daß der freye Wärmestoff specifisch leichter sey, als jedes ihn umgebende Medium; sie berechtigen zu dem Schlusse, daß man ihn ohne merklichen Fehler als imponderabel ansehen könne. Demzufolge darf man behaupten, das Gewicht der Körper werde durch seinen Beytritt nicht merklich vermehrt; nicht aber, es werde vermindert. Ein Versuch, der das letztere erwiese, oder nur wahrscheinlich machte, scheint bis jetzt noch nicht vorhanden zu seyn.
So lange man das ehemalige phlogistische System vertheidiget, hat man freylich eine Ursache, die Körper durch den Beytritt von Wärmestoff und Phlogiston leichter werden zu lassen, weil man sich dadurch eine Erklärung der Gewichtszunahme beym Verbrennen und Verkalken vorbereitet. Giebt man aber, wie Hr. Gren anjetzt gethan hat, jenes System auf, so fällt damit auch diese Ursache hinweg; die Gewichtszunahmen werden nun durch den Beytritt des Sauerstoffs oder der Lebensluftbasis auf eine weit natürlichere Weise erklärt, und es ist hinreichend, Wärmestoff und Phlogiston als imponderable (nicht merklich wägbare) Stoffe zu betrachten, welches jeder Physiker gern einräumen wird. Man hat alsdann nicht mehr nöthig, Operationen anzunehmen, bey denen die Masse vermehrt, und dennoch das Gewicht vermindert wird, eine Hypothese, welche nicht anders, als mit Umkehrung der ganzen bisherigen Mechanik bestehen kan.
Wie sehr wäre zu wünschen, daß Hr. Gren mit dem phlogistischen System zugleich auch den Satz vom Leichterwerden durch Bindung des Wärmestoffs möchte aufgegeben haben, den er doch nur um jenes Systems willen behauptete. Die Versuche, die er darüber anführt, sind doch in der That zu schwach, um einen Satz zu begründen, dessen schwierige, mit den Naturgesetzen streitende, Folgen sich nicht anders, als durch gänzliche Umwandlung und Verdunkelung der Lehre von Kraft, Trägheit und Bewegung, retten lassen. Die rühmliche Wahrheitsliebe, von welcher Hr. Gren schon so überzeugende Proben gegeben hat, läßt gewiß hoffen, es werde dieser verdiente Naturforscher bey einer neuen Umarbeitung seines Grundrisses der Naturlehre das schöne
daß der freye Waͤrmeſtoff ſpecifiſch leichter ſey, als jedes ihn umgebende Medium; ſie berechtigen zu dem Schluſſe, daß man ihn ohne merklichen Fehler als imponderabel anſehen koͤnne. Demzufolge darf man behaupten, das Gewicht der Koͤrper werde durch ſeinen Beytritt nicht merklich vermehrt; nicht aber, es werde vermindert. Ein Verſuch, der das letztere erwieſe, oder nur wahrſcheinlich machte, ſcheint bis jetzt noch nicht vorhanden zu ſeyn.
So lange man das ehemalige phlogiſtiſche Syſtem vertheidiget, hat man freylich eine Urſache, die Koͤrper durch den Beytritt von Waͤrmeſtoff und Phlogiſton leichter werden zu laſſen, weil man ſich dadurch eine Erklaͤrung der Gewichtszunahme beym Verbrennen und Verkalken vorbereitet. Giebt man aber, wie Hr. Gren anjetzt gethan hat, jenes Syſtem auf, ſo faͤllt damit auch dieſe Urſache hinweg; die Gewichtszunahmen werden nun durch den Beytritt des Sauerſtoffs oder der Lebensluftbaſis auf eine weit natuͤrlichere Weiſe erklaͤrt, und es iſt hinreichend, Waͤrmeſtoff und Phlogiſton als imponderable (nicht merklich waͤgbare) Stoffe zu betrachten, welches jeder Phyſiker gern einraͤumen wird. Man hat alsdann nicht mehr noͤthig, Operationen anzunehmen, bey denen die Maſſe vermehrt, und dennoch das Gewicht vermindert wird, eine Hypotheſe, welche nicht anders, als mit Umkehrung der ganzen bisherigen Mechanik beſtehen kan.
