder weniger/ bevorab umEltern Pflicht
Gleichheit
zwiſchen Kin-
dern zu halten.

ein nahmhafftes/ verlaſſen wird/ allerhand Unwillens verurſachet;
hingegen die Gleichheit unter Geſchwiſtern bruͤderliche Einigkeit er-
haͤlt/ darum auch die Eltern ſich gegen ihren Kindern/ vornehmlich die
ſich alles kindlichen Gehorſams verhalten/ hinwieder der Gleichheit/
ſo viel muͤglich/ zu befleißigen nicht unterlaſſen werden; jedennoch wei-
len oͤffters Eltern durch allerhand Urſachen zur Ungleichheit bewogen
werden koͤnnen/ daß ſie einem Kinde diß/ dem andern das von ihren
Guͤtern/ und alſo einem eine groͤſſere/ dem andern eine geringere Por-
tion
verſchaffen/ darinn denn die Rechte/ wie auch wir denen Eltern
ihr Bedencken und Gutachten billig frey ſtellen; wofern dann ein Va-
ter oder Mutter eine ſolche Ungleichheit unter ihren Kindern vorzu-Eltern Pflicht
wegen Kinder
legitima.

nehmen bedacht waͤre/ ſo ſoll einem jeden Kinde inſonderheit weniger
nicht/ denn ſeine angehoͤrige Legitima, und zwar dieſelbe nicht anders/

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[443/0450] Von der Heßiſchen Teſtamenten Form. denn der Pfarrherr ein ſonderlich Auffmercken zu haben ſchuldig/ fuͤr kraͤfftig gehalten und erkennet werden ſoll. §. 8. Dieweil aber offt einer an endlicher Verfertig- und Voll- ziehung ſeines letzten Willens dadurch verhindert wird/ daß er ſolches auffs aͤuſſerſte/ und biß er von Kranckheit uͤbereilet wird/ verzeucht; als- dann er entweder von wegen obliegenden Leibes-Schmertzen ſeine Nothdurfft nicht genungſam bedencken/ oder auch ſonſt des Abſcheues halber die Gelegenheit mit Notarien/ Schreibern und Zeugen nicht haben kan/ daher denn allerhand Hadder und Zanck entſtehet; So wollen wir unſere Unterthanen insgemein gnaͤdig erinnert und ver- mahnet haben/ daß ſie/ ſonderlich aber die jenige/ denen an Auffrich- tung ihrer Teſtamenten etwas gelegen iſt/ dahin bedacht ſeyn/ damit ſie ihren letzten Willen bey geſundem Leibe und guter Vernunfft voll- ziehen oder beſchlieſſen/ und eben nicht auffs letzt- und aͤuſſerſte warten. Erinnerung wegen Kranck- heit zeitlich zu teſtiren. Unterthanen Pflicht zu te- ſtiren. §. 9. Die Eltern/ ſo eheleibliche Kinder/ oder ihrer zuvor verſtor- benen Kindes Kinder in abſteigender Linie haben/ ſie ſeyn maͤnn- oder weiblichen Geſchlechts/ koͤnnen nicht anders kraͤfftig teſtiren/ ſie ſetzen denn dieſelben ihre Kinder oder derer abgeſtorbenen Kinds Kinder/ ſo hinterlaſſen/ ſamt und ſonders zu Erben wieder ein/ oder enterben ſie um genungſamer rechtmaͤßigen Urſachen willen/ und werden dißfalls eines abgeſtorbenen Kindes nachgelaſſene Kinder/ deren ſeyen gleich viel oder wenig/ an ſtatt ihres abgeſtorbenen Vaters oder Mutter/ die ſie repræſentiren/ fuͤr eine Perſon gerechnet. Eltern und Kinder Teſta- menten Recht. §. 10. Wiewohl nun unter gemeinen Leuten die Ungleichheit/ wann einem fuͤr dem andern etwas mehr oder weniger/ bevorab um ein nahmhafftes/ verlaſſen wird/ allerhand Unwillens verurſachet; hingegen die Gleichheit unter Geſchwiſtern bruͤderliche Einigkeit er- haͤlt/ darum auch die Eltern ſich gegen ihren Kindern/ vornehmlich die ſich alles kindlichen Gehorſams verhalten/ hinwieder der Gleichheit/ ſo viel muͤglich/ zu befleißigen nicht unterlaſſen werden; jedennoch wei- len oͤffters Eltern durch allerhand Urſachen zur Ungleichheit bewogen werden koͤnnen/ daß ſie einem Kinde diß/ dem andern das von ihren Guͤtern/ und alſo einem eine groͤſſere/ dem andern eine geringere Por- tion verſchaffen/ darinn denn die Rechte/ wie auch wir denen Eltern ihr Bedencken und Gutachten billig frey ſtellen; wofern dann ein Va- ter oder Mutter eine ſolche Ungleichheit unter ihren Kindern vorzu- nehmen bedacht waͤre/ ſo ſoll einem jeden Kinde inſonderheit weniger nicht/ denn ſeine angehoͤrige Legitima, und zwar dieſelbe nicht anders/ denn Eltern Pflicht Gleichheit zwiſchen Kin- dern zu halten. Eltern Pflicht wegen Kinder legitima. K k k 2

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/450>, abgerufen am 22.11.2024.