Und so verhält sich auch die Sache in der That. Vermögen, der Verdichtung zu widerstehen, und sich zugleich nach allen Seiten auszubreiten, ist nichts weiter, als Eigenschaft jeder Flüßigkeit, deren Theile als vollkommen hart und in Berührung mit einander angenommen werden, also einer nicht-elastischen Flüßigkeit. Es ist nichts, als Folge der Undurchdringlichkeit, Härte und Verschiebbarkeit der Theile an einander (mobilitatis partium respectivae), und man braucht, um es zu erklären, nicht erst eine besondere neue Kraft im flüßigen Körper anzunehmen. Wenn aber Hr. Hube eine solche Kraft annimmt, und Federkraft nennt, so ändert er blos den physikalischen Sprachgebrauch; seine Federkraft ist nicht anders, als die angeführte, aus der Erfahrung bekannte, und aus Härte und respectiver Beweglichkeit der Theile erklärbare Eigenschaft flüßiger Materien, vermöge welcher sie den Druck anders, als feste Körper, und nach allen Seiten mit gleicher Stärke, fortpflanzen. Sein Beweis ist im Grunde eben der, welcher im Wörterbuche, Th. I. S. 607 u. f. vorgetragen wird; er hat dabey nur den Namen, nicht die Sache, verändert.
Das, worauf dieser Beweis beruht, gehört zu den Eigenschaften der Flüßigkeit; Hr. Hube nennt es nur Federkraft. "Durch die Federkraft des Wassers," sagt er, "wird der Druck desselben auf die Gefäße ungemein ver"mehrt. Diese Vermehrung rührt von einer besondern, dem "Wasser eignen, und von der Schwere verschiedenen Kraft "her. Aus dieser Ursache würde das Wasser, wenn es sich "in einem Gefäße in einen festen Körper verwandeln könnte, "ohne den Raum zu ändern, den es einnimmt, das Gefäß "viel weniger drücken, als vorher. Denn es würde blos "den Boden, die Wände aber gar nicht mehr drücken, weil "es alsdann durch seine eigne Schwere gar nicht verdichtet "werden könnte." In dieser Stelle liegt das Mißverständniß offenbar am Tage. Was nemlich durch die angenommene Verwandlung dem Wasser genommen würde, wäre doch nichts mehr, und nichts weniger, als seine Flüßigkeit, die Verschiebbarkeit seiner Theile, oder, wenn ich so sagen darf, die Zerfließbarkeit, welche durch die Festigkeit der
Und ſo verhaͤlt ſich auch die Sache in der That. Vermoͤgen, der Verdichtung zu widerſtehen, und ſich zugleich nach allen Seiten auszubreiten, iſt nichts weiter, als Eigenſchaft jeder Fluͤßigkeit, deren Theile als vollkommen hart und in Beruͤhrung mit einander angenommen werden, alſo einer nicht-elaſtiſchen Fluͤßigkeit. Es iſt nichts, als Folge der Undurchdringlichkeit, Haͤrte und Verſchiebbarkeit der Theile an einander (mobilitatis partium reſpectivae), und man braucht, um es zu erklaͤren, nicht erſt eine beſondere neue Kraft im fluͤßigen Koͤrper anzunehmen. Wenn aber Hr. Hube eine ſolche Kraft annimmt, und Federkraft nennt, ſo aͤndert er blos den phyſikaliſchen Sprachgebrauch; ſeine Federkraft iſt nicht anders, als die angefuͤhrte, aus der Erfahrung bekannte, und aus Haͤrte und reſpectiver Beweglichkeit der Theile erklaͤrbare Eigenſchaft fluͤßiger Materien, vermoͤge welcher ſie den Druck anders, als feſte Koͤrper, und nach allen Seiten mit gleicher Staͤrke, fortpflanzen. Sein Beweis iſt im Grunde eben der, welcher im Woͤrterbuche, Th. I. S. 607 u. f. vorgetragen wird; er hat dabey nur den Namen, nicht die Sache, veraͤndert.