Wie ſehr waͤre zu wuͤnſchen, daß Hr. Gren mit dem phlogiſtiſchen Syſtem zugleich auch den Satz vom Leichterwerden durch Bindung des Waͤrmeſtoffs moͤchte aufgegeben haben, den er doch nur um jenes Syſtems willen behauptete. Die Verſuche, die er daruͤber anfuͤhrt, ſind doch in der That zu ſchwach, um einen Satz zu begruͤnden, deſſen ſchwierige, mit den Naturgeſetzen ſtreitende, Folgen ſich nicht anders, als durch gaͤnzliche Umwandlung und Verdunkelung der Lehre von Kraft, Traͤgheit und Bewegung, retten laſſen. Die ruͤhmliche Wahrheitsliebe, von welcher Hr. Gren ſchon ſo uͤberzeugende Proben gegeben hat, laͤßt gewiß hoffen, es werde dieſer verdiente Naturforſcher bey einer neuen Umarbeitung ſeines Grundriſſes der Naturlehre das ſchoͤne
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daß der freye Waͤrmeſtoff ſpecifiſch leichter ſey, als jedes ihn umgebende Medium; ſie berechtigen zu dem Schluſſe, daß man ihn ohne merklichen Fehler als imponderabel anſehen koͤnne. Demzufolge darf man behaupten, das Gewicht der Koͤrper werde durch ſeinen Beytritt nicht merklich vermehrt; nicht aber, es werde vermindert. Ein Verſuch, der das letztere erwieſe, oder nur wahrſcheinlich machte, ſcheint bis jetzt noch nicht vorhanden zu ſeyn.
So lange man das ehemalige phlogiſtiſche Syſtem vertheidiget, hat man freylich eine Urſache, die Koͤrper durch den Beytritt von Waͤrmeſtoff und Phlogiſton leichter werden zu laſſen, weil man ſich dadurch eine Erklaͤrung der Gewichtszunahme beym Verbrennen und Verkalken vorbereitet. Giebt man aber, wie Hr. Gren anjetzt gethan hat, jenes Syſtem auf, ſo faͤllt damit auch dieſe Urſache hinweg; die Gewichtszunahmen werden nun durch den Beytritt des Sauerſtoffs oder der Lebensluftbaſis auf eine weit natuͤrlichere Weiſe erklaͤrt, und es iſt hinreichend, Waͤrmeſtoff und Phlogiſton als imponderable (nicht merklich waͤgbare) Stoffe zu betrachten, welches jeder Phyſiker gern einraͤumen wird. Man hat alsdann nicht mehr noͤthig, Operationen anzunehmen, bey denen die Maſſe vermehrt, und dennoch das Gewicht vermindert wird, eine Hypotheſe, welche nicht anders, als mit Umkehrung der ganzen bisherigen Mechanik beſtehen kan.
Wie ſehr waͤre zu wuͤnſchen, daß Hr. Gren mit dem phlogiſtiſchen Syſtem zugleich auch den Satz vom Leichterwerden durch Bindung des Waͤrmeſtoffs moͤchte aufgegeben haben, den er doch nur um jenes Syſtems willen behauptete. Die Verſuche, die er daruͤber anfuͤhrt, ſind doch in der That zu ſchwach, um einen Satz zu begruͤnden, deſſen ſchwierige, mit den Naturgeſetzen ſtreitende, Folgen ſich nicht anders, als durch gaͤnzliche Umwandlung und Verdunkelung der Lehre von Kraft, Traͤgheit und Bewegung, retten laſſen. Die ruͤhmliche Wahrheitsliebe, von welcher Hr. Gren ſchon ſo uͤberzeugende Proben gegeben hat, laͤßt gewiß hoffen, es werde dieſer verdiente Naturforſcher bey einer neuen Umarbeitung ſeines Grundriſſes der Naturlehre das ſchoͤne
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 940. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/952>, abgerufen am 23.11.2024.
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