Das, worauf dieſer Beweis beruht, gehoͤrt zu den Eigenſchaften der Fluͤßigkeit; Hr. Hube nennt es nur Federkraft. ”Durch die Federkraft des Waſſers,“ ſagt er, ”wird der Druck deſſelben auf die Gefaͤße ungemein ver”mehrt. Dieſe Vermehrung ruͤhrt von einer beſondern, dem ”Waſſer eignen, und von der Schwere verſchiedenen Kraft ”her. Aus dieſer Urſache wuͤrde das Waſſer, wenn es ſich ”in einem Gefaͤße in einen feſten Koͤrper verwandeln koͤnnte, ”ohne den Raum zu aͤndern, den es einnimmt, das Gefaͤß ”viel weniger druͤcken, als vorher. Denn es wuͤrde blos ”den Boden, die Waͤnde aber gar nicht mehr druͤcken, weil ”es alsdann durch ſeine eigne Schwere gar nicht verdichtet ”werden koͤnnte.“ In dieſer Stelle liegt das Mißverſtaͤndniß offenbar am Tage. Was nemlich durch die angenommene Verwandlung dem Waſſer genommen wuͤrde, waͤre doch nichts mehr, und nichts weniger, als ſeine Fluͤßigkeit, die Verſchiebbarkeit ſeiner Theile, oder, wenn ich ſo ſagen darf, die Zerfließbarkeit, welche durch die Feſtigkeit der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="2"><p><pbfacs="#f0781"xml:id="P.5.769"n="769"/><lb/>
Und ſo verhaͤlt ſich auch die Sache in der That. Vermoͤgen, der Verdichtung zu widerſtehen, und ſich zugleich nach allen Seiten auszubreiten, iſt nichts weiter, als Eigenſchaft jeder Fluͤßigkeit, deren Theile als vollkommen hart und in Beruͤhrung mit einander angenommen werden, alſo einer <hirendition="#b">nicht-elaſtiſchen</hi> Fluͤßigkeit. Es iſt nichts, als Folge der Undurchdringlichkeit, Haͤrte und Verſchiebbarkeit der Theile an einander <hirendition="#aq">(mobilitatis partium reſpectivae),</hi> und man braucht, um es zu erklaͤren, nicht erſt eine beſondere neue Kraft im fluͤßigen Koͤrper anzunehmen. Wenn aber Hr. <hirendition="#b">Hube</hi> eine ſolche Kraft annimmt, und <hirendition="#b">Federkraft</hi> nennt, ſo aͤndert er blos den phyſikaliſchen Sprachgebrauch; ſeine Federkraft iſt nicht anders, als die angefuͤhrte, aus der Erfahrung bekannte, und aus Haͤrte und reſpectiver Beweglichkeit der Theile erklaͤrbare Eigenſchaft fluͤßiger Materien, vermoͤge welcher ſie den Druck anders, als feſte Koͤrper, und nach allen Seiten mit gleicher Staͤrke, fortpflanzen. Sein Beweis iſt im Grunde eben der, welcher im Woͤrterbuche, Th. <hirendition="#aq">I.</hi> S. 607 u. f. vorgetragen wird; er hat dabey nur den Namen, nicht die Sache, veraͤndert.</p><p>Das, worauf dieſer Beweis beruht, gehoͤrt zu den Eigenſchaften der <hirendition="#b">Fluͤßigkeit;</hi> Hr. <hirendition="#b">Hube</hi> nennt es nur <hirendition="#b">Federkraft.</hi>”Durch die Federkraft des Waſſers,“ſagt er, ”wird der Druck deſſelben auf die Gefaͤße ungemein ver”mehrt. Dieſe Vermehrung ruͤhrt von einer beſondern, dem ”Waſſer eignen, und von der Schwere verſchiedenen Kraft ”her. Aus dieſer Urſache wuͤrde das Waſſer, wenn es ſich ”in einem Gefaͤße in einen feſten Koͤrper verwandeln koͤnnte, ”ohne den Raum zu aͤndern, den es einnimmt, das Gefaͤß ”viel weniger druͤcken, als vorher. Denn es wuͤrde blos ”den Boden, die Waͤnde aber gar nicht mehr druͤcken, weil ”es alsdann durch ſeine eigne Schwere gar nicht verdichtet ”werden koͤnnte.“ In dieſer Stelle liegt das Mißverſtaͤndniß offenbar am Tage. Was nemlich durch die angenommene Verwandlung dem Waſſer genommen wuͤrde, waͤre doch nichts mehr, und nichts weniger, als ſeine <hirendition="#b">Fluͤßigkeit,</hi> die Verſchiebbarkeit ſeiner Theile, oder, wenn ich ſo ſagen darf, die Zerfließbarkeit, welche durch die Feſtigkeit der<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[769/0781]
Und ſo verhaͤlt ſich auch die Sache in der That. Vermoͤgen, der Verdichtung zu widerſtehen, und ſich zugleich nach allen Seiten auszubreiten, iſt nichts weiter, als Eigenſchaft jeder Fluͤßigkeit, deren Theile als vollkommen hart und in Beruͤhrung mit einander angenommen werden, alſo einer nicht-elaſtiſchen Fluͤßigkeit. Es iſt nichts, als Folge der Undurchdringlichkeit, Haͤrte und Verſchiebbarkeit der Theile an einander (mobilitatis partium reſpectivae), und man braucht, um es zu erklaͤren, nicht erſt eine beſondere neue Kraft im fluͤßigen Koͤrper anzunehmen. Wenn aber Hr. Hube eine ſolche Kraft annimmt, und Federkraft nennt, ſo aͤndert er blos den phyſikaliſchen Sprachgebrauch; ſeine Federkraft iſt nicht anders, als die angefuͤhrte, aus der Erfahrung bekannte, und aus Haͤrte und reſpectiver Beweglichkeit der Theile erklaͤrbare Eigenſchaft fluͤßiger Materien, vermoͤge welcher ſie den Druck anders, als feſte Koͤrper, und nach allen Seiten mit gleicher Staͤrke, fortpflanzen. Sein Beweis iſt im Grunde eben der, welcher im Woͤrterbuche, Th. I. S. 607 u. f. vorgetragen wird; er hat dabey nur den Namen, nicht die Sache, veraͤndert.
Das, worauf dieſer Beweis beruht, gehoͤrt zu den Eigenſchaften der Fluͤßigkeit; Hr. Hube nennt es nur Federkraft. ”Durch die Federkraft des Waſſers,“ ſagt er, ”wird der Druck deſſelben auf die Gefaͤße ungemein ver”mehrt. Dieſe Vermehrung ruͤhrt von einer beſondern, dem ”Waſſer eignen, und von der Schwere verſchiedenen Kraft ”her. Aus dieſer Urſache wuͤrde das Waſſer, wenn es ſich ”in einem Gefaͤße in einen feſten Koͤrper verwandeln koͤnnte, ”ohne den Raum zu aͤndern, den es einnimmt, das Gefaͤß ”viel weniger druͤcken, als vorher. Denn es wuͤrde blos ”den Boden, die Waͤnde aber gar nicht mehr druͤcken, weil ”es alsdann durch ſeine eigne Schwere gar nicht verdichtet ”werden koͤnnte.“ In dieſer Stelle liegt das Mißverſtaͤndniß offenbar am Tage. Was nemlich durch die angenommene Verwandlung dem Waſſer genommen wuͤrde, waͤre doch nichts mehr, und nichts weniger, als ſeine Fluͤßigkeit, die Verſchiebbarkeit ſeiner Theile, oder, wenn ich ſo ſagen darf, die Zerfließbarkeit, welche durch die Feſtigkeit der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 769. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/781>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.